So schnell kann es gehen. Da wollte ich noch die dritte Folge abwarten, um quasi zur „Halbzeit“ eine differenziertere Rezension der deutschen Variante der englischen Serie „THE IT CROWD“ mit dem Titel „Das iTeam – Die Jungs an der Maus“ zu geben, doch zu spät: Aus die Maus, könnte man sagen, die Serie wurde mangels Quote abgesetzt. Abgesetzt zu werden, das ist schon bitter, aber noch bitterer ist es, wenn man durch Wiederholungen von „Hausmeister Krause“ ersetzt wird (Meldung dazu hier).
Gut, dann also meine Rezension anhand der ersten zwei Folgen „Brötchen vom Vortag“ und „Stressige Zeiten“ (Originaltitel: „Yesterday’s Jam“ und „Calamity Jen“). Bevor ich mich allerdings den deutschen Folgen widme, noch eine Bemerkung: Ich gehöre zu den Menschen, die „THE IT CROWD“ schon vorher im Original kannten – und ich habe selten so gelacht. Es ist britisch, zweifellos, aber genial geschrieben und mit Sachverstand umgesetzt. Auch weil einige Gags in meinen Augen sehr schwer umzusetzen waren, war ich neugierig auf die „German Version“.
Leider war schon mein erster Eindruck nicht der Beste. Zwar hat man die Episoden eingedeutscht, doch offenbar hat keiner der Darsteller die Originalfassung gesehen. Und der einzige, der in meinen Augen das ganze trotzdem hingekriegt hat, war Sky Du Mont. Er spielt Oswald Bornholm (im Original Denholm Reynholm), einen leicht durchgedrehten Firmenchef, der dazu imstande ist, eben mal eine ganze Abteilung zu entlassen, weil sie nicht als Team arbeitet. Die Figur ist im Original anders angelegt als Du Mont sie letztlich spielt, aber immerhin hat man bei ihm nicht permanent den Eindruck, man beobachte einen Schauspieler, der so tut, als sei er eine Figur. Das Problem hatte ich nämlich bei den beiden Leuten von der IT-Abteilung Gabriel (Original: Maurice Moss) und Tom (Original: Roy). In der englischen Fassung nimmt man den Darstellern Richard Ayoade und Chris O’Dowd ihr Spiel ab, man könnte glauben, da sitzen wirklich zwei „Nerds“ in ihrem Büro. Bei ihren deutschen Kollegen Stefan Puntigamer und Sebastian Münster war die Darstellung so übertrieben gekünstelt, dass es störte. Wie ich sagte, ich war nicht überzeugt und hatte die ganze Zeit den Eindruck, ich sah zwei Schauspielern zu, die so tun, als wären sie „Nerds“. Britta Horn als Sandy (Original: Jen Barber) war irgendwo zwischen den beiden und Sky Du Mont von ihrer Leistung her. In der zweiten Folge war eine ganz leichte aber nicht ausreichende Besserung zu erkennen und Du Mont endgültig in seiner Interpretation der Rolle angekommen. Das rettete die Serie aber trotzdem nicht.
Was dann noch hinzu kam, war die teilweise katastrophale Übertragung der Original-Drehbücher. Entsprechende Schelte erhielt die Serie dann auch im SAT1-Forum. Schon der Titel der Folge 1, „Brötchen vom Vortag“, ein Versuch, die vermeintliche Übersetzung des englischen „Yesterday’s Jam“ mit „Marmelade von Gestern“ in eine Form zu bringen, die für Deutsche nicht fremdartig klingt, brachte den Autoren große Häme ein: mit „jam“ sei mitnichten „Marmelade“ gemeint, sondern der „Papierstau“ (was auch insofern logischer klingt, als Roy den Begriff „yesterday’s jam“ im Zusammenhang mit der Reparatur eines Druckers verwendet). Schon der erste Gag geht dann gepflegt in die Hose, der darauf aufbaut, dass man zuerst ein an der Wand hängendes Bild des Chefs sieht, der vor sich hinstarrt, die Kamera zurückfährt, bis man den Chef selbst sieht, der genauso dasitzt wie auf dem Bild und vor sich hinstarrt (bzw. auf sein Gegenüber). Beim „iTeam“ wurde hier schlicht der falsche Kamerawinkel verwendet.
Dass man in der Firma laut ihrem Chef im Original „nicht viel arbeitet hauptsächlich Affairen“ hat, wurde aus der deutschen Version genauso gestrichen wie die Lieferung der zwei Harry-Potter-Bücher. Moss erhält diese, es handelt sich um die „normale“ Version des neuesten „Harry Potter“ und die „Kinderversion“ und er will beide miteinander vergleichen und die Stellen anstreichen, die geändert wurden. Sein deutsches Pendant Gabriel vergleicht stattdessen das aktuelle Telefonbuch mit dem Telefonbuch vom Vorjahr. Ein Computerfreak liest… ein Telefonbuch? Im Internet-Zeitalter? Da kann man nur einen Ausruf von Roy am Telefon wiedergeben: „I’m sorry – ARE YOU FROM THE PAST?“ Und bevor jemand in den Kommentaren motzt: „Mach’s doch besser!“, hier mein Vorschlag: Gabriel bekommt die neueste Version von „Herr der Ringe“ mit der neuen deutschen Übersetzung, die er mit der alten, klassischen vergleicht. Auch weitere, etliche gute Witze, die man gut hätte ins Deutsche übernehmen können, wurden einfach und scheinbar grundlos ausgelassen.
Das war auch der Grund, warum ich umso mehr auf Folge 2 gespannt war, denn dort gab es zwei für das Funktionieren der Episode wichtige Gags: „Made in Britain“ und „neue Notrufnummer“. Zuerst zur neuen Notrufnummer. Die Episode beginnt mit einem Fernsehspot, in dem eine alte Dame die Treppe herunterfällt, sich verletzt und den Notruf wählt. Eine Stimme verkündet, dass die alte Notrufnummer (in England 999) nicht mehr aktuell sei, man habe alles verbessert, bessere Rettungsfahrzeuge, schönere Fahrer und eine neue, ganz einfache Nummer: 0118 999 881 999 119 725…3. Der Hintergrund dieses Witzes ist ein Problem, das es in England gibt: Viele Leute verwechseln die englische Notrufnummer 999 mit der amerikanischen (911), da auch im englischen Fernsehen viele amerikanische Serien laufen. Es gab sogar die Überlegung, „911“ als zusätzliche Nummer einzuführen. Gleichzeitig verlangt aber die Europäische Union die Einrichtung der so genannten „Europäischen Notrufnummer 112“. Dass also in England womöglich bald drei Nummern – 999, 911 und 112 – zum Notruf führen, wird damit parodiert. In Deutschland existiert das Problem natürlich nicht, denn zum einen klingen trotz vieler amerikanischer Serien 112 und 911 nicht so ähnlich wie 999 und 911 und 112 gibt es bei uns bereits als Notrufnummer. Gelöst wurde das Problem… gar nicht. „Vergessen Sie 112“, heißt es in der deutschen Version sogar, der Gag mit den „schöneren Fahrern“ wurde gleich ganz weggelassen, und ansonsten auch die „neue Nummer“ präsentiert.
„Made in Britain“ kommt an zwei wesentlichen Stellen vor als Erklärung, warum etwas nicht richtig funktioniert. Als der Lötkolben im IT-Büro in Flammen aufgeht und Moss ihn löschen will, fängt der Löscher selbst zu brennen an. Als Moss nachsieht, findet er das Etikett „Made in Britain“ auf dem Löscher. Und als am Ende die Stress-Maschine, mit der Reynholm Jen testet, nicht funktioniert, ist ein solches Etikett auch da die Erklärung. Gelöst wurde das Problem… gar nicht. Es wurde einfach weggelassen, sowohl beim Feuerlöscher als auch bei der Maschine. Gut, mit „Made in Germany“ hätte das nicht funktioniert, weil es nicht witzig gewesen wäre (anders als „Made in Britain“, das offenbar wirklich kein Gütesiegel ist), aber man hätte bestimmt ein Land aus Fernost nehmen können, wo es gepasst hätte.
Auch in der zweiten Episode wurde übrigens ein „Chef-Gag“ völlig versemmelt: War es in der ersten Folge noch die falsche Perspektive, so war es hier „zuviel des Guten“. Im Original ruft Reynholm eine Versammlung ein, weil er dem Stress den Krieg erklärt hat. Man sieht zunächst nur sein Gesicht, und als er plötzlich in der Totalen zu sehen ist, erkennt man, dass er einen engen Radlerdress trägt (er lässt sich dann darüber aus, dass er den Stress bekämpft, indem er jeden Tag mit dem Rad ins Büro fährt). Im Deutschen trägt Sky Du Mont auch noch einen Radhelm, damit ist die Pointe bei der Nahaufnahme bereits im Eimer. Und auch sonst sind ohne Not wieder einige sehr gute Gags einfach fallengelassen worden. Zwei Beispiele: Als es im Büro brennt, erinnert sich Moss aus lauter Panik nicht mehr an die Notrufnummer (0118 999 881 999 119 725…3) und schreibt eine eMail. In der deutschen Version wird der Witz mit der eMail gekürzt (Moss schreibt zuerst sehr formell: „Sehr geehrte Damen und Herren, ich schreibe Ihnen hiermit, um sie zu informieren, dass ein Feuer ausgebrochen ist…“, dann löscht er es wieder und schreibt: „Sehr geehrte Damen und Herren, Feuer – Ausrufezeichen! Feuer – Ausrufezeichen!“ Und als Roy/Tom am Ende der Episode eine große Wunde im Oberschenkel hat, die ihm der Absatz von Jens/Sandys Schuh beigebracht hat und es im Büro immer noch brennt, sagt Roy, bevor er umkippt: „Ich weiß nicht, ob es an dem Blutverlust liegt oder an den Giftstoffen durch das geschmolzene Plastik, aber ich fühle mich irgendwie komisch.“ Tom kippt wortlos um.
Über die Übersetzung des Titels „Stressige Zeiten“ lässt sich eigentlich nichts sagen, da sich das Original „Calamity Jen“ auf die Westernlegende „Calamity Jane“ bezieht, die zwar hierzulande auch in einem Lucky-Luke-Abenteuer auftaucht, aber ansonsten, fürchte ich, nicht sonderlich bekannt ist.
Resümierend kann man sagen, eigentlich ist es kein Wunder, dass die Serie keine gute Quote brachte. Auch wenn man das Original nicht kennt, kann die Kopie doch nicht überzeugen. Und wenn man das Original kennt, kann die Kopie gleich zweimal nicht überzeugen.
Ach, da fällt mir noch eine alternative Variante für eine deutsche Übertragung des „Harry-Potter-Buchvergleich“-Witz: Gabriel bekommt zwei DVDs geliefert, eine mit der Gesamtedition der ersten Staffel von „THE IT CROWD“, die andere mit der ersten Staffel von „Das iTeam – Die Jungs an der Maus“. Und dann Gabriels Kommentar: „Ich werde mir beide DVDs anschauen und dann in einem Blog darüber schreiben, welche Gags sie im Deutschen verändert oder ausgelassen haben!“
Postscriptum: Graham Lineham, der das Konzept des Originals erarbeitet hat, gibt hier ein kurzes Statement zum iTeam und reflektiert hier im Zusammenhang mit der Meldung, dass es vermutlich keine US-Variante geben wird darüber, was man in der englischen Serie hätte besser machen können.
Nachtrag: Es hat sich tatsächlich jemand die Mühe gemacht, ein Vergleichsvideo zwischen „IT CROWD“ und „iTeam“ zu produzieren und bei YouTube einzustellen: siehe hier! Dabei musste ich feststellen, dass ich leider einen Fehler in den Artikel eingebaut habe, weil ich prompt englische und deutsche Variante durcheinander geworfen habe. Bei dem Gag mit den Harry-Potter-Büchern will Moss im Original nicht die Unterschiede anstreichen, sondern er will kontrollieren, ob es keinen Unterschied im Text zwischen den beiden Versionen gibt.
Der Gag ist, dass in England jedermann weiß, dass sich die Child’s Edition von Harry Potter nur im Cover von der Adult Edition unterscheidet, der Text aber selbstverständlich identisch ist. Dies nachzukontrollieren ist absurd – und macht den Gag aus.
Ah, jetzt wird es klarer… obwohl ich den Gag schon lustig genug auch ohne dieses Wissen fand, weil ich bei manchen Artikeln, die man im Internet findet, oft genug dachte: „Wer macht sowas – Auflage 1 und Auflage 2 des selben Buchs vergleichen?“
Was ich mich aber weiterhin frage: Ist der Umschlag der „Adult Edition“ von Harry Potter so brutal (gruselig oder was auch immer), dass man für die Kinder einen alternativen braucht?
Nein, darum geht es nicht. Die Kinderversion IST die normale Version und die Erwachsenenversion die zusätzliche. Harry Potter war ein Kinderbuch (oder maximal Jugendbuch – im ersten Band war der Protagonist 12 Jahre alt), war aber so unglaublich erfolgreich auch bei den Eltern, die ihren Kindern vorlesen mussten – und so wurde für die Erwachsenen die Erwachsenenedition mit den (in England) etwas schickeren und weniger bunten/comichaften Covern geschaffen – damit einem Harry Potter im Bücherregal nicht peinlich sein muss.
Ihr Heulsusen,
da kennt ihr mal etwas auf dieser Welt ein bißchen besser, als der Rest und schon seid ihr nur ein kleiner geifernder Haufen von Schlaubergern und Hysterikern.
Hätte ITeam geklappt, hätte es das deutsche Fernsehen bereichert.
Nun hat es eindeutig nicht funktioniert und wie eine Horde PitBulls kasteit ihr die Sendung und den deutschen Humor, schaut sehnsüchtig nach England und seid doch selber nur ein verkrampfter unwitziger Haufen von MöchtegernKomikern und Besserwissern ohne Eier.
Hier wurde etwas versucht, Freunde und wenn etwas versucht wird, ist das ersteinmal ehrenvoll.
@freazl:
„I’m sorry – are you from the past?“
In dem Fall willkommen im Internet-Zeitalter. Der Wind ist rauer geworden, da es durchaus möglich ist, sich einen Eindruck von Fernsehformaten schon im Voraus zu verschaffen. Insofern kennen wir nicht „mal“ etwas ein bisschen besser, das wird in Zukunft bei noch mehr Zuschauern zunehmen.
Ja, es wurde was versucht – aber dass „iTeam“ nicht funktioniert hat, lag an einer ganzen Reihe handwerklicher Fehler, zum Beispiel, dass man offenbar nicht nur einige Witze des Originals nicht verstanden hat, sondern sich auch weiter keine Mühe machte, sich da mal zu erkundigen, sondern lieber „irgendwas“ draus machte (siehe den als „Telefonbuch-Gag“ eingedeutschten „Harry-Potter-Buch-WItz“) oder die absolut hölzerne Darstellung von Gabriel. Weitere Patzer zeigt das im Beitrag verlinkte Vergleichsvideo, das eine sehr deutliche Sprache spricht.
Im Übrigen hat hier niemand – auch nicht in den Kommentaren – den deutschen Humor als solches „kasteit“. Der deutsche Humor ist etwas ganz wunderbares, leider ist das „iTeam“ kein Höhepunkt desselben.
Und was die Wortwahl („Heulsusen“, „Hysteriker“ usw.) betrifft: wenn man keine Argumente hat, wird man eben persönlich, beleidigend, grob, oder wie?
Mit Jam ist garantiert kein Papierstau gemeint, sondern Marmelade. Jeder, der noch zwei Gehirnzellen zusammenkratzen kann, sollte eigentlich alleine darauf kommen. Papierstau würde nämlich überhaupt keinen Sinn ergeben.
Nachdem Roy Moss‘ Marmeladen-Vergleich zuerst gut fand, fällt ihm ein paar Sekunden später auf, dass der Vergleich doch nicht passend ist, da Marmelade ja sehr lange haltbar ist.
Diese ganze Szene würde mit „Papierstau“ natürlich nicht funktionieren. Wie man behaupten kann, dass „Papierstau“ logischer klingen würde, ist mir ein Rätsel. LOL
Man sollte schon die UK-Version gesehen haben, bevor man so einen Artikel schreibt.
Linus schrieb:
Man sollte schon die UK-Version gesehen haben, bevor man so einen Artikel schreibt.
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Man sollte schon den Artikel gelesen haben, bevor man so einen Kommentar schreibt.
Ist es eigentlich möglich, in einem Kommentar eine eigene Meinung zu vertreten, ohne gleich ausfallend und beleidigend zu werden?
Das Kommentare persönlich werden ist ganz normale Internet“kultur“. Bei solchen, eher nicht die verblödete Masse ansprechenden Artikel ist es jedoch etwas ungewöhnlich. Vielleicht ist es eine neidbedingte Reaktion auf die sich langsam ausbreitende Erkenntnis, das Zugang zu Originalfassungen (durch ausreichende Beherrschung der Sprache) einem oft einen enormen Unterhaltungsvorteil in der traurigen deutschen TV-Landschaft verschafft und man etwas die Arschkarte gezogen hat, wenn man auf die meist grottenschlechten deutschen Fassungen angewiesen ist.
Nach meinen Erfahrungen gehen in der Synchronfassung schon 20% der Gags durch fehlende Übersetzbarkeit verloren, weitere 20% oft durch schlechte, dumme oder schlicht falsche Übersetzung und dann noch manchmal 20% durch schlechte Performance der Synchronsprecher, gar nicht zu reden von Serien wie dieser, wo es dann auch noch an der Schauspielkunst hapert. Das dabei dann nur der vielzitierte (meist) „US-Serienmüll“ herauskommt ist kein Wunder. Seit ich ausschließlich Originalfassungen konsumiere, habe ich schon einige Juwelen gefunden, die ich in der deutschen Fassung sofort (und zurecht) weggezappt hatte und natürlich auch einige, die hier nie zu sehen waren.
Mit dem Englischunterricht geht es steil bergab und spätestens seit der breiten Diskussion um die „Simpsons“ und „Futurama“ wissen viele Leute, das ihnen dadurch etwas entgeht. Nicht nur TV-Unterhaltung, auch der Zugang zu 80% des Internets bleibt ihnen mehr oder weniger verwehrt. Da kann man sich leicht benachteiligt fühlen und gibt den paar Glücklichen, die nicht darunter leiden schon mal Titel.. 🙂