„112 – Sie retten dein Leben“ – Eine genauere Kritik

Direkt im Anschluss an die erste Folge der neuen RTL-Action-Soap-Wasauchimmer-Serie „112 – Sie retten dein Leben“ habe ich mich hingesetzt und unter dem ersten Eindruck eine Kritik geschrieben. Dieser erste Eindruck war… schlecht. Sollten Sie ihn bisher noch nicht gelesen haben, nehmen Sie sich die Zeit und holen Sie es nach – Sie finden den Artikel hier: „Tatü – Tata: 112 – Wer rettet wen und warum?“ Ich warte so lange, bis Sie wieder da sind.

Gelesen? Schön. Wie ich in dem Artikel angekündigt habe, habe ich mir tatsächlich die komplette erste Woche dieser Serie angetan. Manchen Serien muss man eine gewisse Zeit geben, damit sie sich entwickeln können, oder damit man eventuell sehen kann, in welche Richtung es geht (so ist es mir persönlich zum Beispiel bei „Babylon 5“ gegangen). Da es sich bei „112…“ um ein Format mit recht kurzen Episoden handelt, ist es nicht möglich, sehr viel Handlung in einer Folge unterzubringen. Aber nun, nach fünf Folgen, kann man schon etwas klarer sehen, daher hier meine Nachbesprechung – wieder aus dem Blickwinkel eines Menschen, der – im Gegensatz zu den Schreiberlingen dieser Serie – Ahnung von der Materie hat. Ich möchte die Kritik aufteilen, zuerst eine allgemeine Einschätzung, dann werde ich mir jede der vier Folgen seit letztem Dienstag einzeln vornehmen, und dann eine abschließende Einschätzung über das Potential der Serie. Ja, sie hat ein Potential – ein Gefahrenpotential. Aber dazu kommen wir später.

Mr. Pither: Sie sind Konteradmiral Sir Dudley Compton?
Chinese: Nein. Er gestorben. Hat Herzinfarkt und fallen aus Fenster auf explodierende Bombe und getötet in Schießerei.
(aus „Monty Python’s Flying Circus“, Episode 34: „Die Fahrradtour“)

Als ich die zweite Folge der Serie sah, war ich kurz geneigt, mich positiv überraschen zu lassen. Leider wurde das alles zunichte gemacht, so dass ich zu dem Schluss kam: nach der Freitags-Folge werde ich mir keine weitere mehr antun. Ich tat es, weil ich der Serie eine Chance geben wollte. Immerhin ist es tatsächlich so, dass eine tägliche Serie, die die Arbeit von Feuerwehr und Rettungsdienst thematisiert, ein neues Konzept ist. Nicht neu ist hingegen die Umsetzung. Es ist mehr „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, nur dass die ganzen Jugendlichen durch (einigermaßen) erwachsene Menschen ersetzt wurden und halt nicht in einem hippen Café oder einer Werbeagentur arbeiten, sondern im Rettungswesen. Die persönlichen Geschichten, die erzählt werden, könnte so auch in irgendeine andere Umgebung gesetzt werden, sie sind völlig austauschbar und gehen mir mittlerweile auf die Nerven. Hier wurden Möglichkeiten einfach verschenkt. Mal ganz davon abgesehen, dass die Menschen genauso zickig reagieren, wie in jeder anderen Seifenoper. Gibt es ein Problem oder einen Konflikt, redet man nicht darüber, nein, man schweigt beleidigt. Auf diese Weise lässt sich der Konflikt über unzählige Episoden hinziehen und man muss sich nichts neues ausdenken.

Verschenkt wurden auch die Möglichkeiten, einen Hintergrund aufzubereiten, denn darüber erfährt man eigentlich nichts. Okay, man sieht, Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei unter einem Dach – das scheint eine Novität zu sein. Aber warum? Was ist das? So eine Art Pilotprojekt? Das wird nicht gesagt. Ist die Verwaltungschefin deswegen so hinter den Zahlen her, weil sie weiß, wenn die Kosten aus dem Ruder laufen, wird das Experiment auch ganz schnell wieder abgeblasen? Was ist das mit der „Paramedic“? Wird hier ein neues Berufsmodell für den Rettungsdienst ausprobiert? Fragen, deren Antworten recht spannend sein könnten. Leider wurde das alles in die Wolken geblasen für ein bisschen Action und 08/15-Seifenoper-Handlung. Und wo wir gerade von der Action reden: Das Zitat aus dem „Flying Circus“ habe ich oben gebracht, weil ich bei jeder Folge an diese Szene denken musste. Es reicht nämlich nicht ein einfacher Notfall, nein, da muss immer noch was draufgegeben werden. Und damit zu den einzelnen Folgen. Da diese keine Titel haben, habe ich einfach Folgennummer und Datum angegeben.

Folge 2, 26. August 2008

  • Der Notfall

Aufgrund eines schlecht ziehenden Holzkohleofens verraucht eine Wohnung. Als die Feuerwehr den Kamin freiräumen will, entsteht ein Kellerbrand – und das in der Nähe einer schlecht verlegten Gasleitung, die zu explodieren droht.

  • Plotlöcher

Konsequenzen aus Folge 1: In Folge 1 überschreitet der von Dominic Saleh-Zaki dargestellte Polizist Florian Carstens ein paar Grenzen, als er Anweisungswidrig handelt und die Notfallsituation damit verschärft. Er muss sich hier einiges anhören und ehrlich, ich war positiv beeindruckt: Alles, was ich über den Eigenschutz in meiner ersten Kritik gesagt hatte, kam hier zur Sprache. Das waren regelrecht lichte Momente, in denen ich hoffte, man würde mehr daraus machen. Leider blieb es dabei, aber eigentlich sollte man Einsatzleiter Ingo Benders (Gernot Schmidt) Satz den Schreibern der Serie auf die Stirn tackern: „Bringt Euch nicht in Gefahr, das bringt den Opfern auch nichts!“

Paramedic – oder so: In meiner Kritik zu Folge 1 habe ich die Liebschaft des Dienststellenleiters, deren Namen ich leider vergessen (oder verdrängt) habe, noch als „Notärztin“ bezeichnet. In dieser Folge kommt nun heraus – das ist sie gar nicht. Florian Carstens bezeichnet sie hämisch als „Paramedic“, weil „zum Medizinstudium hat’s wohl nicht gereicht“. Ich weiß nicht, wo die Schreiber das her haben, aber in der Tat gibt es im Moment eine berufspolitische Diskussion um die Zukunft der Ausbildung im Rettungsdienst. Eine der Überlegungen ist es, eine Art „Paramedic“ als Beruf im Rettungsdienst einzuführen. Insofern wäre das in der Serie dargestellt Projekt wirklich richtungsweisend – aber wie schon mehrfach gesagt, man macht einfach nichts draus. Lieber konzentriert man sich auf das Verhältnis der Paramedic zu Dienststellenleiter Martin Carstens (Joachim Raaf), Florians Vater, was ein kompliziertes – und sehr konstruiertes – Dreiecksverhältnis aufbaut. Den Beruf „Paramedic“ gibt es derzeit nicht, auch haben Rettungsdienstmitarbeiter nicht die Befugnisse, die die Paramedic in der Serie ausübt (Medikamentengabe und Defibrillation ohne Notarzt und dergleichen – es gibt da zwar die so genannte „Notkompetenz“, aber das würde hier zu weit führen).

Disponentin „erhört“ den Notfallort: Bei dem Notfall dieser Episode ist eine junge Frau in einer Wohnung, die gerade von einem schlecht ziehenden Ofen verraucht wird. Sie wählt den Notruf, kann allerdings keine Angaben mehr über ihre Adresse machen. Was tun? Die Disponentin hört auf Hintergrundgeräusche und kann so den Notfallort eingrenzen. Ui, toll… Darf ich gleich zwei Alternativen anbieten, die ein wenig realistischer gewesen wären? Nummer eins, auch wenn die Anruferin ein altes Wählscheibentelefon hat, so müsste es dennoch möglich sein, ihren Anschluss zu ermitteln – schon hat man ihre Adresse. Ta – da! Wie, zu langweilig? Okay, Alternative zwei: Die Anruferin hat im Verlauf des Gesprächs erzählt, sie wolle nicht zu den Nachbarn gehen (um die genaue Adresse zu erfragen), die hätten sie kürzlich angezeigt, weil sie Gras (Canabis) auf ihrem Balkon angebaut habe. Dann muss es doch einen Eintrag bei der Polizei geben. Den Namen der Frau hat man, man fragt den Computer der Polizei ab – schon hat man ihre Adresse. Ta – da!

  • Notfall-Kokolores

Vorgehen ohne Atemschutz: Obwohl bekannt ist, dass in der Wohnung Brandgase vorhanden sind, gehen sowohl der Einsatzleiter der Feuerwehr als auch die Besatzung vom Rettungswagen ohne Atemschutz in die Wohnung. Dass das Rettungsdienstpersonal mit in die Wohnung kommt, ist an sich schon ein Unding. Die Rettung solcher Personen ist Sache der Feuerwehr – MIT Atemschutz.

Lass Dich drücken: Was zur Hölle macht die Paramedic, als der Einsatzleiter nach der Explosion – die er erstaunlich gut überstanden hat, obwohl ihn die Feuerwalze voll erfasst, hochschleudert und er auf seiner Pressluftflasche landet – auf der Trage liegt? Er hat Kammerflimmern, offenbar soll das, was sie tut, so was wie eine Herz-Druck-Massage sein. Es sieht aber aus wie Brustkorb streicheln. Dass sie kurz darauf den Defibrillator verwendet, ist sogar korrekt. Ein Kammerflimmern kann durch einen gezielten Stromstoss bekämpft werden.

Guten Morgen, Sonnenschein: Ich habe das Gefühl, ich bewege mich im Kreis. Noch in der ersten Kritik habe ich von den Patienten erzählt, die gleich nach einer Reanimation aufwachen – und zack! Was passiert? Der Einsatzleiter wacht auf, nachdem er wiederbelebt werden musste. Er gibt sogar Anweisungen und muss sich dafür die Kommentare von Kollegen anhören. An der Stelle hab ich 500 Milligramm Acetylsalicylsäure gebraucht.

Folge 3, 27. August 2008

  • Der Notfall

Ein Mann wird von seiner Frau verlassen. Als sie aus dem Haus tritt, schießt er sie vom Balkon aus nieder. Als der Rettungsdienst und die Polizei eintreffen, schießt er auch auf sie und hindert sie so daran, der Verletzten zu helfen.

  • Plotlöcher

Dieses Büro ist zu klein für uns beide: In jeder Episode zanken sich Carstens und die Verwaltungschefin Doktor Driesen (Sandra Schlegel). So auch hier. Nur langsam wird es langweilig, weil die Diskussion stets unsachlich ist, gerade so, als ob beide keine Ahnung haben, um was es eigentlich geht.

Das Bermuda-Dreieck: Weiter wird die Dreiecksbeziehung zwischen Carstens, seiner Geliebten und seinem Sohn ausgewalzt. Alles dazu habe ich bereits weiter oben erwähnt.

  • Einsatz-Kokolores

Noch fünfzehn Minuten bis Buffalo: Theodor Fontane möge mir verzeihen, dass ich sein Zitat aus „John Maynard“ mit einer Seifenoper in Verbindung bringe, aber es passt: Als die Frau verletzt auf dem Rasen liegt, sagt die Paramedic, sie habe „noch fünfzehn Minuten“, bevor sie verblutet. Wo nimmt sie diese Zahl her, noch dazu, da sie die Verletzte wegen des rumballernden Ehemans gar nicht richtig hat untersuchen können?

Ich gehe nirgendwo hin: Der Dienststellenleiter leitet zwar den Einsatz seiner Polizisten – aber er tut das von der Wache aus. Das eigentliche Verfahren – und ich denke, dass das bei der Polizei ähnlich ist wie bei anderen Hilfsdiensten – ist, dass ein Einsatzleiter vor Ort ernannt wird. Es ist viel zu Umständlich, einer in einem Büro weit entfernt sitzenden Person über Funk die Situation zu erklären, damit diese dann Entscheidungen treffen kann. Noch dazu, da sich die Situation von Sekunde zu Sekunde ändern kann und möglicherweise eine schnelle Entscheidung gefragt ist.

Folge 4, 28. August 2008

  • Der Notfall

Durch einen Defekt gerät der Motor eines Aufzugs in Brand. In dem Aufzug sind zwei Personen eingeschlossen, von denen eine kollabiert. Beim Rettungsversuch stellt sich heraus, dass bei der Wartung des Aufzugs gepfuscht wurde und das Tragseil zu reißen beginnt.

  • Plotlöcher

Und täglich grüßt das Murmeltier: Das Dreieck Vater-Sohn-Liebschaft bekommt langsam spitze Winkel, als der Sohn der Liebschaft gegenüber den Vater als Weiberheld darstellt (nicht ahnend, wem er das erzählt). Statt das Gespräch zu suchen, zieht sich die Paramedic beleidigt zurück. Vorausschaubare Teletubbie-Dramaturgie. Obwohl, das ist nicht ganz fair. Ich entschuldige mich bei den Teletubbies (und das war jetzt auch vorausschaubar, was?).

Und er soll heißen „ZDLs Traum“ – weil er so seltsam angezettelt ist: Hat man das schon erlebt – Fontane und Shakespeare zusammen in einer Kritik über eine Seifenoper? Nun, „Ein Sommernachtstraum“ ist „112…“ wahrlich nicht, denn in dieser Folge wird mit dem nächsten Klischee aufgefahren: Ein neuer Zivildienstleistender (kurz „ZDL“) hat seinen Einstand, dem die Null-Bock-Einstellung schon auf die Stirn geschrieben steht. Was macht so jemand ausgerechnet beim Rettungsdienst? Es gibt viel bequemere Stellen, wo man den Zivildienst „runterreißen“ kann.

Das „Pilot“-Projekt: Etwas ganz besonderes haben die Schreiber offenbar mit dem Piloten des Hubschraubers vor, der feststellt, dass seine Hände unkontrolliert zu zittern beginnen. Es handelt sich hierbei vermutlich um die „Oh-Gott-wenn-das-rauskommt-kann-ich-meinen-Job-nicht-mehr-machen-was-dann-ich-verheimliche-es-lieber-auch-wenn-ich-dabei-mein-Leben-und-das-von-anderen-riskiere“-Handlung, die ihren Lauf nimmt.

  • Einsatz-Kokolores

Alte Seilschaften: Um zu der zwischen zwei Stockwerken hängenden Aufzugskabine zu kommen, klettern sowohl Polizist Carstens (der Sohn) als auch die Paramedic (des Vaters Liebschaft) am Aufzugsseil hinab. Der Eigenschutz hatte wohl gerade seinen Jahresurlaub eingereicht. Oder um es mit den Worten der Paramedic (allerdings aus der nächsten Folge) zu sagen: „Das geht ja mal sowas von gar nicht!“

Ohr-Troubles – Problem mit den Ohr’n: In der Aufzugkabine angekommen wird der bewusstlose Patient untersucht. Mit Hilfe eines Stethoskops stellt die Paramedic die Diagonse „Kammerflimmern“. Das kann man nur mit einem EKG, hören tut man bei einem Kammerflimmern – gar nichts. Das Herz steht nämlich praktisch still. Das bringt uns zum nächsten Punkt.

Dieser Notfall wird Ihnen präsentiert von SALZ(TM). Denn: SALZ(TM) ist überall. Gewöhnen Sie sich dran! Nachdem die Paramedic also die Diagnose „Kammerflimmern“ gestellt hat, brüllt sie den Schacht hoch nach ihrer Notfalltasche (die in der Serie übrigens konsequent falsch als „Koffer“ bezeichnet wird). Warum die Notfalltasche? „Ich brauche die Salzlösung!“ Salzlösung, okay, den Begriff als solches kann man noch durchgehen lassen, aber bei einem Kammerflimmern wäre der Defibrillator das Mittel der Wahl. Die Infusion bringt gar nichts. Sie macht aber nichts dergleichen, auch keine Wiederbelebung. Hätte er wirklich ein Kammerflimmern gehabt, wäre der Mann gestorben. Aber wir sind ja nur beim Fernsehen. Ist ja alles gar nicht echt. Der tut ja nur so.

Entschuldigung. Ich mache gleich weiter. Ich muss nur meine Fassung wiederfinden.

Danke, geht schon wieder. Also, weiter im Text. Ist ja nur noch eine Folge.

Folge 5, 29. August 2008

  • Der Notfall

Ein Verkehrsunfall. Ein Motorradfahrer stürzt, ein Kleintransporter weicht ihm aus und überschlägt sich. Der Kleintransporter landet genau auf der Fracht des Motorrads, ein Spenderorgan, das dringend benötigt wird.

  • Plotlöcher

Väter der Klamotte: Natürlich muss das Dreieck noch ein wenig komplizierter werden. Der Sohn entlarvt die „Maschen“ des Vaters und dessen Vorliebe bei Frauen. Die Paramedic wird noch zickiger (falls das überhaupt geht). Habe ich die Teletubbies schon erwähnt?

Der Fluch des Navigators: Die Ausfälle des Piloten werden immer heftiger, Händezittern, verschwommenes Sehen, starke Kopfschmerzen. Laut den Regeln der Seifenopern-Medizin spricht das alles dafür, dass der Pilot ein Hirntumor hat. Das würde zu der „Oh-Gott-wenn-das-rauskommt-kann-ich-meinen-Job-nicht-mehr-machen-was-dann-ich-verheimliche-es-lieber-auch-wenn-ich-dabei-mein-Leben-und-das-von-anderen-riskiere“-Handlung noch die „Oh-Gott-ich-habe-eine-gefährliche-Krankheit-sag-es-aber-niemandem“-Handlung dazubringen. Das Resultat wäre eine „Oh-Gott-ich-habe-eine-gefährliche-Krankheit-die-meine-Leistungskraft-beeinflusst-wenn-das-rauskommt-kann-ich-meinen-Job-nicht-mehr-machen-was-dann-ich-verheimliche-es-lieber-auch-wenn-ich-dabei-mein-Leben-und-das-von-anderen-riskiere“-Handlung.

Rettung aus der Not: Ein gewisser Doktor Tom Wagner (Max Alberti) stellt sich vor, der demnächst als „Rettungsarzt“ anfangen soll. Anderswo nennt man solche Leute „Notarzt“ – und wieder wird mir das System nicht klar, denn bisher hat man keinen Notarzt im Einsatz gesehen, nur die Paramedic. Wozu braucht man den Neuen, außer zum Aufpeppen der Handlung?

„Ent-scheidung“ ist auch ’ne Scheidung: Dienststellenleiter Carstens und Frau Doktor Driesen geraten mal wieder aneinander. Sie will den Hubschrauber aus Kostengründen nicht starten lassen. Auch wenn die Bürokraten mittlerweile im medizinischen Sektor sehr viel Macht haben, so weit ist es noch nicht. Wird ein Hubschrauber gebraucht, startet ein Hubschrauber – über die Kosten kann man nachher streiten.

Flieger, grüß mir die Sonne: Das Konzept mit dem Hubschrauber ist mir auch nicht ganz klar. Da ist also an dieser Rettungszentrale ein Hubschrauber stationiert. Mit einem Piloten. Punkt. Der rückt ab und zu mal aus und wird auch für Rettungstransporte benutzt. Aber mit welcher Besatzung? Der vor Ort? Heißt das, die lassen ihr Auto stehen und fliegen mal schnell wohin? Bin ich der einzige, dem das in irgendeiner Art und Weise merkwürdig vorkommt.

  • Einsatz-Kokolores

Blaulicht an, Hirn aus: Ja, es gibt Leute bei den Hilfsorganisationen, die eine riskante Fahrweise haben. Aber so, wie das in der Serie gezeigt wird, ist das trotzdem arg überzogen.

Ich drück‘ dich: Der Hubschrauber drückt mit seinen Kufen den Transporter zur Seite, so dass das darunter eingeklemmte Transportbehältnis mit dem Spenderorgan herausgeholt werden kann („Medicopter 117“ lässt grüßen). Das ist natürlich hanebüchen und viel zu gefährlich. Außerdem hätte die Feuerwehr geeignete Mittel, so ein Auto sicher anzuheben.

Sonntags-Rede: Schließlich steht die Besatzung des Rettungswagens vor demselben und unterhält sich. Drin im Fahrzeug liegt der Patient. Wer kümmert sich um ihn?

Finaler Rettungs-Schluss: Schließlich kam die Stelle, die mich endgültig davon überzeugte, dass ich mit den Kritiken an dieser Serie nicht mehr weitermachen sollte, da ich sonst Gefahr laufe, dass mein Gehirn implodiert. Nachdem der Pilot wieder zurück ist auf der Station wird er von einer anderen Paramedic angesprochen, weil er so müde aussieht. Um ihn aufzumuntern, sagt sie folgenden Satz:

„Was Du heute geleistet hast, das hätte nicht jeder von uns geschafft!“

Was ist das für ein Binsenwahrheits-Müll? Natürlich hätte das nicht jeder von den anderen geschafft. Ich wage sogar zu behaupten, dass keiner von den anderen das geschafft hätte, weil er eben Pilot ist und als einziger einen Hubschrauber fliegen kann! Und damit kommen wir zum Ende meiner persönlichen Reihe über diese Serie und der angekündigten Einschätzung.

Ist doch einfach nur noch so ’ne Serie – ist das wirklich so schlimm?

Die Zuschauer der Science-Fiction-Serie „Babylon 5“ waren sich bewusst, dass das, was sie sehen, nicht real ist. Die Menschen haben keine Raumstation diesen Ausmaßes im All und auch keinen Kontakt zu den außerirdischen Spezies, die dort mitspielten.

Bei Serien, die irgendwie auf „real“ machen, wie eben auch Seifenopern, ist das was anderes. Es gibt genügend (und meiner Ansicht nach zu viele) Leute, die glauben Beziehungen funktionieren genau so, wie sie den Seifenopern eben nicht funktionieren. Und Serien, die wie „112…“ den Realismus fast zur Gänze vermissen lassen, verbreiten leider über das Genre, in dem sie spielen, ein gefährliches Halbwissen. Es ist zwar positiv, dass mit dem Titel die neue alte Notrufnummer 112 publik gemacht wird, der Rest jedoch wirft den Rettern in manchen Situationen mehr Steine in den Weg, als man denken mag. Beispiele gefällig? Ich habe genügend. Das Folgende habe ich entweder selbst erlebt oder aus erster Hand von Kollegen erzählt bekommen:

  • Wir (Besatzung eines Rettungswagens) wurden zu einem Notfall in eine Wohnung gerufen, ein Mann sei kollabiert. Beim Eintreffen stellen wir fest, dass der Mann, etwa 75 Jahre alt, einen Herzstillstand hat. Als mein Kollege ihm das Hemd aufreißt und mit einer Herz-Druck-Massage beginnt, fällt ihm die Ehefrau in die Arme mit den Worten: „Hören Sie auf! Sie bringen ihn ja um!“ Wertvolle Zeit geht verloren, während wir die Frau davon überzeugen müssen, dass eine „richtige“ Herz-Druck-Massage nichts mit dem Brustkraulen zu tun hat, das sie aus dem Fernsehen kennt.
  • Beim Brand eines Mehrfamilienshauses sind wir (Besatzung eines Rettungswagens) als erste vor Ort (in Ortschaften mit freiwilliger Feuerwehr kommt das vor, da wir schon am Standort sind und nur noch ausrücken müssen, während die Feuerwehrler erstmal zur Wache kommen müssen). Aus mehreren Fenster schlagen die Flammen. Personen sind keine mehr im Gebäude, aber in der Wohnung oberhalb des Brandes seien noch zwei Hunde. Eine Bewohnerin verlangt (!) von mir, ich solle in das Gebäude gehen und die Hunde rausholen. Als ich versuche, ihr zu erklären, dass das viel zu gefährlich ist, erwidert sie schnippisch: „Im Fernsehen tut Ihr immer so, als wärt Ihr die Helden. Aber wenn’s mal drauf ankommt, dann ist halt nichts.“
  • Bei einer geringfügig außer Kontrolle geratenen Feier von ungefähr acht Jugendlichen zwischen vierzehn und siebzehn erleidet ein Fünfzehnjähriger vermutlich aufgrund seines Alkoholkonsums einen cerebralen Krampfanfall (umgangssprachlich auch „epileptischer Anfall“ genannt). Nachdem der Rettungsdienst vor Ort ist, erklärt einer der Jugendlichen, nachdem sein Freund nicht mehr reagiert und nur noch gezuckt habe, habe er bei diesem eine Herz-Druck-Massage durchgeführt. Als der Notarzt nachfragt, erklärt er seine Methode: Wie im Fernsehen gesehen, habe er sich auf den Bauch des am Boden liegenden Bewusstlosen gesetzt und mit beiden Händen beide Seiten des Brustkorbs eingedrückt. Mal ganz davon abgesehen, dass die Reanimations-Methode falsch ist, ist eine Bewusstlosigkeit an sich kein Grund, jemanden wiederzubeleben. Der Fünfzehnjährige hat die „Behandlung“ zum Glück unbeschadet überstanden.
  • Bei einer Reanimation, bei der schnell feststand, dass dem Patient nicht mehr zu helfen war, wurde von Angehörigen nach Abbrechen der Maßnahmen gefragt, ob man denn nicht „mit dem Elektrodings“ (gemeint war der Defibrillator) noch was machen könnte. Den hätten wir ja gar nicht verwendet, und im Fernsehen hilft der immer.
  • Zuletzt: Bei mehreren Notfällen ist es mir und auch Kollegen schon passiert, dass wir Anweisungen von Schaulustigen bekommen haben, was zu tun sei, oder warum wir dies und jenes nicht tun würden. Bei einem speziellen Fall wurde ich gefragt, warum ich der Patientin nicht „was wegen dem Blutdruck spritze“ (die Patientin war eine Leichtverletzte eines Verkehrsunfall, aber wegen des Schrecks etwas blass). Als ich darauf entgegne, dass das nicht nötig sei und ich sowieso keine Medikamente spritzen dürfe, bekomme ich zu hören: „Ja, ja, wenn Ihr nur an Euren blöden Vorschriften kleben könnt. Und ob’s den Patienten gut geht, ist Euch egal.“ Dass das Nichtbefolgen der „blöden Vorschriften“ für mich im Zweifelsfall die Konsequenz haben könnte, entlassen zu werden und nicht mehr im Rettungsdienst arbeiten zu dürfen, ist offenbar egal.

Es gab einmal eine Untersuchung über Reanimationen im Fernsehen. Dabei kam man zu dem Ergebnis, dass Reanimationen im Fernsehen eine Erfolgsquote von etwa 95 % haben. Und der Zuschauer erwartet das gleiche in der Realität. Aber die Realität hält dem nicht stand. Das Fernsehen vermittelt den Eindruck, egal welcher Ausgangspunkt eine Reanimation hat, in den meisten Fällen geht es gut. Dass es rein aus dramaturgischen Gründen geschieht, wird übersehen. Man fällt auf die vorgegaukelte Realität herein. Und „112…“ bietet da leider nichts neues. Keine Innovation. Nur das, was man eh schon kennt, vorhersehbare Handlungsstränge, geschrieben von Ahnungslosen, produziert von Willenlosen, aber gesehen von den Massen. In meinem ersten Beitrag zu Serie schreibt ein Kommentator, er habe gelesen, dass 89 Folgen bereits produziert seien, er rechne aber damit, dass die Serie bald abgesetzt wird. Ich fürchte, dass das nicht der Fall sein wird. Zwar ist die Serie mit weniger als 13 Prozent Marktanteil gestartet, aber die Quoten haben sich im Verlauf der ersten Folgen auf 15,6 Prozent der Zielgruppe gesteigert. Und wenn das mit den 89 Folgen stimmt, dann ist für fast 18 Wochen Material vorhanden. 18 Wochen, in denen dem Publikum demonstriert wird, wie die Arbeit von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei nicht läuft.

Ein Gegenpunkt: Die Realität

Aber ich höre schon die Stimmen: Die Realität ist doch so langweilig. In guten Geschichten muss ein Konflikt herrschen, damit sie interessant werden. Richtig – aber wer sagt denn, dass die Realität langweilig sein muss? Ich meine, das ist die Notfallrettung. Menschen in Extremsituationen. Die kann man auch interessant rüberbringen, ohne solche Münchhauseniaden zu produzieren. Stoff gibt es wahrlich genug:

  • Beziehungen zerbrechen häufig an den ungewöhnlichen Arbeitszeiten und dem teilweise bis auf 48 Wochenstunden erhöhten Pensum – bei gleichzeitiger minderer Bezahlung.
  • Ein anderer Grund für das Zerbrechen von Beziehungen ist, dass Menschen mit „normalen“ Berufen die Motivation für den Rettungsberuf oft nicht nachvollziehen können.
  • Für Konflikte sorgen posttraumatische Belastungsstörungen nach schwerwiegenden Einsätzen, oder einer Belastungsstörung, die sich über Jahre hinweg schleichend entwickelt.
  • Ein anderes Konfliktszenario: Derzeit wird darüber gestritten, wie die Ausbildung im Rettungsdienst in Zukunft aussehen soll. Als Idealvorbild steht dabei der Paramedic aus den USA, der erweiterte Befugnisse (zum Beispiel Medikamentengabe) hat. Dagegen laufen Ärzteverbände – teilweise sehr rüde – Sturm, die ihre Felle davonschwimmen sehen (oder denen ein Zacken aus der Krone bricht); auf der anderen Seite sind da die Kostenträger, die sich weigern, die Kosten für eine verbesserte Ausbildung, die dann nötig wird, zu zahlen. Mittendrin ist der Rettungsassistent, auf den die Situation zurückfällt, und zwar jedes Mal, wenn er zu einem Einsatz kommt, bei dem er denkt: Ich könnte, ich sollte – aber ich darf halt nicht.
  • Und wo wir gerade von „Kostenträgern“ sprechen: Mehrfach habe ich die Rolle von Frau Doktor Driesen kritisiert, die sich ständig mit Carstens streitet. Ja, da gibt es einen Konflikt zwischen den „Leuten vom Fach“ und den „Leuten aus der Bürokratie“, aber das läuft auf einem ganz anderen Level ab, und nicht mit diesem „Mein-Schäufelchen-Dein-Förmchen-und-Du-bist-selber-doof“-Geplänkel, das einem hier geboten wird.

Was die Einsätze betrifft, auch diese sind nicht langweilig. Jeder ist irgendwie anders, und genügend davon ließen sich zu einer spannenden Episode umschreiben. Dann kann man auch auf die überkonstruierten Mehrfachsituationen verzichten (Fahrstuhl bleibt stecken UND Person kollabiert UND Fahrstuhl droht abzustürzen oder Patient mit Rauchgasvergiftung UND Kellerbrand UND explodierende Gasleitung). Wer in richtigen Einsätzen unterwegs war, der weiß, dass es das nicht braucht. Jeder Einsatz hat seine Eigenheit und sein Spannungspotential. Es gibt genügend Geschichten, sie sind da. Offenbar will sie nur keiner erzählen. Man müsste sich eben mit den Profis zusammensetzen. Aber so eine Fernsehfolge ist halt sehr viel schneller produziert, wenn die Beteiligten keine Ahnung haben.

Damit komme ich zum Ende. Wie angekündigt werde ich „112…“ nicht weiter verfolgen. Dass ich es nach der ersten Folge getan habe, war für diesen Bericht. Den habe ich hiermit abgeliefert. Ich wende mich wieder anderen Dingen zu. Dingen, die etwas erfreulicher sind. Die Seite Quotenmeter.de schreibt in ihrer Kritik über die Serie als Zusammenfassung: „Für alle Soap-Fans zu empfehlen, alle anderen Zuschauer werden nach kurzer Zeit wieder die Flucht ergreifen. Denn am Ende bleibt doch nur eine harmlose neue Endlosserie aus dem Dunstschatten der Daily-Soaps.“ Das kann ich fast so unterschreiben. „Fast“ deswegen, weil das Prädikat „harmlos“ so nicht stehenbleiben kann. Serien dieser Art sind, wie ich oben dargelegt habe, nicht „harmlos“. Aber wer weiß – vielleicht sieht das mal jemand ein und macht sich an ein völlig neues Projekt. Das würde ich mir sogar antun. Bis dahin bleibt mir nur ein verzweifelter Ausruf als Zitat zum Schluss:

„Satras hat sie gewarnt, Satras hat sie alle gewarnt! Aber niemand hört auf Satras! Armer Satras!“
(Satras in der Serie „BABYLON 5“ von J. M. Straczynski)

UPDATE: Die neueste Entwicklung von „112…“ gibt es hier: „‚112…‘ zum Vierten: Sie rettet nun keiner„. Deswegen wurde die Kommentarspalte dieses Beitrags auch geschlossen, kommentieren in Zukunft bitte beim neuen Beitrag.

CSI: Miami – Staffel 6 beginnt

Horatio Caine und sein Team von Spurenermittlern sind wieder zurück am Tatort in Miami. Als erste der drei CSI-Serien darf „CSI: Miami“ heute in eine neue Runde starten und die sechste Staffel in deutscher Erstausstrahlung beginnen. Der Titel der Episode ist „Blutlinie“. Bis nächste Woche werden die anderen beiden Serien nachziehen.

Die fünfte Staffel hatte für das Team einiges an Aufregung gebracht, angefangen von Caines und Delkos eigenmächtiger Reise nach Brasilien über die Schießerei, in der Delko schwer verletzt wurde, bis hin zu Ryan Wolfes Entlassung.

Wegen des Autoren-Streiks in den USA im letzten Herbst ist diese Staffel nur 21 Folgen lang und wird wohl mit ein paar überraschenden Episoden aufwarten.

Tatü – Tata: „112…“ – wer rettet wen, und warum?

Es gab ja schon Serien im Fernsehen, die einen richtig positiven Effekt hatten. Ein Musterbeispiel, was das betrifft, ist die amerikanische Serie „Emergency!“, die bei uns in Deutschland unter dem Titel „Notruf Kalifornien“ lief. Im Pilotfilm der Serie wurde der Kampf um die Ausbildung des Rettungsdienstpersonals thematisiert, es wurde beispielhaft erklärt, wie es zum Beruf des „Paramedics“ kam, und in den weiteren Folgen wurden Feuerwehr und Rettungsdienst bei der Arbeit gezeigt. Die Serie hat in Amerika viel dazu beigetragen, dass die Bevölkerung über die Strukturen der Rettungsdienste und deren Arbeit aufgeklärt wurden. Alle Fälle, die in der Serie gezeigt wurden, hatten reale Vorbilder, sie waren dem Wachenbuch einer „richtigen“ Feuerwache entnommen und unter Beratung von Experten fürs Fernsehen realisiert worden. Es hatte dazu geführt, dass die amerikanische Bevölkerung wusste, wer denn kommt, wenn man den Notruf wählt. Als die Serie eine Auszeichnung erhielt, wurde ein Zuseher, der kurz darauf einen Herzinfarkt erlitt, mit den Worten zitiert: „Ich wusste, wenn ich die 911 [den amerikanischen Notruf] wähle, dann kommen die Paramedics und helfen mir.“

In Deutschland haben wir dafür kein so glückliches Händchen, wie es scheint. Und das ist teilweise verheerend, denn tatsächlich ziehen etliche Bevölkerungsteile ihr Weltbild aus fiktiven Serien. Nehmen wir zum Beispiel Für alle Fälle Stefanie, eine Krankenhausserie um eine Pflegerin, bei der mehrfach die Darstellerin ausgetauscht, die jeweilige Figur aber immer (des Serientitels wegen) „Stefanie“ hieß. Diese Krankenschwester arbeitet mal auf Station, mal im OP, mal auf Intensiv – und das meistens innerhalb einer Folge. Und es wurde gern das Klischee bedient, dass Krankenschwestern immer mit Ärzten anbandeln. In der Tat gehen Angehörige der Gruppe der medizinischen Berufe viel häufiger Beziehungen mit Angehörigen dieser Gruppe ein, als das bei anderen Berufssparten der Fall ist, aber das weniger romantische, als mehr pragmatische Ursachen: die verkorksten Arbeitszeiten werden von einem Partner, der im gleichen oder ähnlichen Beruf arbeitet eher toleriert, die besondere Situation des Berufs besser verstanden. Außerdem verbringt man viel Zeit am Arbeitsplatz, ist sogar Nachts dort – soziale Kontakt außerhalb des eigenen Berufsfelds sind da schwierig.

Zu neuen Höhen, zumindest was den Rettungsdienst betrifft, wollte sich Medicopter 117 aufschwingen, landete allerdings umso unterirdischer. Hauptsache, es kracht und zischt – mehr war da nicht drin. Absoluter Tiefpunkt aus meiner Sicht war die Episode „Nasses Grab“, die in weiten Teilen aus James Camerons Kinospektakel „The Abyss“ abgeschrieben worden war – und zwar schlecht!

Nun schwingt man sich erneut auf, eine Rettungsserie zu starten: 112 – Sie retten Dein Leben (Eintrag beim Fernsehlexikon hier). Neu an dem Konzept: Sie läuft täglich Montags bis Freitags und dauert nur 25 Minuten pro Episode. Ich möchte hier einen kritischen Blick auf diese Serie werfen, aus der Sichtweise eines Menschen, der sich in dem Metier auskennt. Der Vollständigkeit halber – bevor Fragen aufkommen – möchte ich hinzufügen, dass ich seit 17 Jahren im Rettungsdienst arbeite, davon 12 Jahre als Rettungsassistent. Zunächst sehen wir uns mal an, woran es „medizinischen Serien“ in Deutschland bisher eigentlich meistens krankte:

  • Durcheinander von Bezeichnungen

Statt sich genau zu informieren, glauben manche Autoren scheinbar lieber an das, was sie zu wissen glauben. Da ist vom „Sanka“ die Rede, wenn ein Rettungswagen gemeint ist („Sanka“ ist eine Verballhornung einer Abkürzung für „Sanitätskraftfahrzeug“ und wird schon seit Jahren nicht mehr verwendet), von „Sanitätern“, „Notfallsanitätern“ oder gar „Rettungshelfer“, wenn eigentlich ein Rettungsassistent gemeint ist („Sanitäter“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung in Deutschland, und „Rettungshelfer“ ist die unterste Ausbildungsstufe im Rettungsdienst)… und so weiter. Klar, dem Zuschauer fällt sowas nicht auf, er weiß es ja nicht besser. Aber etwas mehr Akuratesse täten den Drehbüchern gut.

  • Absolute Ahnungslosigkeit im medizinischen Bereich

Manche Autoren scheinen – wenn überhaupt – lediglich ein medizinisches Nachschlagewerk zur Verfügung zu haben, um ihre Skripte zu schreiben. Niemand scheint ihnen zu erklären, wie das wirklich läuft, dass Ärzte zum Beispiel aufgrund eines isolierten Symptoms niemals innerhalb von Sekunden eine Diagnose stellen, schon gar nicht, wenn es sich um eine schwere Erkrankung handelt. Ganz besonders beliebt ist auch der „erwachende Reanimationspatient“ – in der Realität ein absolutes Unding, da man darauf achtet, dass solche Patienten eben nicht aufwachen.

  • Absolute Ahnungslosigkeit, was Abläufe betrifft

Wie geht man an einen Notfall heran? Ganz egal – hauptsache, der Held sieht gut aus. Da ich selbst auch schreibe, ist mir natürlich klar, dass die Realität sich manchmal unter der Dramatik einer Geschichte wegducken muss – aber die Realität deswegen zum Kriechgang zu verdammen?

  • Klischees und Konter-Klischees

Die Klischees habe ich weiter oben schon mal angesprochen. Es gibt dann noch Autoren, die offenbar der Ansicht sind, dass es bereits kein Klischee mehr darstellt, wenn man einfach die Rollen tauscht, also statt der Krankenschwester, die sich einen Arzt angeln will, nun einen Pfleger nimmt, der hinter einer Ärztin her ist. Genauso häufig wird auch gerne eine Frau in eine Führungsrolle gesetzt, einfach weil das gerade modern ist – und man das der Figur leider zu deutlich anmerkt, wenn sie den unsichtbaren Schriftzug auf der Stirn trägt: „Eigentlich hätte ich ein Mann sein sollen…“

  • Medizin für Vollidioten

Vor allem in älteren Serien gab es die Unart, den Ärzten Texte zu schreiben, in denen sich diese gegenseitig ihre Diagnosen erklärt haben. Gerade so, als ob ein Arzt nicht wüsste, dass eine „Apendizitis“ umgangssprachlich „Blinddarmentzündung“ genannt wird. Das wäre an sich noch nichts schlimmes, bei den „CSI“-Serien wird es auch immer noch praktiziert, um den Zuschauer nicht im Unwissen zu lassen. Aber bei manchen dieser Texte war es wirklich schlimm und teilweise überflüssig.

Kommen wir also nun zu „112 – Sie retten Dein Leben“. Eine sehr schöne Einschätzung der Serie gibt Michael Reufsteck im „Fernsehlexikon“ unter dem Titel „08/15 – Sie retten deinen Sendeplatz auch nicht„. Ich möchte mich der medizinischen und der handlungstechnischen Ebene zuwenden und heute die erste Folge unter die Lupe nehmen, die gestern lief. Danach soll es noch weitergehen, da jede Episode aber nur 25 Minuten lang ist, werde ich vielleicht wochenweise darüber schreiben. Ich weiß aber nicht, wie lange ich das durchhalte, vielleicht tut mein Gehirn bald so weh, dass ich es aufgebe.

Die einzelnen Folgen tragen offensichtlich keine Titel (ich habe zumindest keinen solchen entdeckt), deswegen gibt es als Angabe nur eine Nummer und den Tag der Ausstrahlung.

112 – Sie retten Dein Leben / Folge 1, 25. August 2008

  • Plotlöcher

Konzept: Ist es nicht eigentlich die Aufgabe der ersten Episode, den Zuschauer so weit in das Geschehen einzuführen, dass er versteht, worum es geht? Offenbar soll das besondere dieser Serie sein, dass Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei unter einem Dach organisiert sind und zusammenarbeiten. Das habe ich aber aus dieser ersten Episode nicht erfahren, lediglich aus der Pressemitteilung dazu. Überhaupt wurden von den Figuren nur ein paar vorgestellt, was an der beschränkten Zeit lag. Vielleicht hätte man doch eine Doppelfolge als Pilotfilm machen sollen? Insofern kann man über das Team noch nicht so viel sagen, außer, dass der Sohn vom Polizeichef von allen anderen aufgezogen wird, weil er „der Kleine“ ist.

Blinde Disponentin: Da bleibt abzuwarten, ob man in der Serie noch erfährt, wie das mit ihrer Erblindung war. Wenn Sie von Geburt an blind war, ist ihre Rolle völlig unrealistisch, denn um als Disponent bei Feuerwehr und Rettungsdienst zu arbeiten, muss man zuvor Berufserfahrung im Einsatz gesammelt haben. Und blinde Mitarbeiter gibt es im Fahrdienst des Rettungsdienstes nicht, weil es einfach nicht geht.

  • Notfall-Kokolores

Einsatztaktik: Ein (vermutlicher) Verkehrsunfall wird gemeldet. Die Disponentin entsendet laut ihrer Durchsage einen Rettungswagen (RTW), einen Einsatzleitwagen (ELW) und ein weiteres Fahrzeug, dessen Bezeichnung nicht zu verstehen ist, weil in dem Moment die dramatische Musik immer lauter wird. Wohlwollend kann man ihr zugute halten, dass die unverständliche Bezeichnung kein Fahrzeug, sondern einen ganzen Zug meint, denn es rücken wesentlich mehr Fahrzeuge aus: zwei Polizeifahrzeuge, ein Rettungswagen, ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF), ein Einsaltzleitwagen, ein Vorausrüstwagen (VRW), eine Drehleiter mit Korb (DLK) und ein Fahrzeug mit einer Hebebühne.

Hubschrauber: Der Hubschrauber wird nachalarmiert, allerdings ist mir nicht ganz klar geworden, wie dieser besetzt ist. In der Szene macht es den Eindruck, als wäre er nur mit Pilot besetzt zum Notfallort geflogen – und das wäre Blödsinn.

Eigenschutz: Es ist nicht actiontauglich, ich weiß, aber es gibt bei der Notfallrettung eine in Stein gemeißelte Regel – „Eigenschutz geht vor!“ Natürlich hätte der Wagen jederzeit abstürzen können, aber trotzdem hätte er zuerst abgesichert werden müssen. Das Manöver, die Notärztin von der Hebebühne aus über den Abhang in das lediglich mit einem einzelnen Stahlseil gesicherte Auto abzuseilen, ist hochgefährlich – und wenn dabei etwas passiert, ist der Einsatzleiter dran. Der kann seinen Hut nehmen. Keiner – außer vielleicht ein paar unter Adrenalin stehenden übereifrigen – riskiert seine Gesundheit oder sein Leben in einem solchen Einsatz leichtfertig. Aber das Thema „Eigenschutz“ war schon bei dem geistigen Tiefflieger „Medicopter 117“ immer so eine Sache gewesen.

Notfallmedizinisches: Anweisung der Ärztin: „Mach den Koffer auf!“ Der „Koffer“ ist eine Notfalltasche. Als die Ärztin kurz darauf der Patientin in die Augen leuchten will, um die Pupillenfunktion zu kontrollieren, sieht man deutlich, dass sie daneben leuchtet. Dann wird es „Wischi-Waschi“, die Ärztin will ein „stabilisierendes Mittel“ geben, damit die Patientin die Rettung übersteht. Ein „stabilisierendes Mittel“ in diesem Sinne gibt es nicht. Nachdem die Rettung geglückt ist, wird von einem „Tropf“ geredet, diese Bezeichnung verwendet man im medizinischen Personal eigentlich nicht mehr, es heißt einfach „Infusion“. Und als die Patientin beim Hubschrauber auf der Trage liegt, ist der Stifneck, die stabilisierende Halskrause, verrutscht – so sehr, dass diese den Kopf wenden kann, was der Stifneck eigentlich verhindern soll.

Kapazitätsprobleme: Als der Sohn der Patientin gefunden ist, will dieser natürlich mit seiner Mutter im Hubschrauber mitfliegen und fragt den Polizisten, der ihn gefunden hat, ob er auch mitkommt, was dieser bejaht. Moment mal? Also, Patientin, Notarzt, Flug-Rettungsassistent, Pilot, das Kind – und der Polizist? Ist das ein Großraumhubschrauber?

Also, dieser erste Eindruck ist kein guter und etliche meiner Befürchtungen haben sich bestätigt. Ich lasse mich gern eines besseren belehren, deswegen werde ich mir noch die weiteren Folgen ansehen – wie lange ich es aushalte, bleibt abzuwarten. Bislang scheint es sich dabei nur um eine weitere tägliche Serie zu handeln, bei der „Realismus“ mit „ä“ geschrieben wird. Oder um es etwas blumiger zu sagen:

Wenn „Emergency!“ der edle Champagner unter den Rettungs-Serien ist, dann ist „112 – Sie retten Dein Leben“ ein Glas Ahoj-Brause, bei dem man allerdings sowohl das Wasser als auch die Brause vergessen hat und das Glas zudem schmutzig ist.

UPDATE: Ein genauerer Blick auf weitere Folgen dieser Serie hier: „‚112 – Sie retten dein Leben‘ – Eine genauere Kritik„.

UPDATE 2: Die neueste Entwicklung, was „112..“ betrifft, gibt es hier: „‚112…‘ zum Vierten: Sie rettet nun keiner„. Deswegen sind die Kommentare unten in diesem Beitrag geschlossen.

STAR WARS – Episode 3: Die Rache der Sith [Rezension]

Drei Jahre dauern die Klon-Kriege bereits an, als die Separatistenbewegung ein riskantes Manöver unternimmt: Sie ziehen ihre Kräfte über Coruscant zusammen und überfallen die Hauptstadt der Republik. Im Zuge dieses Handstreichs gelingt es ihnen, den Obersten Kanzler Palpatine gefangen zu nehmen. Anakin Skywalker und Obi-Wan Kenobi werden zurückbeordert. Sie befreien den Kanzler und Anakin tötet Count Dooku. Leider entkommt der General der Separatistenarmee, ein Wesen, halb Droide, halb Mensch: Grievous.
Während die Jedi Obi-Wan allein losschicken, um nach diesem zu suchen, muss Anakin mit einer Reihe verwirrender Eindrücke fertigwerden: Padmé ist schwanger, er bekommt neue Alpträume, dass sie bei der Geburt des Kindes stirbt, auf Betreiben von Palpatine wird ihm ein Sitz im Rat der Jedi gewährt, allerdings ohne dass er zum Meister befördert wird. Die Jedi ahnen nicht, dass der letzte Schritt der Sith, die Falle für die Jedi zuschnappen zu lassen, kurz bevorsteht…

  • Rezension

Teil 3 markiert die größte Not, in die die Galaxis im Verlauf der Saga stürzen wird. Nun endlich kommen all‘ die kleinen Spiele ans Licht, nur dummerweise haben sich die Jedi so sehr gefangen nehmen lassen, dass sie sich nicht mehr befreien können. Ihr Untergang steht bevor. Und auch diesmal, bevor ich weitermache, die Warnung: Dies ist keine gewöhnliche Rezension, um die Motive der Episode zu ergründen, komme ich nicht umhin, Plotverläufe und zukünftige Entwicklungen – und damit verbundene eventuelle Überraschungen – offen zu legen. Lesen Sie bitte nur dann weiter, wenn Ihnen damit nicht zu viel verraten wird.

„Die Rache der Sith“ beginnt handlungstechnisch, bildlich und musikalisch mit einem Paukenschlag. Nachdem das Vorwort vorbei ist, tauchen wir mitten ein in die Schlacht von Coruscant. Lucas‘ Erzählart, eine Geschichte nicht am Anfang, sondern sozusagen „in medias res“ zu beginnen, wird damit auf die Spitze getrieben. Anakin Skywalker und Obi-Wan Kenobi sind mit ihren Jägern mitten in der Schlacht und suchen das Schiff von General Grievous, um den entführten Kanzler Palpatine zu befreien. Dieser ist, wie Obi-Wan später erwähnt, mit seinen 13 Jahren Amtszeit weit über die übliche Zeit eines Regierungschefs der Republik hinaus. Nur durch Sonderverordnungen und -vollmachten ist ihm das gelungen, ein Treiben, das die Jedi mit zunehmenden Argwohn betrachten. Was dahinter steckt, nämlich dass Palpatine und der Sith-Lord Darth Sidious ein und dieselbe Person sind, erkennen sie nicht. Sie halten es lediglich für Manöver eines machtbesessenen Politikers, der seinen Stuhl nicht räumen will.

Nachdem Obi-Wan und Anakin in Grievous‘ Schiff eingedrungen sind, finden sie den Kanzler – und treffen auf Count Dooku. Es kommt zum erneuten Duell zwischen den dreien. Dooku gelingt es, Obi-Wan außer Gefecht zu setzen, doch Anakins Kräfte sind in der Zwischenzeit gewachsen. Er überwindet den Sith-Lord und schlägt ihm die Hände ab. In dem Moment befiehlt Palpatine, Anakin sollte ihn töten. Schließlich sei er ein Sith und zu gefährlich, um am Leben zu bleiben. Anakin kämpft mit sich selbst, weil dieser Mord gegen den Kodex der Jedi verstößt, doch dann tut er es. Die Flucht gelingt allerdings nicht, und die Jedi werden mit dem neuen General der Separatisten konfrontiert: Grievous, einem ehemaligen Lebewesen, der jetzt zum größten Teil ein Droide ist. In der folgenden Auseinandersetzung gelingt ihm die Flucht, wobei er sein eigenes Flaggschiff dem Untergang geweiht zurücklässt. Anakin gelingt es jedoch, dieses mit einer Bruchlandung zu Boden zu bringen.

Auf Coruscant trifft Anakin auf Padmé, die ihm eröffnet, von ihm schwanger zu sein. Ihre heimliche Beziehung hat sich damit noch verkompliziert, doch Anakin freut sich, was sich kurz darauf ändert: Wie Jahre zuvor bei seiner Mutter bekommt er nun Visionen von Padmé, die stirbt – bei der Geburt des Kindes. Doch er ist wild entschlossen, sie zu retten.

Palpatine will Anakin wegen seiner besonderen Verdienste zu „Augen und Ohren der Republik“ im Jedi-Rat machen. Er geht dabei sehr subtil vor. Einerseits versucht er, Anakins Gewissenskonflikt um den Mord an Count Dooku zu zerstreuen, andererseits sät er Zweifel gegenüber den Jedi. Anakin weiß, dass er gegen den Kodex der Jedi verstoßen hat, doch Palpatine bezeichnet es als eine „natürliche Reaktion“, er habe sich nur dafür rächen wollen, dass ihm Dooku den Arm abgeschlagen hat. Wieder sieht man Palpatines / Sidious‘ Talent, Leute zu seinen Gunsten in die Irre zu führen: Er redet Anakin ein, dass es sein Wunsch gewesen sei, Dooku zu töten, obwohl er es erst getan hat, nachdem der Kanzler ihn dazu angestachelt hatte. Diese seine eigene Rolle bei der Sache lässt er allerdings unter den Tisch fallen. Zweifel gegenüber den Jedi sät Palpatine, indem er diese verdächtigt, einen Staatsputsch zu planen und behauptet, er halte lediglich Anakin für vertrauenswürdig genug, deswegen solle er den Sitz im Rat erhalten und ihn warnen, falls die Jedi etwas gegen die Republik planen.

Natürlich weiß Palapatine, dass die Jedi von seinem Vorstoss nicht sehr erfreut sind, aber das ist sogar eingeplant. Denn so fügen sich die Jedi seinem Wunsch, aber sie verweigern Anakin die Ernennung zum Meister. Als kurz darauf zur Sprache kommt, dass Obi-Wan nach General Grievous suchen soll, verwehren sie ihm diesen Auftrag. Anakin ist wütend und enttäuscht, obwohl Obi-Wan ihn zu beruhigen versucht. Er sei das jüngste Mitglied im Rat der Jedi, darauf solle er stolz sein.

Weiter verunsichert wird Anakin durch ein Gespräch mit Meister Yoda. Er führt dies wegen seiner Visionen um den Tod von Padmé. Doch anstatt ihm erwartungsgemäß einen Rat zu geben, was er tun kann, um diese Ereignisse zu verhindern, sagt ihm Yoda, dass man um die, die in die Macht eingehen, nicht trauern soll. Das widerspricht Anakins Gefühl, und in die Lücke springt mal wieder Palpatine, der von Darth Plagues dem Weisen erzählt. Er habe die Midichlorianer so manipulieren können, dass sie Leben erschufen, womit er das Sterben der Menschen verhindern konnte. Als Anakin nachfragt, ob man diese Fähigkeit lernen könnte, antwortet der Kanzler: „Jedenfalls nicht von einem Jedi.“

Die Jedi hingegen begehen einen weiteren Fehler, indem sie umgekehrt Anakin auf den Kanzler ansetzen. Sie misstrauen ihm, geben sie unumwunden zu, und wollen wissen, was passiert, wenn der Krieg wirklich beendet wird – ob Palpatine dann alle seine Sondervollmachten wie versprochen wieder zurückgebe. Doch damit „bestätigen“ sie das Misstrauen, das Palpatine schon zuvor ausgesprochen hat: die Jedi planen eine Verschwörung, die Republik zu übernehmen. Sie verstoßen damit auch gegen ihre eigenen Regeln, nicht in die Politik einzugreifen, genauso wie es die Sith geplant haben. Die Sith haben die Jedi dadurch, dass einer der ihren im höchsten politischen Amt sitzt, quasi dazu gezwungen, gegen den eigenen Kodex zu handeln. Dadurch wird es später einfacher, gegenüber dem Volk und den Senatoren zu behaupten, die Jedi hätten einen Aufstand geplant.

Obi-Wan reist unterdessen nach Utapau, wo er Grievous stellt und töten kann. Anakin wird auf Coruscant beauftragt, dem Kanzler die Botschaft zu übermitteln. An seiner Reaktion darauf wollen sie ablesen, was zu tun ist. Palpatine überrascht Anakin mit sehr viel Wissen um die dunkle Seite der Macht – und da erkennt er, dass er Darth Sidious vor sich hat. Er meldet seine Erkenntnis dem Jedi-Rat weiter. Wieder zeigt der Sith-Lord höchste Flexibilität in seinem Plan: Zuerst lässt er seinen Schüler Dooku töten, weil ihm klar war, dass Anakin sehr viel machtvoller sein wird, nun überlässt er Anakin scheinbar die Entscheidung, ob er zum Rat geht oder nicht. Ihm ist bewusst, dass Anakin zwischen zwei Welten schwankt und er pokert hoch. Anakin geht in der Tat zu Mace Windu und teilt ihm mit, was er herausgefunden hat. Mace geht mit einigen Jedi zum Kanzler, um ihn festzusetzen. Dieser lässt dabei alle Masken fallen und verteidigt sich mit einem Laserschwert, das er hervorragend zu führen versteht.

Anakins innerer Konflikt ist indessen auf dem Höhepunkt. Er quält sich mit seiner Entscheidung. Einerseits ist er ein Jedi – andererseits will er Padmé retten. Schließlich bricht auch er zum Büro des Kanzlers auf. Dort angekommen ist dieser von Mace Windu in die Enge getrieben worden. Seine Machtblitze werden vom Laserschwert des Jedi-Meisters zurückgeworfen und entstellen ihn. Windu will den Sith töten, da er zu gefährlich sei, um am Leben zu bleiben. Anakin will ihn lebendig, um wenigstens die Chance darauf zu haben, von seinem Wissen um Leben und Tod für Padmé zu profitieren. Er hält Windu auf, indem er ihm beide Hände abschlägt, worauf Sidious den Jedi-Meister aus dem Fenster seines Büros in die Straßenschluchten von Coruscant schleudert.

An diesem Punkt hat sich alles so weit kummuliert, dass Anakin bereit ist, sich für die dunkle Seite zu entscheiden. Sidious benutzt auch immer noch Tricks, indem er beispielsweise behauptet, wenn Anakin die Separatisten vernichtet (die der Sith ja selbst angestachelt hat), herrsche endlich Frieden in der Galaxis. Die Jedi erklärt er zu Feinden der Republik und schickt Anakin mit einigen Klon-Batallionen in den Jedi-Tempel. Gleichzeitig lässt er an alle in der Galaxis verteilten Truppen die „Order 66“ ausgeben. Dieser geheime Befehl war den Klon-Truppen während ihrer Herstellung auf Kamino einprogrammiert worden. Sie wenden sich damit gegen die sie befehlenden Jedi und töten sie. Nur Yoda, der einen Feldzug auf Kashyyk geleitet hat, entkommt mit Hilfe der dort lebenden Wookiees, sowie Obi-Wan, der bei einem Schuss aus dem Hinterhalt knapp verfehlt und für tot gehalten wird.

Zurück auf Coruscant müssen die beiden von Anakins Taten erfahren, der im Jedi-Tempel selbst die Jünglinge nicht verschonte. Yoda bestimmt, dass es Obi-Wans Aufgabe sei, seinen ehemaligen Schüler aufzuhalten, während er selbst Sidious konfrontieren werde. Selbiger ist gerade dabei, eine Rede vor dem Senat zu halten. Er bezichtigt die Jedi der Kollaboration und des Verrats der Republik und verkündet gleichzeitig die Umformung dieser in das erste „Galaktische Imperium“, dessen Imperator er sein wird. Die Senatoren spenden Beifall, was Padmé zu der entsetzten Feststellung treibt: „So geht die Demokratie unter. Mit tosendem Applaus!“

Die Beispielse ähnlicher Situationen in der Geschichte der Menschheit sind vielfältig, wenngleich es natürlich kein direktes Vorbild gibt. Die wenigsten Anführer, die sich schließlich zu Tyrannen entwickelten, hatten ihre Machtübernahme so minutiös geplant. Meistens war es der Fall, dass sie am Anfang noch tatsächlich aus höheren Motiven handelten, dann aber von der erlangten Macht so berauscht waren, dass sie sie nicht mehr abgeben wollten. „Cäsaren-Wahn“ nennt man so was auch, und das gibt es im großen wie im kleinen. Prominentestes Beispiel für eine solche Machtübernahme, die tatsächlich auch von vorneherein einem Plan folgte, ist sicherlich Adolf Hitler, dessen Partei das deutsche Parlament zunächst mit Verfahrensfragen blockierte und dann Schritt für Schritt die Macht an sich riss, bis das „Dritte Reich“ ausgerufen wurde. Wieder griff hier – wie auch bei Palpatine – das Argument, dass Demokratie viel zu kompliziert sei, weil es so viele Leute mit so vielen Meinungen gäbe, und dass es sehr viel einfacher wäre, wenn ein starker Mann alle Staatsgeschäfte regelt, ohne dass ihm jemand reinredet.

Nachdem er sich zum Imperator erklärt hat, wird Palpatine von Yoda konfrontiert. Das Duell geht unentschieden aus, auch wenn die beiden dabei den halben Senat zerlegen. Yoda kann Palpatine nicht besiegen und flieht mit Hilfe von Senator Bail Organa von Alderaan.

Obi-Wan spricht mit Padmé und erzählt ihr von Anakins Taten. Besorgt folgt diese Anakin zum Planeten Mustafar, wo dieser die Anführer der Separatisten ermordet hat. Obi-Wan fliegt als blinder Passagier in ihrem Schiff mit. Als Anakin ihn sieht, verdächtigt er Padmé, sich auch gegen ihn gewandt zu haben. Er würgt sie, als er sie loslässt, bleibt sie bewusstlos liegen. Es kommt zunächst zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen ihm und Obi-Wan, der beide Seiten nochmal aufzeigt. Obi-Wan wirft Anakin vor, er habe sich manipulieren lassen, worauf Anakin die Jedi der Lüge bezichtigt. Wütend bezeichnet er Padmé quasi als sein Eigentum („Ihr habt sie gegen micht aufgehetzt!“ – „Ihr werdet sie mir nicht wegnehmen!“), Obi-Wans Einwand, dass sein Verhalten das bereits getan hätte, wischt er beiseite („Erteilt mir keine Lektion!“). Er brüstet sich damit, Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit für „sein“ neues Imperium gebracht zu haben. Obi-Wan erwidert, seine Loyalität läge bei der Republik und der Demokratie. Zum zweiten Mal geht Anakin auf sein Argument nicht ein: „Wenn Ihr nicht auf meiner Seite steht, dann seid Ihr mein Feind!“ Damit macht er klar, dass das Duell nicht mit Argumenten auszutragen sei. Wenn Obi-Wan nicht seine Ansicht teilt, ist er sein Feind. Basta! Damit beginnt das berühmte Duell zwischen Obi-Wan Kenobi und Anakin Skywalker, einer der Dreh- und Angelpunkte der STAR-WARS-Saga.

Bei dem Duell stolpert Anakin über seine Selbstüberschätzung. Obi-Wan ist ihm tatsächlich überlegen, dennoch bringt er es nicht über sich, ihn zu töten, als er ihn schwer verletzt hat. Die Hitze eines Lavastroms setzt ihn schließlich in Brand. Obi-Wan hält ihn für so gut wie tot, nimm sein Laserschwert mit und verlässt den Ort mit der ebenfalls verletzten Padmé.

Nun kommt es zu einer sehr symbolischen Geburtsszene: Während Padmé ihre Kinder auf die Welt bringt (es sind Zwillinge, wie sich überraschend herausstellt) und ihnen den Namen Luke und Leia gibt, wird Anakin in einem Behandlungsraum von Medo-Droiden versorgt. Seine abgetrennten Gliedmaßen werden durch mechanische Implantate ersetzt, seine Atmung durch ein Lebenserhaltungssystem unterstützt und sein verbranntes Gesicht hinter einer schwarzen Maske versteckt. Aus Anakin Skywalker ist endgültig Darth Vader geworden. Und wie er es vorausgesehen hat, stirbt Padmé kurz nach der Geburt an gebrochenem Herzen. Ihre Kinder aber leben, Leia wird von Senator Organa adoptiert und Luke zu Owen Larrs und Beru nach Tatooine gebracht. Obi-Wan wird in seiner Nähe bleiben und auf ihn achten. Yoda geht auf einen Sumpfplaneten namens Dagobah ins Exil. Und das neue „Galaktische Imperium“ beginnt mit dem Bau einer Superraumstation von der Größe eines kleinen Mondes.

Alles, was die Jedi versucht haben, hat sich in dieser Episode gegen sie gewendet. Selbst die Klone, die die Republik so bereitwillig eingesetzt hat, obwohl ihre Herkunft mehr als zweifelhaft war. Vielfach wurden die Fallstricke von ihren eigenen, starren Regeln gezogen, die sie dann gezwungen waren zu brechen. So gesehen hat sich die Prophezeiung des Auserwählten schon zur Hälfte erfüllt, wenn auch auf eine sehr grausame Weise. Wenn in den nächsten drei Episoden die Sith zu Fall kommen, wird es danach die Aufgabe der Erben der Jedi sein, einen neuen Orden aufzubauen, der keine so strikte Einteilung nach heller und dunkler Seite vornimmt. Denn jeder Mensch hat beides in sich, Licht und Schatten. Eine Seite davon abzulehnen bedeutet, sich selbst abzulehnen. Man muss lernen, damit umzugehen. Und außerdem ist es nicht so, dass man einmal eine Entscheidung für eine Seite trifft, die dann das ganze Leben beeinflusst. Die Entscheidung muss man ständig treffen. Man ist nicht gefeit vor der einen oder der anderen Seite. Das leugnen wir im wahren Leben gern, genauso wie es die Jedi geleugnet haben. Selbst Obi-Wan gab zu, Gefühle entwickelt zu haben, brüderliche Gefühle für Anakin Skywalker. Seine Enttäuschung, ja seine Wut darüber, dass Anakin sich der dunklen Seite angeschlossen hat, ist ihm deutlich anzumerken. Und die Gefühle sind es auch, die ihn daran hindern, selbst Hand an den schwer verletzten Schüler zu legen. So überlebt Darth Vader, damit er letztlich den Imperator zu Fall bringen kann. Erst dann ist der Ausgleich erreicht – und man kann nochmal neu anfangen.

Die Episoden 1 bis 3 sind von manchen Fans sehr hart kritisiert und abgelehnt worden. Ich persönlich denke, dass das jeder mit sich selbst ausmachen sollte. Es ist die Wiedergabe vieler bekannter Motive aus der wirklichen Welt in einer Galaxis „weit, weit von hier entfernt“. Insofern sind die Episoden 1 bis 3 sogar vielschichtiger als 4 bis 6. In 4 bis 6 waren die Fronten nämlich sehr deutlich und klar gezeichnet, die Geschichte eingeteilt in „gut“ und „böse“. In 1 bis 3 kann man sich nie zu sicher sein. Wie ich zu Beginn dieser Rezensionsreihe schon erwähnte, hängt das vermutlich mit George Lucas‘ persönlicher Entwicklung zusammen. Die Episoden 1 bis 3 sind im letzten Schliff nochmal geprägt worden von unserer Gegenwart.

Man muss sie nicht mögen, Kritikpunkte gibt es sicher viele. Aber das ist weder ein Grund noch eine Rechtfertigung für die teilweise groben Beleidigungen, die hier die Runde machen. Das erinnert ja fast an die schlimmsten Zeiten des Konflikts „Star-Wars-Fans gegen Star-Trek-Fans“.

Mit dieser Geschichte war die erste Trilogie abgeschlossen. Ungefähr 20 Jahre sollte die Galaxis unter der Herrschaft des Imperiums leiden, bevor die Handlung von Episode 4 einsetzt und deren Untertitel zufolge „Neue Hoffnung“ bringt. Mehr Ereignisse von diesem Zeitraum soll uns eine Serie nahebringen, die demnächst produziert werden soll. Da darf man gespannt sein.

Die Saga ist noch lange nicht beendet…

STAR WARS – The Clone Wars [Rezension]

„Begonnen die Klon-Kriege haben…“
(Yoda in „STAR WARS Episode 2: Der Angriff der Klon-Krieger“, wörtliche Übersetzung des Originals)

Was die Loyalisten unbedingt hatten verhindern wollen, ist nun eingetreten: Mit der Aufstellung der großen Armee der Republik bricht ein Bürgerkrieg in der Galaxis aus, in dem die Fronten zwar klar zu sein scheinen, es aber eigentlich gar nicht sind. Auf der einen Seite ist da die Republik, die um ihren Erhalt kämpft. Auf der anderen Seite die Separatisten, die inzwischen nicht nur ihre Systeme von der Republik lösen, sondern eigene Gebiete haben wollen. Zu diesem Zweck beginnen sie, unbeteiligte Welten zu erobern, die sie relativ schwach in ihrer Verteidigung glauben. Mitten drin in den Gefechten sind die Jedi, die nicht so recht wissen, was sie von der Situation halten sollen, da mit Count Dooku ein Abtrünniger der eigenen Reihen auf der Seite der Separatisten kämpft. Letztere lassen nichts unversucht, die Republik und die Jedi in der Galaxis in Misskredit zu bringen…

  • Rezension – Variations on a Theme

Die erste Variante der „Clone Wars“ gab es als kurze Zeichentrick-Episoden, die in ihrem ganzen eine Brücke spannen sollten zwischen der Episode 2 und 3. Drei Jahre sind dazwischen vergangen, drei Jahre, in denen viel passiert ist. Anakins Haare sind gewachsen, weil er in den Stand eines Jedi-Ritters erhoben wurde, er hat eine Narbe am rechten Auge davon getragen und er und Obi-Wan sind Generäle der Armee der Republik. Besonders raffiniert war es auch deswegen, weil die Serie am Ende aufgrund des Anfangs von Episode 3 nur mit einem Cliffhanger enden konnte, was nochmal besonders Lust auf diesen neuen Film machen sollte. Leider merkt man der Geschichte ihre Episodenhaftigkeit an, manchmal wirkt es so, als sei leider einfach nicht mehr Zeit gewesen, um sich mit den Aspekten eines Handlungsstrangs auseinander zu setzen. Als Appetitanreger auf Episode 3 funktionierte es recht gut, als Doppel-DVD-Edition jedoch wirkt es etwas unvollständig. Dann kam man bei LucasFilm auf die Idee, die Lücken gänzlich zu füllen.

„Clone Wars“ sollte zu „The Clone Wars“ werden, eine Serie mit angeblich 100 Folgen (ich schreibe „angeblich“, weil ich nur eine Quelle zu dieser Angabe habe, und die ist nicht mal offiziell). Ich persönlich war gespannt, was das wohl werden würde und fragte mich, ob damit die „Clone-Wars“-Zeichentrickfolgen obsolet wären – nein, sind sie nicht.

„STAR WARS – The Clone Wars“ ist eine computeranimierte Serie, die sich tatsächlich in die bestehenden Folgen einfügt. So ist Anakin zu Anfang der Pilotepisode, die am 14. August als Film in die deutschen Kinos kam, bereits ein Jedi-Ritter, er hat bereits seine Narbe, die Jedi kennen Dookus Schülerin Asajj Ventress und auch von General Grievous haben sie schon gehört, auch wenn sie ihn noch „den geheimnisvollen Droiden-General“ nennen. Nach dem, was ich gelesen habe, will man sich sogar bemühen, die Serie in die bestehenden Erzählungen über die Klon-Kriege in Comics und Romanen einzupassen, was mich persönlich neugierig auf das Ende macht, und in wie weit es sich mit James Lucenos „Labyrinth des Bösen“ deckt.

Die Rezension über „The Clone Wars“ fällt allerdings nicht so ausführlich aus, wie die Rezensionen über Episode 1 und Episode 2. Das hat vor allem den Grund, dass der Film nicht so sehr die Motive der Personen berührte, wie die anderen. Eine Ursache mag darin liegen, dass man nun viel mehr Zeit hat, etwas zu zeigen und beispielsweise eine Charakterentwicklung über mehrere Folgen der Serie hinzuziehen (immerhin handelt es sich hier um den PILOTfilm). Gleichzeitig brachte der Film die Serie selbst nicht sonderlich voran, und ja, am Anfang hatte auch ich dieses unangenehme Gefühl in der Magengegend, denn eigentlich war mir das Schicksal der beteiligten Personen klar – Anakin wird Darth Vader werden, Obi-Wan und Yoda müssen ins Exil, der Rest der Jedi wird sterben und die Republik wird untergehen und dem Galaktischen Imperium Platz machen. Es hat etwas gedauert, aber dann konnte ich in die Geschichte einsteigen und hatte einen amüsanten Abend.

Sind Sie jetzt geschockt? Falls Sie ein Stechen in der Brust spüren, das in den linken Arm ausstrahlt, Ihnen der kalte Schweiß auf die Stirn tritt und Sie das Gefühl haben, Ihr Brustkorb sei von einem Schraubstock eingezwängt, versuchen Sie es mit Nitrolingual Spray (oder gleichwertiger Generica). Sollte es daraufhin nicht besser werden, gehen Sie ans Telefon, wählen Sie die 112 und verlangen Sie einen Rettungswagen mit Notarzt. Aber glauben Sie mir, eigentlich ist es diese alberne Diskussion nicht wert, deswegen einen Herzinfarkt zu bekommen.

Einige Leute haben sich schon lang und breit darüber aufgeregt, was George Lucas „ihrem“ Universum antut. Das tun sie seit dem Erscheinen von Episode 1, aber wie ich schon im Vorwort zu der STAR-WARS-Rezensionsreihe in diesem Blog anmerkte, man möge bedenken, dass es auch Leute gibt, denen es genau anders geht. Für die ist STAR WARS das, was sie in Episode 1 bis 3 gesehen haben und die unter Umständen Schwierigkeiten haben, sich mit Episode 4 bis 6 anzufreunden. Und dann gibt es die (scheinbar stumme und nicht näher definierbare Anzahl von) Menschen, die sich sagt „Was denn? Also, mir haben alle Teile gefallen.“

Leider geraten vor allem letztere immer mehr in Rechtfertigungszwang, obwohl ich wirklich nicht weiß, warum. In einem STAR-WARS-Fanblog schreibt ein Mensch unter dem Pseudonym „jkelly“ sogar, dass er sich stellenweise schuldig fühlte, weil ihm „The Clone Wars“ gefallen hat und er Spaß hatte. Mir ging es ähnlich. Verdammt nochmal, mir hat sogar die Musik gefallen! Gerade die Musik trug sehr dazu bei, eine dünne Linie zu ziehen, die dem Zuschauer quasi akustisch klarmachte, dass wir hier einen Nebenschauplatz des Hauptplots betreten. Natürlich kann die Serie die Haupthandlung nicht sehr weit vorwärts bringen, denn das muss Episode 3 machen. Aber mit dem Anspruch ist der Film auch nicht angetreten. Es ist ein PILOTfilm, der muss ganz nebenbei auch noch was für die Serie übriglassen, und die Serie darf Episode 3 nicht vorgreifen.

Ein wenig Handlung wird natürlich schon gemacht: Der Sohn von Jabba the Hutt wurde entführt und der notorische Gangsterboss wendet sich an die Jedi, ihm zu helfen. Die Jedi wittern eine Chance, freies Geleit durch die Routen des Outer Rim zu bekommen, die von den Hutts kontrolliert werden. Allerdings tragen die Sith ihren Teil dazu bei, damit die Jedi kolossal scheitern und bei Jabba in Misskredit stehen. Gleichzeitig wird Anakin eine Padawan-Schülerin mit Namen Ahsoka Tano zugewiesen, die sich als sehr geschickt erweist – und das auch sehr genau weiß. Durch ihre teilweise naive Unschuld ergänzt sie sich recht gut mit Anakins forschem Einzelgängertum.

Man könnte daraus sogar einen fortschreitenden Handlungsfaden isolieren: Die Jedi sind gezwungen, gegen ihre eigenen Prinzipien zu verstoßen, um sich was den Krieg betrifft in eine bessere Position zu bringen. Wenn sie mit den Hutts paktieren, verbünden sie sich quasi mit den Mächten, die im Outer Rim Kapital aus der Gesetzlosigkeit schlagen und unter anderem die Sklaverei fördern. Und mit Anakins Schülerin unternimmt der Rat der Jedi den Versuch, jenem etwas Verantwortung beizubringen. Sie hoffen, dass er seine Handlungsweisen überdenkt, wenn er nicht nur für sich, sondern auch noch für jemand anderen verantwortlich ist. Ich persönlich habe jedoch das ungute Gefühl, dass Ahsoka eines der Opfer der Klon-Kriege werden wird, ja muss, was Anakin in dem Wunsch, das Sterben der Menschen zu beenden, eigentlich nur bestärken kann.

Aber genug des Tiefgangs! Handwerklich ist die Episode recht solide gemacht, lediglich das Design ist auch für meine Augen gewöhnungsbedürftig. Man hat bei der Animation der Figuren weitestgehend auf Realismus verzichtet und sie im Cartoonstil dargestellt. Andererseits hat mich ein ähnliches Aussehen bei Gerry Andersons „Thunderbirds“ auch nicht gestört. Nun bleibt abzuwarten, wie sich die Serie entwickelt und ob man dem Anspruch treu bleibt, diese in bestehende Geschichten einzubetten.

Und was nun? Ist es notwendig, uns jene geheimnisvolle Ära der Klon-Kriege mit einer Serie zu zeigen? Kann man den Film empfehlen oder nicht? Dazu kann ich nur sagen: Keine Ahnung! Wie gesagt, ich hatte einen netten Abend. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wenn ich jedoch die Kritiken all jener lese, die den Untergang des Abendlandes herbeireden und schon dabei sind, mit Fackeln und Mistgabeln zur Skywalker-Ranch zu ziehen, verstehe ich, warum der von mir oben zitierte Blogverfasser „jkelly“ sich schuldig fühlt. Angesichts der Absolutheitsansprüche mancher Kritik und dem vielfach damit einhergehenden beleidigenden Unterton ist es besser, sowas nicht zu laut auszusprechen, wenn man nicht zur Zielscheibe von Hohn und Spott werden will. Und wer will das schon?

Machen wir stattdessen weiter im Text. Denn: Fortsetzung folgt…

Tim und Struppi – Die Reihe (Einblicke / Ausblicke)

In den letzten drei Wochen sind wir alle Abenteuer von Tim, dem „pfiffigen Reporter“, und seinen Weggefährten durchgegangen. Den letzten Wunsch respektierend wurde die Reihe nach Hergés Tod im Jahr 1983 nicht fortgesetzt und auch das unvollendete Werk „Tim und die Alpha-Kunst“ nicht vervollständigt. Das wöchentliche Magazin „Tintin“ wurde bald eingestellt. Der Popularität der Comicfigur ist jedoch ungebrochen, sie ist ein Stück belgisches Kulturgut geworden. Bestes Beispiel ist das Jubiläum, das im Jahr 2004 gefeiert wurde: 75 Jahre Tim. Eine große Zeitung verzichtete an diesem Tag auf sämtliche Fotos, ausnahmslos alle Artikel waren mit Szenen aus den Tim-und-Struppi-Alben bebildert. In dem Fall dürfen sich die Fans schon auf 2009 freuen, wenn es das 80jährige Jubiläum zu feiern gibt.

Hier nochmals alle Beiträge der Reihe über die Alben:
Tim im Lande der Sowjets
Tim im Kongo
Tim in Amerika
Die Zigarren des Pharaos
Der blaue Lotos
Der Arumbaya-Fetisch
Die schwarze Insel
König Ottokars Zepter
Die Krabbe mit den goldenen Scheren
Der geheimnisvolle Stern
Das Geheimnis der „Einhorn“
Der Schatz Rackhams des Roten
Die sieben Kristallkugeln
Der Sonnentempel
Im Reiche des schwarzen Goldes
Reiseziel Mond
Schritte auf dem Mond
Der Fall Bienlein
Kohle an Bord
Tim in Tibet
Die Juwelen der Sängerin
Flug 714 nach Sydney
Tim und die Picaros
Tim und der Haifischsee
Tim und die Alpha-Kunst

Zu Tim gibt es inzwischen auch einiges an Sekundärliteratur. Für all jene, die es bedauern, dass es keine neuen Abenteuer mehr geben wird, ist sicherlich der Comic „Die Abenteuer von Hergé“ ein kleiner Trost. Hier gerät der Zeichner selbst in den Mittelpunkt, es ist quasi eine Biographie in Comicform – was passt wohl besser zu einem Comiczeichner? Hier werden in Episoden Einblicke in Hergés Leben gewährt, wobei man ständig auf verschiedene Tim-Geschichten anspielt. Anlässlich Hergés 100. Geburtstag im Jahr 2007 kam eine neue, erweiterte Auflage heraus, die auf acht Seiten zwei neue Episoden enthält.

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Bereits ausführlich an dieser Stelle besprochen habe ich „Auf den Spuren von Tim und Struppi“ von Michael Farr. Der Autor stellt die Entstehung jedes einzelnen Albums dar, welche Dinge Hergé beeinflusst haben und was er alles verarbeitet hat. Der Fokus wird dabei bewusst auf Tim gehalten, andere Arbeiten Hergés (wie etwa „Stups und Steppke“) werden nur am Rand erwähnt.

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Auch im Internet gibt es einige Seiten, die sich mit den Abenteuern des ewig jungen Reporters befassen. Die „Comic Radio Show“ beispielsweise würdigt an dieser Stelle das 75jährige Jubiläum der Comic-Reihe, und an dieser Stelle den 100. Geburtstag Hergés. In beiden Artikeln finden sich übrigens Bilder, die nicht so weit verbreitet sind, so zum Beispiel ein Foto, das eine Szene aus dem Realfilm „Tim und das Geheimnis des goldenen Vlieses“ zeigt und das von der Optik her einen recht guten Eindruck macht. Und an dieser Stelle vermeldet die „Comic Radio Show“, man habe im Nachlass von Bob de Moor, Hergés Assistent, der 1993 verstorben ist, ein verschollenes Abenteuer mit dem Titel „Tim in Australien“ wiederentdeckt. Der Leser möge jedoch ganz oben in dem Artikel nachschauen, an welchem Tag dieser veröffentlicht wurde, um ihn zu verstehen.

Tim hat auch mich als junger Leser sehr beeindruckt, was man am Zustand mancher Hefte meiner Sammlung auch sieht. Ich wollte sogar selbst eine zeitlang Comiczeichner werden, doch leider fehlt mir da offenbar ein Stück Talent, die Szenen, die ich mir vorgestellt habe, auch so zu Papier zu bringen, dass man sie erkennt. Die Abenteuer des Reporters haben mir über manche Krankheit hinweg geholfen und über den Verlust meiner Milchzähne. Als ich erfuhr, dass es Kinofilme vom Tim gibt, wollte ich diese unbedingt sehen, hatte aber Pech: 1969 (zu „Der Sonnentempel“) war ich noch nicht geboren und 1973 (zu „Tim und der Haifischsee“) war ich zu jung. Und in den 1970er Jahren war das noch nicht so mit Video anschauen. „Der Sonnentempel“ wurde schließlich Ende der 1970er Jahre in der ARD als Zweiteiler ausgestrahlt, „Tim und der Haifischsee“ Anfang der 1980er Jahre (nicht als Zweiteiler).

Und damit sind wir schon bei der Zukunft Tims, denn die liegt offenbar im Kino. Genau rechtzeitig zum Jubiläum 2009 planen Steven Spielberg („E.T.“, „Indiana Jones“, „Schindlers Liste“) und Peter Jackson („Der Herr der Ringe“) einen computeranimierten Film, respektive, es wird sich um eine Trilogie handeln, basierend auf den Comicbüchern. Spielberg und Jackson waren sich einig, dass Tim das Potential für einen guten Film habe, man aber Hergé nicht gerecht werde, wenn man diesen mit echten Schauspielern produziere. Deswegen wird die Reihe als Computeranimation entstehen, die aber fotorealistisch aussehen soll. Die beiden haben sich da hohe Ziele gesteckt und wir dürfen gespannt sein, was das Resultat betrifft. Kurze Artikel über das Projekt erschienen im Gurdian und bei BBC News.

Die Zukunft des Reporters scheint also gesichert zu sein. Seit 2002 gibt es Deutschland übrigens auch „Tim – Das Magazin“, das vier Mal im Jahr erscheint. Die letzte Ausgabe trägt die Nummer 23 und erschien Winter 2007 / 2008, eine aktuellere scheint im Moment nicht zu geben, ist aber angekündigt. Die Fans dürfen also gespannt sein, wie die Reise des Reporters und seiner Gefährten weitergeht.

Zum Abschluss noch meine persönlichen Favoriten:

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EM 2008 – Die Fußball-Europa-Meisterschaft in Österreich und der Schweiz

Heute geht sie also los, die EM 2008. Schon in den letzten Tagen und Wochen scheint der Fußball das Land – und Europa – fest im Griff zu haben. Unzählige Berichte sind schon erschienen und wie man hier sieht, auch schon erste Aggressionen ausgetauscht. Die Organisation rund um die Meisterschaft treibt teilweise seltsame Blüten. So kann man zum Beispiel hier nachlesen, dass man an den Grenzübergängen zwischen Deutschland und Österreich bei Salzburg wieder kontrolliert wird, wenn man versucht, in die Alpenrepublik einzureisen. Und nicht einfach nur so kontrolliert, nein, ohne Reisepass kommt man nicht rein. Überhaupt haben Blogs mit Beiträgen über und zur EM gerade Konjunktur und gehören zu den meistgelesenen.

Nichtsdestotrotz möchte ich persönlich dem Trend nicht folgen und es bei diesem Beitrag in unserem Blog belassen. Die Pflicht haben wir erledigt und unnützerweise darauf hingewiesen, dass heute ein internationaler Fußball-Wettkampf startet (als ob irgendjemand im deutschsprachigen Bereich das noch nicht mitbekommen hätte). Wer mehr über die EM 2008 wissen möchte, möge sich doch an die entsprechenden Blogs halten, wie etwa das EM-Blog von Salzburg. Ich möchte nach diesem Intermezzo unseren Themen treu bleiben und weise daher nochmal auf Carstens Beitrag „Der lange Tod der Sprechblase“ hin, der mich selbst auf eine Idee gebracht hat. Aber dazu demnächst mehr…

Und um endgültig zu unseren eigentlichen Themen zurück zu kommen, mag sich mancher vielleicht die Frage stellen, ob in der Zukunft, die ja auch Inhalt der Geschichten hier ist, wohl auch Fußball gespielt wird. Ich denke schon. Denn ich hoffe, dass die sportlichen Wettkämpfe irgendwann die kriegerischen Konflikte, die wir immer noch austragen, ersetzen werden. Und auch wenn es mir persönlich nicht so liegt, Fußball gehört da mit dazu.

CSI: Miami / CSI: NY – Eine kritische Nachbetrachtung

Nach „CSI: NY“ ist nun auch die letzte Folge der aktuellen deutschen Staffel von „CSI: Miami“ im Fernsehen gelaufen und es wird Zeit für eine Bestandsaufnahme und eine Nachbetrachtung. Leider gibt es da ein paar Dinge, die dem Betrachter etwas negativ in Auge fallen.

Bei CSI: NY gab es in der dritten Staffel einige bemerkenswerte Episoden, etwa der Besuch von Scotty Valens (aus der Serie Cold Case – Kein Opfer ist je vergessen), als am Tatort eines alten Falls das Blut von Stella Bonasera gefunden wird. Sheldon Hawkes wurde aufgrund von manipulierten Beweisen eines Mordes verdächtigt, den er nicht begangen hatte. Mac Taylor musste nicht nur mit seiner Beziehung zu Doktor Peyton Driscoll umzugehen lernen, er geriet auch in die Mühlen der Politik, als sich ein Mörder vor seinen Augen vom Dach eines Hauses stürzte und es so aussah, als habe er ihn gestoßen. Wehren konnte sich Taylor nur, indem er einen Vorgesetzen mit einem von diesem schlampig recherchierten Fall konfrontierte und so die Einstellung des Verfahrens gegen ihn erreicht. Lindsay Monroe wurde mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, als sie gegen einen Mann aussagen musste, der drei ihrer Freundinnen ermordet hat, als sie ein Teenager war. Erst danach ist sie bereit, sich auf eine Beziehung mit Danny Messer einzulassen. In der Finalepisode der Staffel schließlich wurde das Hauptquartier überfallen. Taylor und Bonasera gelang es jedoch, die Angreifer zurückzuschlagen, unter anderem, indem sie eine Sprengfalle mit Gasflaschen installierten.

Nicht weniger turbulent hatten es die Ermittler von CSI: Miami. Die fünfte Staffel begann schon spektakulär mit der Reise nach Brasilien, die Horatio Caine und Erik Delko antreten, um den Mörder von Marisol „Delko“ Caine (Eriks Schwester, Horatios Frau) aufzuspüren. Natalia Boavista und Maxine Valera wurden verdächtigt, Natalias Ex-Ehemann erschlagen zu haben, nachdem dieser nach einer Verabredung mit Maxine tot in seinem Haus gefunden wurde. Erik Delko wurde Opfer eines Trickbetrügerpärchens und zu regelmäßigen Zahlungen verurteilt (gegen die er wegen der nicht ganz legalen Reise nach Brasilien keine Rechtsmittel einlegte) und schließlich bei einer Schießerei in den Kopf getroffen. Er überlebte knapp, musste sich aber wieder an seine Arbeit gewöhnen. Und zuletzt war da Ryan Wolfe, der innerhalb von einer Episode von den Autoren komplett demontiert wurde: er hat illegal und während der Arbeitszeit gespielt – also wurde er fristlos entlassen. Die Staffel endete mit dem Anfang der langen Strecke, sich wieder zu rehabilitieren, was unter den strengen Augen von Innenermittler Rick Stetler beinahe unmöglich scheint.

Vor einiger Zeit lief auf ARTE eine Sendung, in der es um Folter ging. Nicht um Folter aus dem Mittelalter, und auch nicht um Folter in unterdrückerischen Regimes – nein, um Folter, wie sie beispielsweise die USA anwenden, um aus Terrorverdächtigen Informationen zu bekommen. Hierbei kam ein Experte zu Wort, der sich zu der Frage äußerte, wie es sein kann, dass ein Präsident einer Nation, die eigentlich eine freiheitlich-demokratische Grundordnung hat, sein Veto einlegen kann, wenn der Kongress der USA versucht, die Folter generell zu verbieten. Vor allem ging es um die Frage, wieso das Volk dieses Veto auch noch in großen Teilen toleriert. Der Experte sprach von der Stimmung, die derzeit in den USA herrsche und die seiner Meinung nach von Fernsehserien befördert wird. Als Beispiel wurde hier 24 angeführt und ein Ausschnitt aus einer Episode gezeigt, in der die Hauptfigur Jack Bauer einen Terrorverdächtigen mit Stromschlägen foltert, um schneller an Informationen zu kommen. Solche Dinge, so die Meinung des Experten, würden eine grundsätzlich positive Einstellung zur Folter fördern, denn es wird der Eindruck erweckt, es treffe ja den Richtigen.

Und da sind wir bei einem Punkt, der mir bei den beiden Serien sehr negativ aufgefallen ist. Ohne Skrupel bauen Taylor und Bonasera in der Finalepisode aufgrund ihres Fachwissens eine Sprengfalle mit Gasflaschen und platzieren einen gefangenen Straftäter als Köder, obwohl sie wissen, dass sowohl er als auch die Person, die versucht, ihn zu befreien, getötet wird. Horation Caine und Erik Delko fliegen nach Rio de Janeiro, um den Mörder von Marisol zur Strecke zu bringen – was sie auch tun. Sie üben also Selbstjustiz. Sie hinterfragen ihr Handeln nicht einmal – jedenfalls wurde das in der Serie nicht zum Ausdruck gebracht. Im Gegenteil, als beispielsweise die Sprengfalle hochgeht und den Anführer der Angreifer und den als Köder missbrauchten Handlanger tötet, spaziert Mac Taylor mit den Worten davon, er brauche dringend Urlaub und werde diesen in London verbringen. Auch Horation Caine scheint keine Probleme damit zu haben, sich durch den Mord am Mörder seiner Frau mit diesem auf eine Stufe zu stellen, außerhalb des Gesetzes (auch wenn in Brasilien die Korruption blüht, so bin ich doch sicher, dass Mord dort – egal aus welchem Grund – ungesetzlich ist). Analog zu dem oben genannten Beispiel aus 24 kann ich mir vorstellen, dass solche Episoden bei manchen Zuschauern den Eindruck hinterlassen, Selbstjustiz wäre in Ordnung. Von der äußerst einseitigen Darstellung der Zustände in Brasilien mal ganz abgesehen.

Was letzteres betrifft, so könnte man fast sagen: „Ein Esel nennt den anderen Langohr.“ Denn auch das amerikanische Rechtssystem kommt nicht so gut weg. Alles ist durchwoben mit Politik, Sheriffs und Staatsanwälte, die kein Interesse an einer sorgfältigen Aufklärung eines Verbrechens haben, sondern sich nur um ihre Wiederwahl sorgen. Sollte diese Zustandsbeschreibung der USA auch nur zu einem kleinen Teil gerecht werden, wäre hier wohl dringend geboten, etwas grundlegend zu ändern.

Und noch ein Punkt ist mir negativ aufgefallen: Die steigende Tendenz, die Hauptfiguren der Serie in prekäre Situationen zu bringen. Sheldon Hawkes muss sich wegen eines Mordes verantworten, den er nicht begangen hat. Stella Bonasera wird von Scotty Valens verdächtigt, weil man ihr Blut an einem Tatort gefunden hat. Mac Taylor wird vorgeworfen, er habe einen Tatverdächtigen vom Dach eines Hauses gestoßen. Natalia Boavista und Maxine Valera werden des Mordes verdächtigt. Erik Delko wird erst verklagt und dann angeschossen. Und Ryan Wolfe wird fristlos entlassen. Nun, natürlich ist letzterer an seiner Situation nicht ganz unschuldig, aber darum geht es nicht – es geht ums Schreiben. Denn schließlich hat irgendein Autor die Idee gehabt, dass es doch ganz toll wäre, Wolfe in diese Situation zu bringen. Doch was soll diese Häufung von persönlichen Extremschicksalen? In den ersten Staffeln hat das Prinzip der Serien doch trotzdem funktioniert, als man sich auf die klassische „Wer war der Täter?“-Variante verlassen hat. Das ist doch eigentlich auch der Kern dieser Serien: Crime Scene Investigation – Tatortermittlung. Natürlich gehört das Privatleben der Hauptfiguren mit dazu, aber da wurde in letzter Zeit meiner Ansicht nach eine Schippe zu viel aufgelegt. Es gibt ja eigentlich niemanden, gerade bei den beiden Serien, der nicht irgendein schwerwiegendes privates Trauma hinter sich hat: Mac Taylor verlor seine Frau beim Zusammensturz des World Trade Center, Danny Messer wurde als Kind missbraucht, Sheldon Hawkes kam mit dem Tod von einem Patienten nicht klar und wechselte deswegen in die Pathologie, Lindsay Monroe beobachtete den Mord an ihren Freundinnen… und wer noch kein Trauma hat, der kriegt eins, wie etwa Stella Bonasera, die von einem Ex-Freund verprügelt wird, der sich als gemeingefährlicher Stalker herausstellt.

Das Fazit: Es gab gute Episoden, aber mit dem Drama ist es für meinen Geschmack eindeutig übertrieben worden. Und falls jetzt jemand meint, dass man die Figuren in solchen Serien natürlich interessant gestalten müsse, so kann ich nur sagen: Ja – aber kann man eine Figur nicht auch interessant gestalten, ohne dass sie gleich als Kind missbraucht wurde? Vor allem wenn eine solche Häufung auftritt, wird es irgendwann einfach zu viel. Fast hat es den Anschein, als ginge es darum, wer wohl am meisten traumatisiert ist.

So bleibt bei diesen Staffeln ein etwas merkwürdiger Beigeschmack, sowie die Hoffnung auf die nächsten, die ja – wegen des Streiks der Drehbuchautoren – kürzer sein werden als normal. Ich bin gespannt, ob die Autoren das Geld, das sie nun mehr kriegen, wert sind.

Doctor Who und das plötzliche Ende

Ja, das war’s. ProSieben hat entschieden, dass die beiden Folgen der Serie „Doctor Who“, die am nächsten Samstag laufen, die vorerst letzten beiden sein sollen. Damit fällt auch die britische Kultserie dem derzeit im deutschen Fernsehen herrschenden Absetzwahn zum Opfer (RTL und SAT1 haben es bereits vorgemacht und ihrerseits einige Serien eingestellt). Ersatzprogramm für den Zeitreisenden sind Wiederholungen von „Desperate Housewifes“ und zwei Folgen „Die Simpsons“,  von denen damit 15 Folgen pro Woche laufen.
Quelle: DWDL, Fernsehlexikon

Doctor Who – Doktor Who – Doktor… wer?

Michael Reufsteck hat es nicht verstanden, wie er im „Fernsehlexikon“ selbst schreibt: Was ist dran an dem Hype um die britische Fernsehserie „Doctor Who“? Nun, könnte es einfach daran liegen, dass Geschmäcker nun mal verschieden sind und diese Serie nicht unbedingt Herrn Reufstecks Geschmack trifft? Und ein gewisses lückenhaftes Wissen um die Serie darf man ihm auch noch bescheinigen, denn Christopher Ecclestone, der in den neuen Folgen, die heute auf ProSieben anlaufen, die Hauptrolle spielt, ist nicht „ausgetauscht“ worden, er hat den Platz zur Überraschung vieler Beteiligter freiwillig nach nur einer Staffel geräumt (hier die allgemeine Beschreibung der Serie im Fernsehlexikon).

Es ist schwer zu erklären, vor allem, wenn jemand mit der Serie nichts anfangen kann: Was ist dran am „Doktor“? Es handelt sich um eine Science-Fiction-Serie, die ursprünglich mal einen Bildungsauftrag hatte, nämlich Kindern die Geschichte der Menschheit nahezubringen. Man dachte sich, das geht am Besten mit einem zeitreisenden Außerirdischen, der die jeweiligen Epochen direkt aufsuchen kann. Dass er sich in einer Notruf-Telefonzelle, wie sie in den 1960er Jahren in England an jeder Ecke standen, fortbewegt, war dem knappen Budget der Serie geschuldet, wurde aber im Lauf der Zeit Kult. Außerdem erkannten die Autoren, welche Möglichkeiten ihnen eine Serie mit einem Gerät verschafft, das sich sowohl in der Zeit als auch im Raum fortbewegen kann. Auf diesem Weg kamen die reinen Science-Fiction-Geschichten mit in die Serie.

Und hier liegt das Potential: der so genannte „Canon“ ist relativ frei. Ob es für eine Geschichte nun notwendig ist, dass die Erde explodiert oder gleich unser ganzes Sonnensystem – kein Problem, der Doktor reist eben ein paar Millionen Jahre in die Zukunft. In anderen Folgen werden Ereignisse aus der Geschichte aufgegriffen. So weilte der Doktor im Lager von Richard Löwenherz, als dieser Jerusalem belagerte und traf auch auf H. G. Wells, den Autor, der „Die Zeitmaschine“ schrieb (in der Serie wird natürlich angedeutet, dass Wells durch das Zusammentreffen mit dem Doktor zu dieser Geschichte inspiriert wurde).

Die Art der Geschichten ist dabei sehr facettenreich. Die Serie nimmt sich selbst nicht ganz Ernst, was vor allem in den neuen Folgen zu sehen ist (wie die Vorschau auf ProSieben in einem Ausschnitt so schön zeigt – Doktor: „Der Premierminister ist ein verkleideter Außerirdischer! – Das kauft mir niemand ab, oder?“ Wache: „Nein.“). Es gehören lustige Folgen dazu, ernstere, dramatische, und auch Folgen, die in ihrer Aussage beispielsweise guten Star-Trek-Episoden in nichts nachstehen. Wer sich dafür interessiert, die Geschichte der Serie habe ich schon in einem älteren Beitrag wiedergegeben: hier!

Stattdessen möchte ich an dieser Stelle meine Lieblingsepisode der klassischen Serie besprechen. Vielleicht kann der eine oder andere dann nachvollziehen, was zumindest ich an dieser Serie finde. Meine Lieblingsepisode ist „The Happiness Patrol“ (Deutsch: „Die Fröhlichkeits-Patrouille“). Erlebt haben sie Doktor Nummer 7 (Sylvester McCoy) und seine Begleiterin Ace (Sophie Aldred) im Jahr 1988. Der Doktor landet seine TARDIS auf der irdischen Kolonie Terra Alpha. Angeblich sind dort Leute spurlos verschwunden. Dort angekommen müssen die beiden feststellen, dass Terra Alpha von einer Diktatorin namens Helen A regiert wird. Diese hat in der Kolonie das Diktat der Fröhlichkeit ausgerufen. Es ist bei Strafe verboten traurig zu sein, weil Helen A das nicht mag. Jeder hat immer fröhlich zu sein, wer das nicht ist, wird von der „Happiness Patrol“ festgesetzt und dem „Kandy Man“ (einem aus Süßigkeiten bestehenden Lebewesen – ein wunderbarer Moment der Selbstironie der Serie) vorgeführt. Der Kandy Man behandelt die Gefangenen mit einer „Fondant Surprise“ – einem tödlichen Zuckergussüberzug.
In der Kolonie hat sich jedoch eine Untergrundbewegung gebildet. Die Menschen wollen nicht ständig fröhlich sein, es gibt Momente, da ist man eben traurig und man will es auch nicht unterdrücken. Der Doktor und Ace schließen sich der Untergrundbewegung an und machen die Rebellion mit. Die „Happiness Patrol“ wird außer Gefecht gesetzt und die Rebellen dringen über die Abwasserkanäle in Helen As Festung ein. Nachdem auch der Kandy Man ausgeschaltet wurde, lässt Helen A Fifi, ihr absolut tödliches Schoßtier, in die Kanäle, um die Rebellen zu zerfleischen. Doch diesen gelingt es, Fifi in eine Falle zu locken. Schließlich stellen sie die Diktatorin, die sich uneinsichtig zeigt: Es ist doch furchtbar, wenn Menschen traurig sind, es wäre viel besser, wenn alle immer fröhlich wären. Trauer braucht man nicht. Der Doktor beharrt darauf, dass die Fröhlichkeit, die auf Terra Alpha herrsche, nur Fassade sei. Wahre Fröhlichkeit, erklärt er, braucht Trauer als Ausgleich. Doch Helen A weigert sich, ihn anzuhören. In diesem Moment kriecht Fifi aus dem Abwasserkanal. Er ist tödlich verletzt und stirbt. Und überwältigt vom Tod ihres Schoßtiers fängt Helen A an zu weinen…

Diese Episode zeigt auch sehr schön, dass man ein wenig Fantasie mitbringen muss und sich beispielsweise nicht an dem Kandy Man oder – wie in der ersten Folge der neuen Serie – an lebendigen Schaufensterpuppen stören darf. Die Serie erhebt keinerlei Anspruch auf Realismus – und kommen Sie dem Doktor nicht mit „Zeitparadoxon“. „Das alles wird passieren“, sagte der Doktor in der Folge „Battlefield“ zu Ace, „in meiner persönlichen Zukunft – die wiederum Ihre persönliche Vergangenheit sein könnte!“ Würde man, analog zu dem Werk „Die Physik von Star Trek“, ein Buch mit dem Titel „Die Physik von Doctor Who“ schreiben, kämen viele interessante Dinge drin vor – nur leider nichts, das mit unserer tatsächlichen Physik in Einklang zu bringen wäre. Darauf muss man sich einlassen, wenn man diese Serie anschaut.

Wenn man sich aber darauf einlässt, dann kann man sehr viel Spaß haben. Und ein Wunschtraum von mir ist es, dass die alten Folgen, die noch nicht synchronisiert wurden, dies noch werden und auf dem deutschen Markt verkauft werden. Vielleicht als Sammelwerk… Oder dass zumindest die bereits synchronisierten Folgen mit Colin Baker (Doktor Nr. 6), Sylvester McCoy (Nr. 7) und der Fernsehfilm mit Paul McGann, sowie das Special „The Five Doctors“ mal wieder gezeigt werden. Oder vielleicht auf DVD… na ja, man ist ja bescheiden.

Doctor Who: Ab heute als Doppelfolge Samstags auf ProSieben.