Es ist schon ein wenig her, da habe ich mit einem Menschen eine Diskussion geführt und mich durch seine aufgeregte und anschuldigende Art nicht aus der Ruhe bringen lassen. Das Resultat war, dass er mir schließlich in einer eMail gekleidet in mehrere andere Beleidigungen an den Kopf warf, wie klein, dämlich und Mitleid erregend ich doch sei. Aber noch niemand hat mir gesagt, dass ich mein Geld mit unmoralischer Arbeit verdiene.
Gehe ich nach der Definition, die ein Mitarbeiter der jetzt.de-Redaktion abgeliefert hat, dann ist das jetzt aber so. Das hängt damit zusammen, dass ich mein Geld mit dem Elend anderer Leute verdiene. Wem es jetzt zu mühsam ist, auf meiner persönlichen Seite nachzuschauen, womit ich mein Geld so verdiene: ich bin im Rettungsdienst tätig. Wenn es anderen Menschen schlecht geht, dann habe ich Arbeit und kriege auch noch Geld dafür. Dass sowas moralisch nicht in Ordnung ist, kritisiert Stefan Winter in einem Beitrag einer Internet-Seite der „Süddeutschen Zeitung“. Er erwähnt dabei den Rettungsdienst nicht explizit, denn eigentlich geht es ihm um etwas völlig anderes: das BILDBlog. Der Stoß geht aber in die gleiche Richtung, BILDBlog, so resümiert er, lebe von den Geschichten der BILD-Zeitung, die es kritisiert. Daraus leitet er sowas wie eine „Verantwortung aus der zweiten Reihe“ ab. Gerade so, als würde die BILD-Zeitung aufhören, solche Geschichten zu schreiben, wenn das BILDBlog eingestellt oder zumindest nicht mehr kommerziell geführt würde.
Der Schreibstil des Artikels gleitet dann auch an ein paar Punkten ins Polemische ab, etwa wenn Winter das T-Shirt mit der „BILDBlog.de“-Werbung, das sie bei einem Auftritt bei Harald Schmidt getragen hat, als „Hemdchen“ bezeichnet, BILDBlog-Gründer Stefan Niggemeier „Internet-Gott“ nennt oder er feststellt, dass die Berichterstattung in anderen Blogs über das BILDBlog sehr wohlwollend sei, obwohl selbiges (Zitat) „nicht ehrenamtlich oder für den guten Zweck, sondern aus einem kommerziellen Interesse“ arbeite. Aus diesem „unreflektierten“ Zuspruch leitet Winter dann auch den Grund ab, das BILDBlog (und Stefan Niggemeier) negativ zu sehen: „Allein schon, weil mir Dinge suspekt sind, die alle unreflektiert gut finden.“
Ein solcher Beitrag konnte natürlich nicht ohne Echo in die Weiten des Internets hinausgeschickt werden. Thilo Baum bezeichnet den Artikel in seinem Blog unverhohlen als „Dumm“ und bringt es schon mit der Überschrift „Tu Gutes und verhungere“ auf die Spitze. Er stellt außerdem fest, dass es paradox sei, wenn das BILDBlog als „kommerzielle Plattform“ angegriffen wird – ausgerechnet von einem Artikel einer anderen kommerziellen Plattform.
Peter Hogenkamp kritisiert in seinem Artikel „Hirnloses Blogbashing…“ die einfache Einteilung „Kommerziell ist Scheiße“, da dort ja nicht einmal unterschieden wird, ob jemand mit seinem Blog gerade genug Geld verdiene, um den Hoster zu finanzieren oder ob jemand sich dadurch den teuren Porsche leisten.
Tinzi, dessen Blog in Stefan Winters Artikel ausdrücklich als das einzige erwähnt wird, das tatsächlich Kritik am BILDBlog übt, wendet sich in einer Antwort an den Autor direkt und erklärt ihm, wie der so gescholtene Stefan Niggemeier seine Arbeit macht: korrekt!
Wo wir schon davon reden, natürlich kommt auch Stefan Niggemeier nicht umhin, ein paar Zeilen loszuwerden. „Nervt’s?„, fragt er in die Runde. Kopfschmerzen bereitet ihm die Bezeichnung „Internet-Gott“, weil er „Blog-Papst“ schon absurd fand.
Das „B-Seite“-Blog nimmt Niggemeiers Faden auf und schreibt ein kurzes Danke zum ewigen Konflikt zwischen „guter Zweck“- und „(auch) für Geld“-Bloggen.
Und ich? Nun, hier findet sich keine Werbespalte am Rand. Und warum? Weil das Skript nicht funktioniert, das ist der einzige Grund. So, jetzt ist es raus, nicht nur, dass ich beruflich Geld dafür kriege, dass es Menschen schlecht geht, ich würde für das Schreiben hier auch noch Geld nehmen! Sowas! Und dennoch kann ich mich morgens noch rasieren, ohne mich im Spiegel selbst anzuspucken. Denn das ist die Krux: ohne Geld geht es nun mal in unserem Leben nicht. Und ganz ehrlich: Die Meisten von uns versuchen doch, sich einen Beruf (oder eine Arbeit) herauszusuchen, der ihnen irgendwie liegt, in dem sie Erfüllung finden. Wenn man davon leben kann, dann umso besser. Aber es wird wohl kaum jemand geben, der ein aufwändiges Medizinstudium über sich ergehen lässt, wenn er hinterher mit seiner Tätigkeit als Arzt „aus moralischen Gründen“ kein Geld verdienen darf.
Und beim BILDBlog liegt die Sache nochmal anders, denn dieses wurde ja ursprünglich nicht mit der Absicht gestartet, daraus „was Kommerzielles“ zu machen. Es war am Anfang „für den guten Zweck“ und hat sich nun eben weiter entwickelt. Und ich möchte wetten, dass es viele gibt, die sich sowas – oder etwas ähnliches – auch wünschen.
Und selbst von denen schimpfen dann ein paar auf das blöde „kommerzielle BILDBlog“. Sogar Journalisten. Vielleicht sollte ich auch schimpfen. Bei denen funktioniert die Werbung am Rand nämlich. Bei mir nicht. Gemein!
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