Ach, Politiker – sind sie nicht niedlich, wenn sie beleidigt sind? So zeigt sich Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff. Er erblödet sich, öffentlich zu fordern, Herbert Grönemeyer – ja, „der“ Grönemeyer! Der Sänger! – solle als Mandatsträger für die CDU in den Bundestag einziehen. Der Grund? Wulff ist beleidigt, weil Grönemeyer am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm in einem Interview (siehe hier) die Glaubwürdigkeit der Politik in Frage gestellt hat.
Ja, und jetzt ist Wulff beleidigt und sagt, wer demokratisch gewählte Politiker pauschal beschimpfe, der spiele Diktatoren in die Hände. Und dann fordert er, Grönemeyer solle doch selbst Politiker werden (die ganze Geschichte hier). Was hat Wulff an Grönemeyers Satz, den er in dem Interview gesagt hat, er (Grönemeyer) sehe keinen Sinn darin, sich mit Politikern gemein zu machen, nicht verstanden? Mal ganz davon abgesehen, dass diese Forderung sowieso völlig daneben ist, Grönemeyer hat ihr bereits eine Absage erteilt.
Politikverachtung sei eine Gefahr für Deutschland, sagt Wulff. Aha. Glaubt er allen Ernstes, dass man Politiker weniger verachtet, wenn er einen beleidigten Vorschlag macht (das kindische „Mach Du’s doch besser!“-Muster) und sich gegenüber der Kritik, die Grönemeyer angebracht hat und die durchaus berechtigt war, taub stellt? Ja, in Deutschland gehen immer weniger Leute zur Wahl. Da sollte man sich Gedanken darüber machen und möglicherweise auch mal selbstkritisch sein.
Und außerdem: Glaubt Wulff allen Ernstes, dass Grönemeyer ernsthaft in Erwägung zieht, in die Politik zu gehen? Für die CDU? Was sollte die ganze Aktion? Vermutlich eines: heiße Luft produzieren. Hauptsache, es wurde etwas gesagt. Und ironischerweise ist es genau das, was Grönemeyer an den Politikern eigentlich kritisiert. Gegen Politikverachtung hilft es wenig.