Das iTeam – Aus die Maus!

So schnell kann es gehen. Da wollte ich noch die dritte Folge abwarten, um quasi zur „Halbzeit“ eine differenziertere Rezension der deutschen Variante der englischen Serie „THE IT CROWD“ mit dem Titel „Das iTeam – Die Jungs an der Maus“ zu geben, doch zu spät: Aus die Maus, könnte man sagen, die Serie wurde mangels Quote abgesetzt. Abgesetzt zu werden, das ist schon bitter, aber noch bitterer ist es, wenn man durch Wiederholungen von „Hausmeister Krause“ ersetzt wird (Meldung dazu hier).

Gut, dann also meine Rezension anhand der ersten zwei Folgen „Brötchen vom Vortag“ und „Stressige Zeiten“ (Originaltitel: „Yesterday’s Jam“ und „Calamity Jen“). Bevor ich mich allerdings den deutschen Folgen widme, noch eine Bemerkung: Ich gehöre zu den Menschen, die „THE IT CROWD“ schon vorher im Original kannten – und ich habe selten so gelacht. Es ist britisch, zweifellos, aber genial geschrieben und mit Sachverstand umgesetzt. Auch weil einige Gags in meinen Augen sehr schwer umzusetzen waren, war ich neugierig auf die „German Version“.

Leider war schon mein erster Eindruck nicht der Beste. Zwar hat man die Episoden eingedeutscht, doch offenbar hat keiner der Darsteller die Originalfassung gesehen. Und der einzige, der in meinen Augen das ganze trotzdem hingekriegt hat, war Sky Du Mont. Er spielt Oswald Bornholm (im Original Denholm Reynholm), einen leicht durchgedrehten Firmenchef, der dazu imstande ist, eben mal eine ganze Abteilung zu entlassen, weil sie nicht als Team arbeitet. Die Figur ist im Original anders angelegt als Du Mont sie letztlich spielt, aber immerhin hat man bei ihm nicht permanent den Eindruck, man beobachte einen Schauspieler, der so tut, als sei er eine Figur. Das Problem hatte ich nämlich bei den beiden  Leuten von der IT-Abteilung Gabriel (Original: Maurice Moss) und Tom (Original: Roy). In der englischen Fassung nimmt man den Darstellern Richard Ayoade und Chris O’Dowd ihr Spiel ab, man könnte glauben, da sitzen wirklich zwei „Nerds“ in ihrem Büro. Bei ihren deutschen Kollegen Stefan Puntigamer und Sebastian Münster war die Darstellung so übertrieben gekünstelt, dass es störte. Wie ich sagte, ich war nicht überzeugt und hatte die ganze Zeit den Eindruck, ich sah zwei Schauspielern zu, die so tun, als wären sie „Nerds“. Britta Horn als Sandy (Original: Jen Barber) war irgendwo zwischen den beiden und Sky Du Mont von ihrer Leistung her.  In der zweiten Folge war eine ganz leichte aber nicht ausreichende Besserung zu erkennen und Du Mont endgültig in seiner Interpretation der Rolle angekommen. Das rettete die Serie aber trotzdem nicht.

Was dann noch hinzu kam, war die teilweise katastrophale Übertragung der Original-Drehbücher. Entsprechende Schelte erhielt die Serie dann auch im SAT1-Forum. Schon der Titel der Folge 1, „Brötchen vom Vortag“, ein Versuch, die vermeintliche Übersetzung des englischen „Yesterday’s Jam“ mit „Marmelade von Gestern“ in eine Form zu bringen, die für Deutsche nicht fremdartig klingt, brachte den Autoren große Häme ein: mit „jam“ sei mitnichten „Marmelade“ gemeint, sondern der „Papierstau“ (was auch insofern logischer klingt, als Roy den Begriff „yesterday’s jam“ im Zusammenhang mit der Reparatur eines Druckers verwendet). Schon der erste Gag geht dann gepflegt in die Hose, der darauf aufbaut, dass man zuerst ein an der Wand hängendes Bild des Chefs sieht, der vor sich hinstarrt, die Kamera zurückfährt, bis man den Chef selbst sieht, der genauso dasitzt wie auf dem Bild und vor sich hinstarrt (bzw. auf sein Gegenüber). Beim „iTeam“ wurde hier schlicht der falsche Kamerawinkel verwendet.

Dass man in der Firma laut ihrem Chef im Original „nicht viel arbeitet hauptsächlich Affairen“ hat, wurde aus der deutschen Version genauso gestrichen wie die Lieferung der zwei Harry-Potter-Bücher. Moss erhält diese, es handelt sich um die „normale“ Version des neuesten „Harry Potter“ und die „Kinderversion“ und er will beide miteinander vergleichen und die Stellen anstreichen, die geändert wurden. Sein deutsches Pendant Gabriel vergleicht stattdessen das aktuelle Telefonbuch mit dem Telefonbuch vom Vorjahr. Ein Computerfreak liest… ein Telefonbuch? Im Internet-Zeitalter? Da kann man nur einen Ausruf von Roy am Telefon wiedergeben: „I’m sorry – ARE YOU FROM THE PAST?“ Und bevor jemand in den Kommentaren motzt: „Mach’s doch besser!“, hier mein Vorschlag: Gabriel bekommt die neueste Version von „Herr der Ringe“ mit der neuen deutschen Übersetzung, die er mit der alten, klassischen vergleicht. Auch weitere, etliche gute Witze, die man gut hätte ins Deutsche übernehmen können, wurden einfach und scheinbar grundlos ausgelassen.

Das war auch der Grund, warum ich umso mehr auf Folge 2 gespannt war, denn dort gab es zwei für das Funktionieren der Episode wichtige Gags: „Made in Britain“ und „neue Notrufnummer“. Zuerst zur neuen Notrufnummer. Die Episode beginnt mit einem Fernsehspot, in dem eine alte Dame die Treppe herunterfällt, sich verletzt und den Notruf wählt. Eine Stimme verkündet, dass die alte Notrufnummer (in England 999) nicht mehr aktuell sei, man habe alles verbessert, bessere Rettungsfahrzeuge, schönere Fahrer und eine neue, ganz einfache Nummer: 0118 999 881 999 119 725…3. Der Hintergrund dieses Witzes ist ein Problem, das es in England gibt: Viele Leute verwechseln die englische Notrufnummer 999 mit der amerikanischen (911), da auch im englischen Fernsehen viele amerikanische Serien laufen. Es gab sogar die Überlegung, „911“ als zusätzliche Nummer einzuführen. Gleichzeitig verlangt aber die Europäische Union die Einrichtung der so genannten „Europäischen Notrufnummer 112“. Dass also in England womöglich bald drei Nummern – 999, 911 und 112 – zum Notruf führen, wird damit parodiert. In Deutschland existiert das Problem natürlich nicht, denn zum einen klingen trotz vieler amerikanischer Serien 112 und 911 nicht so ähnlich wie 999 und 911 und 112 gibt es bei uns bereits als Notrufnummer. Gelöst wurde das Problem… gar nicht. „Vergessen Sie 112“, heißt es in der deutschen Version sogar, der Gag mit den „schöneren Fahrern“ wurde gleich ganz weggelassen, und ansonsten auch die „neue Nummer“ präsentiert.

„Made in Britain“ kommt an zwei wesentlichen Stellen vor als Erklärung, warum etwas nicht richtig funktioniert. Als der Lötkolben im IT-Büro in Flammen aufgeht und Moss ihn löschen will, fängt der Löscher selbst zu brennen an. Als Moss nachsieht, findet er das Etikett „Made in Britain“ auf dem Löscher. Und als am Ende die Stress-Maschine, mit der Reynholm Jen testet, nicht funktioniert, ist ein solches Etikett auch da die Erklärung. Gelöst wurde das Problem… gar nicht. Es wurde einfach weggelassen, sowohl beim Feuerlöscher als auch bei der Maschine. Gut, mit „Made in Germany“ hätte das nicht funktioniert, weil es nicht witzig gewesen wäre (anders als „Made in Britain“, das offenbar wirklich kein Gütesiegel ist), aber man hätte bestimmt ein Land aus Fernost nehmen können, wo es gepasst hätte.

Auch in der zweiten Episode wurde übrigens ein „Chef-Gag“ völlig versemmelt: War es in der ersten Folge noch die falsche Perspektive, so war es hier „zuviel des Guten“. Im Original ruft Reynholm eine Versammlung ein, weil er dem Stress den Krieg erklärt hat. Man sieht zunächst nur sein Gesicht, und als er plötzlich in der Totalen zu sehen ist, erkennt man, dass er einen engen Radlerdress trägt (er lässt sich dann darüber aus, dass er den Stress bekämpft, indem er jeden Tag mit dem Rad ins Büro fährt). Im Deutschen trägt Sky Du Mont auch noch einen Radhelm, damit ist die Pointe bei der Nahaufnahme bereits im Eimer. Und auch sonst sind ohne Not wieder einige sehr gute Gags einfach fallengelassen worden. Zwei Beispiele: Als es im Büro brennt, erinnert sich Moss aus lauter Panik nicht mehr an die Notrufnummer (0118 999 881 999 119 725…3) und schreibt eine eMail. In der deutschen Version wird der Witz mit der eMail gekürzt (Moss schreibt zuerst sehr formell: „Sehr geehrte Damen und Herren, ich schreibe Ihnen hiermit, um sie zu informieren, dass ein Feuer ausgebrochen ist…“, dann löscht er es wieder und schreibt: „Sehr geehrte Damen und Herren, Feuer – Ausrufezeichen! Feuer – Ausrufezeichen!“ Und als Roy/Tom am Ende der Episode eine große Wunde im Oberschenkel hat, die ihm der Absatz von Jens/Sandys Schuh beigebracht hat und es im Büro immer noch brennt, sagt Roy, bevor er umkippt: „Ich weiß nicht, ob es an dem Blutverlust liegt oder an den Giftstoffen durch das geschmolzene Plastik, aber ich fühle mich irgendwie komisch.“ Tom kippt wortlos um.

Über die Übersetzung des Titels „Stressige Zeiten“ lässt sich eigentlich nichts sagen, da sich das Original „Calamity Jen“ auf die Westernlegende „Calamity Jane“ bezieht, die zwar hierzulande auch in einem Lucky-Luke-Abenteuer auftaucht, aber ansonsten, fürchte ich, nicht sonderlich bekannt ist.

Resümierend kann man sagen, eigentlich ist es kein Wunder, dass die Serie keine gute Quote brachte. Auch wenn man das Original nicht kennt, kann die Kopie doch nicht überzeugen. Und wenn man das Original kennt, kann die Kopie gleich zweimal nicht überzeugen.

Ach, da fällt mir noch eine alternative Variante für eine deutsche Übertragung des „Harry-Potter-Buchvergleich“-Witz: Gabriel bekommt zwei DVDs geliefert, eine mit der Gesamtedition der ersten Staffel von „THE IT CROWD“, die andere mit der ersten Staffel von „Das iTeam – Die Jungs an der Maus“. Und dann Gabriels Kommentar: „Ich werde mir beide DVDs anschauen und dann in einem Blog darüber schreiben, welche Gags sie im Deutschen verändert oder ausgelassen haben!“

Postscriptum: Graham Lineham, der das Konzept des Originals erarbeitet hat, gibt hier ein kurzes Statement zum iTeam und reflektiert hier im Zusammenhang mit der Meldung, dass es vermutlich keine US-Variante geben wird darüber, was man in der englischen Serie hätte besser machen können.

Nachtrag: Es hat sich tatsächlich jemand die Mühe gemacht, ein Vergleichsvideo zwischen „IT CROWD“ und „iTeam“ zu produzieren und bei YouTube einzustellen: siehe hier! Dabei musste ich feststellen, dass ich leider einen Fehler in den Artikel eingebaut habe, weil ich prompt englische und deutsche Variante durcheinander geworfen habe. Bei dem Gag mit den Harry-Potter-Büchern will Moss im Original nicht die Unterschiede anstreichen, sondern er will kontrollieren, ob es keinen Unterschied im Text zwischen den beiden Versionen gibt.

Unwort des Jahres: „Herdprämie“

Zum Unwort des Jahres 2007 ist der Begiff „Herdprämie“gewählt worden. Das Wort diffamiert Eltern, insbesondere Frauen, die ihre Kinder zu Hause erziehen, anstatt einen Krippenplatz in Anspruch zu nehmen. Inzwischen gibt es ein ganzes Wortfeld, das die Diffamierungabsicht ebenfalls deutlich werden lässt. Dazu gehören unter anderem die Varianten „Aufzuchtprämie“, „Gluckengehalt“ und „Schnapsgeld“.

Auf Platz 2 setzte die Jury das Wort „klimaneutral“. Kritisiert wird der Versuch, mit diesem Begriff für eine Ausweitung des Flugverkehrs oder eine Steigerung anderer CO2-haltiger Techniken zu werben, ohne dass dabei deutlich wird, wie diese Klimabelastungen „neutralisiert“ werden sollen.

Platz 3 nimmt nach der Entscheidung der Jury die Formulierung von Kardinal Meisner (Köln) ein, wonach Kunst und Kultur „entartet“, wenn sie ihre religiöse Bindung verliert. „Entartete Kunst“ war ein NS-Schlüsselbegriff, mit dem missliebige Künstler und ihre Werke diffamiert und „beseitigt“ wurden.

Die Wahl eines „Unworts des Jahres“ erfolgte zum 17. Mal. Gegründet wurde diese sprachkritische Aktion 1991. Diesmal hatten sich 1.760 Einsenderinnen und Einsender aus dem In- und Ausland mit 969 verschiedenen Vorschlägen beteiligt. Dankenswerterweise konnten auch Ergebnisse separater Unwort-Sammlungen, u.a. seitens der „Main Post“ (Würzburg) und der „Ernst-Göbel-Schule“ in Höchst (Odenwald), einbezogen werden.

So vermeldet heute die Sprachaktion „Unwort des Jahres„. Und was soll ich sagen – ich war einer jener 1.760 Einsender eines Vorschlags. Nachdem ich mich in diesem Blog schon hier den Begriff „kreative Kündigungsgrund-Gestaltung“ zu meinem persönlichen Unwort erklärt hatte, kam ich auf den Gedanken, es angesichts immer mehr Seminaren, in denen Personalchefs diese „kreative Gestaltung“ von Kündigungsgründen lernen können, doch mal der offiziellen Jury vorzuschlagen. Ich erhielt sogar Antwort von Professor Dr. Schlosser, der sich nach der Quelle erkundigte und gerne mit seinen Mit-Juroren darüber beraten hätte. Leider ließ sich in aktuellen Prospekten das Wort in der Form nicht mehr ausmachen, sondern nur noch ausformuliert als „kreative Gestaltung von Kündigungsgründen“. Da das so nicht als Begriff zählt, konnte es trotz seiner Qualitäten als „Unwort-Formulierung“ leider nicht berücksichtigt werden.

Aber es war nett zu sehen, dass man mit einem ernsthaften Vorschlag und einer schlüssigen Begründung durchaus die Aufmerksamkeit der Jury erregen konnte. Ganz im Gegenteil übrigens zu der Aktion, das Wort „Kopftuchverbot“ dadurch zum „Unwort des Jahres“ erklären zu lassen, indem man eine Aufforderung verbreitete, möglichst viele Menschen sollen es der Jury vorschlagen. Denn das Unwort wird ja nicht nach der Menge der Einsendungen ausgewählt, sondern nach sprachlichen Besonderheiten bewertet. „Kopftuchverbot“ sei zwar, so schreibt Prof. Dr. Schlosser, ein Unding, aber kein Unwort. Bei der Aktion geht es schließlich um Begriffe, die sprachliche Herabwürdigungen beinhalten oder einen drastischen Vorgang in harmlose Worte kleiden, um ihn zu beschönigen. „Kopftuchverbot“ ist genau das, was der Begriff aussagt: das Verbot, Kopftücher zu tragen. „Kreative Kündigungsgrund-Gestaltung“ beispielsweise redet die Tatsache schön, dass es hier darum geht, unliebsame Arbeitnehmer loszuwerden, indem man einen Grund für deren Kündigung schafft. „Sozialverträgliches Frühableben“, das Unwort von 1998, versucht blumig zu vermitteln, dass es für die Sozialkassen besser ist, wenn ein Mensch früher stirbt, weil er zwar in die Kassen eingezahlt hat, aber kaum etwas oder gar nicht herauskriegt. „Humankapital“ von 2004 reduziert Menschen nur noch auf ihre Arbeitskraft, alles andere zählt nicht.

Darum geht es beim „Unwort des Jahres“. Also, wem schon mal so ein Unwort über den Weg gelaufen ist, der kann es auf der Webseite der Aktion vorschlagen. Am besten ist es, das weiß ich jetzt auch, wenn man gleich die Quelle festhält. Vor allem, wenn es so ein Vorschlag ist, wie meiner. Aber es zeigt deutlich, dass es egal ist, ob nun Hunderte ein Wort vorschlagen oder nur ein Einzelner – wenn es die Qualität zum Unwort hat, wird es auch berücksichtigt.

Schöne Worte umschreiben eben nicht immer eine schöne Sache.

Die Aktion: www.unwortdesjahres.org

Nachtrag: Im Bericht der Tagesschau über das Unwort (siehe hier) wird erwähnt, dass die Mehrzahl der Besucher der Webseite tagesschau.de für „Vorratsdatenspeicherung“ gestimmt hatte, aber auch hier wird ein wichtiges Kriterium zum „Unwort“ nicht erreicht: der Begriff verschleiert nichts. „Vorratsdatenspeicherung“ ist genau das, was das Wort aussagt: die Speicherung von Daten auf Vorrat. Oder um Professor Schlossers Worte auszuleihen: „Vorratsdatenspeicherung“ mag ein Unding sein, ein Unwort ist es jedoch nicht.

[Dieser Beitrag enthält Teile der offiziellen Medienmitteilung der Aktion „Unwort des Jahres 2007“, verfasst von Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser, Sprecher der Jury]

Armselig, Jämmerlich und Mitleiderregend

Gestern geschah’s, als ich ob der hereinbrechenden Nacht und der sie begleitenden Dunkelheit mich anschickte, für gemütliche Beleuchtung zu sorgen und eine Kerze entzündete. Sodann nahm ich eine Flasche meines Lieblingsgestränks, füllte mein Glas auf und setzte mich, um mich der Lektüre eines Buches zu widmen. Ich hatte den ersten Satze noch nicht vollendet, als ich leise, aber dennoch deutliche Stimmen vernahm.

„Ei!“, sagte die eine Stimme. „Schaut nur, er hat ein Lichtlein angezündet!“

„Ha!“, sagte die zweite. „Lasst uns näher herangehen!“

„Nun!“, sagte eine dritte. „Das ist doch mal eine angenehme Überraschung.“

Ich senkte das Buch, legte dabei meinen Zeigefinger zwischen die Seiten, um nicht zu verlieren, wo ich bereits gewesen war, und sah auf. Wie erschrak ich, als ich bei der großen Kerze, der ich noch vor wenigen Minuten den Docht entzündet hatte, drei kleine Gestalten sah, die die nämliche Flamme schwebend umkreisten. Und wie sahen sie aus! Kaum größer als meine Hand und gekleidet in weite, bunte Gewänder.

„Hallo?“, fragte ich vorsichtig in Richtung der Kerze, meinen Sinnen kaum vertrauend. Hat man jemals gehört, dass jemand eine solche Begegnung hatte?

„He!“, sagte einer der drei. „Er hat uns bemerkt.“

„Ja!“, ergänzte der nächste. „Wir waren ja auch laut genug.“

„Na!“, meinte der dritte. „Wir haben’s etwas an Höflichkeit fehlen lassen.“

Nunmehr erhob ich mich von meiner Sitzgelegenheit und ging auf die Kerze zu, die auf einem kleinen Beistelltisch stand. So vorsichtig bewegte ich mich, als befände sich dort ein scheues Tier, das einzufangen ich die Absicht hätte. Meine Gefühle waren eine Mischung aus Schrecken und Neugier. Ein Teil von mir konnte sich schwerlich vorstellen, dass diese kleinen Kreaturen, was auch immer sie waren, gefährlich sein konnten. Doch ein anderer Teil von mir gemahnte mich, nicht zu vorschnell zu handeln und mich von den Augen täuschen zu lassen.

So also näherte ich mich, meine Besucher nicht aus den Augen lassend. Und auch sie hatten mich mit ihren Blicken fixiert, wenngleich auf allen drei Gesichtern ein breites Lächeln zu sehen war. Auf meinem eher nicht, die Anspannung stand hineingeschrieben und nervös bewegte ich den Kiefer, wobei meine Zahnreihen aufeinander schabten. Endlich war ich bis auf einen Schritt an besagten Beistelltisch herangekommen. Passiert war bis dahin weiter nichts.

„Guten Abend“, erbot ich schließlich, „eine späte Stunde habt Ihr Euch für Euren Besuch ausgesucht.“

„Ho!“, sagte der erste. „Späte Stunde ist richtig, Besuch auch, aber aussuchen, das nicht.“

„Hi!“, bestätigte der zweite. „Er glaubt, wir wären aus freien Stücken hier.“

„Hu!“, amüsierte sich der dritte. „Obwohl wir’s diesmal gut getroffen haben.“

„Darf ich den fragen“, versuchte ich vorsichtig auszukundschaften, „mit wem ich’s zu tun habe?“

„Mein Name ist Armselig!“, rief der erste.

„Meiner ist Jämmerlich!“, erklärte der zweite.

„Meiner ist Mitleiderregend!“, ergänzte der dritte.

Ich verstand nicht sofort. Zunächst glaubte ich, meine drei Besucher wollten mit ihren Namen nicht herausrücken, weil sie für fremde Ohren so merkwürdig klängen. Doch mit einem Mal fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Das waren ihre Namen! Armselig, Jämmerlich und Mitleiderregend.

„So seht ihr aber gar nicht aus“, versuchte ich etwas Konversation zu betreiben. Mein Versuch entlockte den dreien ein lauthalses Kichern.

„Ah!“, bemerkte Armselig. „Wir haben’s wirklich gut getroffen!“

„Oh!“, stellte Jämmerlich fest. „Dabei hatten wir schon Bedenken!“

„Uh!“, fügte Mitleiderregend an. „Wir konnten ja nur von nichts Gutem ausgehen!“

Da kicherten sie wieder. Und als sie sich beruhigt hatten, sahen sie sich offenbar genötigt, das Kompliment zurückzugeben.

„Du siehst auch nicht so aus! Gar nicht armselig.“

„Nein, Du siehst wirklich nicht so aus! Gar nicht jämmerlich.“

„Gewiss nicht, so siehst Du nicht aus! Gar nicht Mitleid erregend.“

Nunmehr kniete ich mich auf den Boden neben den kleinen Beistelltisch. Auf diese Weise war ich mit meinem Gesicht auf einer Höhe mit der Flamme und den drei seltsamen Gestalten. So nahm ich einen weiteren Anlauf.

„Und, warum seid Ihr hier?“, fragte ich geradheraus.

„Du musst wissen“, antwortete mir Armselig, „dass wir Wortgeister sind!“

„Du sollst erfahren“, gab Jämmerlich an, „dass wir auf Reisen geschickt werden von einem Menschen zu einem anderen.“

„Du wirst hören“, vervollständigte Mitleiderregend, „dass wir von einem anderen Menschen zu Dir geschickt wurden.“

Wortgeister! Ein kühner Gedanke kam mir. Jemand hatte sie auf Reisen geschickt, dass bedeutete, dass irgendwo ein Mensch mich mit den Worten, die ihre Namen bildeten, bedacht hatte. Jemand schien ärgerlich zu sein, und der Grund dafür war wohl ich. Verwundert fragte ich die Erscheinungen, wer denn sowas hätte tun sollen, und in ihrer eigentümlichen Weise gaben sie mir bereitwillig Antwort. Als ich jedoch den Namen desjenigen hörte, der diese unfreundlichen Worte – und damit die Wortgeister – auf die Reise geschickt hatte, da verfiel ich in tiefes Grübeln. Den alten Zacharias hatte ich seit mindestens fünf, nein, sieben Jahren nicht mehr gesehen. Möglicherweise waren’s auch mehr, das wusste ich in dem Moment nicht. Es war lange her, und ich hatte damit abgeschlossen. Nun gut, die Art, wie wir nach einer Freundschaft getrennte Wege gegangen waren, war nicht sonderlich freundlich gewesen. Im Gegenteil, wir hatten eine Meinungsverschiedenheit gehabt. Doch an ein Beilegen selbiger war nicht zu denken, denn er hatte verlangt, ich sollte zugeben, im völligen Unrecht zu sein und mich bei ihm entschuldigen. Das konnte ich nicht, denn meiner Meinung nach war ich nicht im Unrecht, aber ich war Willens und bereit gewesen, zu akzeptieren, dass er eine andere Meinung hatte als ich. Selbiges war ihm aber nicht genug gewesen, und so spuckte er Gift und Galle und beschimpfte mich aufs Übelste. Unsere Wege trennten sich, und ich glaube, er hat es mir sehr übel genommen, dass ich nicht so tat, wie er gewollt hätte. Über die Jahre hatte ich damit abgeschlossen, wenngleich die Worte, die er zu mir gesagt hatte, wirklich übelster Art gewesen waren; aber man konnte ja nicht immer nur in der Vergangenheit leben, sondern musste sich letztlich auch der Zukunft zuwenden.
Ich erzählte den Wortgeistern die Geschichte mit ebendiesen Worten und fügte hinzu, dass es mir seltsam erschien, dass er nach so langer Zeit, in der wir uns völlig aus den Augen verloren hatten, noch einen Groll hegte.

„Ach!“, seufzte Armselig. „Der arme Groll!“

„Ach!“, seufzte auch Jämmerlich. „Sitzt in seinem Käfig und ist schon ganz fett, so sehr ist er gehegt worden!“

„Ach!“, seufzte sogar Mitleiderregend. „Bittet so sehr darum, dass es zu Ende sein möge und man ihn freiließe, doch sein Herr hört nicht!“

Das machte mich betroffen und ich überlegte, ob wir Menschen manchmal in unserer Eitelkeit schlichtweg übersehen, was wir dem Leben antun. Zugleich verwirrte mich sehr, was für kurzweilige Gesellen meine unfreiwilligen Gäste waren, waren sie doch aus einem Gefühl des Ärgers, der Wut oder gar des Zorns zu mir geschickt worden. Als ich meine Verwirrung in Worte fasste, schwebte Armselig zu mir herüber, so dass er direkt vor meinem Gesicht in der Luft stehenblieb.

„Ich will’s Dir erklären!“, bestimmte er. „Wenn Du einem Menschen gegenüberstehst, der ein Messer hat, so ist es doch ziemlich unerheblich, welche innere Einstellung Du zu dem Messer hast, nicht wahr?“

„Das kann man wohl sagen!“, mischte sich Jämmerlich ein, der auf einmal neben Armselig schwebte. „Es ist ganz unerheblich, ob Du glaubst, dass das Messer Dich verletzten könnte, oder nicht. Wenn der andere zusticht, wird es Dich verletzen, so oder so, oder?“

„Da braucht es keine großen Worte!“, sagte da Mitleiderregend, der mittlerweile zu seinen Freunden aufgeschlossen hatte. „Aber bei Worten ist das anders! Bei Worten ist es sogar ganz erheblich, welche innere Einstellung Du hast. Wenn Du es an Dich heranlässt, können Dich Wort genauso verletzen wie das Messer. Doch wenn Du Abstand hälst, ist selbst das giftigste Wort so harmlos wie eine Daune, na?“

„Und Ihr wollt sagen, weil ich zu der Sache bereits Abstand habe…“, begann ich, und die drei vervollständigten im Chor: „…sind wir keine boshaften Geister!“

Während sie sich nun wieder der Kerzenflamme zuwandten, sinnierte ich über das Tun der Menschen. Es war so schwer, zugleich aber auch so einleuchtend: Wenn ich dafür sorgte, dass ich innerlich Abstand zu einer Sache gewann, so konnte mich diese nicht mehr verletzen. Ja, fragte ich mich, wie sollte es denn sonst funktionieren? Niemand konnte mir das abnehmen, es war meine Aufgabe, den Käfig des Grolls zu öffnen und ihn laufenzulassen, anstatt ihn zu hegen, bis er rund und fett war. Und meine Gedanken gingen zum alten Zacharias, der vermutlich allein in der Finsternis seiner Wohnung saß und seine Grolle hegte. Vielleicht hatte er eine ganze Menagerie, von der er nicht lassen wollte.

Meine Besucher indessen hatten wohl meine Gedanken erraten, denn schon hatten Sie noch etwas zu erzählen.

„Weißt Du, warum Menschen das machen?“, fragte Armselig. „Sie schicken mit jedem schlechten Wort ein Stück ihres eigenen Schmerzes, ihrer eigenen Finsternis mit, in der Hoffnung, ihrer eigener Schmerz wird dadurch weniger.“

„Aber weißt Du, was stattdessen passiert?“, wollte Jämmerlich wissen. „Die Natur verabscheut das Vakuum. Sobald sie ein Stück aus ihrem Schmerz herausgetrennt haben, beginnt jener wieder zu wachsen, um die Lücke zu schließen. Und bald ist es schlimmer als zuvor.“

„Und weißt Du, was man tun muss?“, hakte Mitleiderregend nach. „Wenn der Schmerz weniger werden soll, musst Du selbst dafür sorgen, dass anderes an seine Stelle tritt. So kann keine Lücke entstehen, in die er wieder wachsen kann. Du musst den Schmerz wandeln in positive Empfindungen. Dann wird er abnehmen.“

Ich verstand. Und so seltsam es klang, ich verstand auch, dass manche Menschen diesen Weg eben nicht gehen. Denn es war viel einfacher, immer wieder kleine Stücke seines Schmerzes in Form von boshaften Worten zu versprühen, als sich dem langsamen Prozess der Wandlung hinzugeben.

„Du hast es schon geschafft“, unterbrach Armselig meine Gedanken. „Deswegen durften wir bei Dir in dieser Gestalt erscheinen. Und das hat uns sehr gefallen.“

„Denke daher immer an uns“, ergänzte Jämmerlich. „Hege deswegen keinen Groll gegen den alten Zacharias. Das hat der arme Groll nicht verdient.“

„Du ahnst nicht, wie oft der Alte uns schon auf den Weg geschickt hat“, vervollständigte Mitleiderregend. „Und viel zu oft mussten wir als böse Geister ein Unwesen treiben. Gelegenheiten wie diese sind viel zu selten.“

Und damit verabschiedeten sie sich von mir, um in der Zeitspanne eines Wimpernschlags genauso geheimnisvoll zu verschwinden, wie sie erschienen waren. Zurück blieb ich allein mit einer brennenden Kerze, einem vollen Glas und einem Buch, das ich noch immer in der Hand hielt. Während ich mich erhob und zu meiner Sitzgelegenheit zurückkehrte, versuchte ich im Gedanken zu rekapitulieren, was für ein Tag wohl war, denn ich fragte mich, welchen besonderen Anlass der alte Zacharias gehabt haben könnte, mir ausgerechnet heute die Wortgeister zu schicken. Doch so sehr ich mir auch das Gehirn zermarterte, ich kam zu keinem Ergebnis. Nur zu dem, dass jemand, der einen Groll über lange Zeit hegte, keinen besonderen Anlass brauchte, um boshafte Worte an einen anderen Menschen zu schicken.

Nur Schmerz.

„Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“

Auch wenn Björn-Hergen schimpfen wird, man muss doch mal Ross und Reiter nennen dürfen! Und das möglichst, bevor das „F.B.I.“, die „Freunde Bata Ilics“, eingreifen. Stellt sich nur die Frage, was ruft ein Beo, der in einem Käfig mit lauter Kanarienvögeln eingesperrt ist? „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“

Auf ähnlichem Niveau bewegten sich gestern die Kalauer, die Dirk Bach und Sonja Zietlow in ihre Moderationstexte geschrieben wurden, für den Auftakt einer neuen Staffel „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“ Stefan Niggemeier hat live mitgebloggt und User haben live Kommentare abgegeben (im Blog vom Fernsehlexikon hier). Das Resümee, das er zieht, ist so interessant wie einleuchtend: Was kann man als Kritiker eigentlich groß sagen, wenn das Konzept der Schadenfreude ganz unverhohlen von vornherein Bestandteil der Sendung ist? Und wenn die Teilnehmer an diesem Dschungelcamp das alles freiwillig über sich ergehen lassen, weil sie sich davon „den großen PR-Effekt“ erhoffen? Nein, das ist kein Fernsehen mit hohem Anspruch auf Kultur oder ähnlichem, das ist „Boshaft TV“. Es spricht eine Seite in uns an, über die wir alle nicht gern reden, die aber vorhanden ist. Und da fordert die Sendung vom Zuschauer das Maximum an Eigenverantwortung ab: Wenn es mir nicht gefällt, weil mir die Leute doch leid tun, dann darf ich die Sendung einfach nicht anschauen. Punkt. Fertig ist der Lack! Sich darüber echauffieren, was die Bewohner des Dschungels alles erleiden müssen, bringt doch nichts – sie tun es zum einen freiwillig, und zum anderen gab es schon zwei Staffeln der Sendung. Niemand kann also sagen, er habe nicht gewusst, auf was er sich da einließe. Und wenn es mir gefällt, dann schaue ich es weiter an, weil ich unbedingt wissen will, wer denn am Schluss gewinnt – und ich kann dazu stehen (wie Stefan Niggemeier) oder nicht. Der Effekt ist im Grunde der gleiche, wie bei den Teilnehmern: Auch wir, die Zuschauer, wissen doch im Voraus, worauf diese Sendung abzielt. Es braucht also niemand, der sie sich anschaut, überrascht zu tun.

Zum Schluss eine Notiz am Rande: Als die erste Staffel „Big Brother“ anfing, wurde sich auch von im Vorfeld echauffiert. Unter anderem sagte jemand, die Sendung könne nicht einmal als „Sozialexperiment“ durchgehen, denn die Leute dort wüssten ja, dass sie 24 Stunden am Tag von Kameras beobachtet würden und würden sich nicht natürlich verhalten. Nun, mal ganz davon abgesehen, dass es rechtlich nicht möglich ist, ein solches „Sozialexperiment“ unter realen Bedingungen durchzuführen, denn dazu müssten ja irgendwelche Leute ohne ihr Einverständnis heimlich beobachtet werden, kann man auch sagen, dass „Big Brohter“ – und später auch „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ – diese Aussage widerlegt haben. Offenbar scheinen die Leute nach einiger Zeit zu vergessen, dass sie beobachtet werden, denn das Ränkeschmieden und Lästern lief schließlich – man denke nur an Caroline Beil, die schließlich von Sonja Zietlow in ihren Moderationen nur noch als „Hacke-Beilchen“ bezeichnet wurde – wie im echten Leben auch. Wer also möchte, kann in „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ ein Sozialexperiment sehen und dem ganzen beiwohnen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Oder wollten wir nicht schon immer mal wissen, wie das Seelenleben von Julia Biedermann, Bata Ilic, Michaela Schaffrath, Ross Antony (wer ist das?) und all den anderen aussieht?

Nein? Sowas… dann ist es wohl doch der andere Grund, warum diese Sendung gesehen wird… 😀

CSI: Ein Blick auf die vergangenen Wochen

Nachdem ich in letzter Zeit nicht so ganz bereit war, meine Rezensionen über die „CSI“-Serien fortzusetzen, folgt heute mal ein längerer Überblick. Habe ich eigentlich schon erwähnt, warum ich mit der Serie „Crossing Jordan“ nie so richtig warm geworden bin? Weil „Crossing Jordan“ ein Konzept ist, das „auch eine Krimi-Serie“ ist. Die Betonung liegt dabei auf dem „auch“, denn der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig bei den Figuren, ihrem Privatleben, ihren Problemen. Die Krimihandlung ist dabei eben „auch“ mit dabei. Natürlich ist es nicht so, dass „CSI“ (ganz besonders „CSI: Miami“) gar keinen Wert auf den Hintergrund der Charaktere und ihr Leben legt. Aber die Mischung war für meinen Geschmack besser getroffen. Es ist eben eine moderne Krimiserie, und der „Krimi“ steht eigentlich im Vordergrund.

Haben Sie’s gemerkt? Ich habe in dem letzten Satz eine Einschränkung gemacht, indem ich das Wort „eigentlich“ benutzte. Denn damit möchte ich schon auf das zu sprechen kommen, was mir bei allen drei „CSI“-Serien in den letzten Wochen aufgefallen ist, das Gleichgewicht scheint sich mehr hin zum „persönlichen Drama“ á la „Crossing Jordan“ zu verschieben.

Beginnen wir mit „CSI“: Die Beziehung zwischen Grissom und Sarah Sidle läuft eigentlich genau so ab, wie man sie sich bei einem Mann von Gils Kaliber vorstellen würde. Doch anderswo geht es Schlag auf Schlag, und das in des Wortes wahrster Bedeutung: Nachdem in der vorigen Staffel Jim Brass angeschossen wurde, gerät Greg Sanders in eine Gruppe, die gerade einen Mann zusammenschlägt. Er greift ein und überfährt einen der Schläger mit seinem Dienstwagen, wird selbst krankenhausreif geprügelt, kommt vor Gericht und wird schließlich von der Familie des Schlägers, den er überfahren, verklagt. Gil Grissom nimmt eine Auszeit, für ihn kommt ein zeitweiser Ersatz: Michael Keppler. Doch der scheint ein schwerwiegendes Problem zu haben, da er ab und zu Stimmen hört… Nicht zu vergessen der Fall des „Miniaturenmörders“, der sich über mehrere der bisher ausgestrahlten Folgen hinzog und – da die Staffel im deutschen Fernsehen noch nicht vollständig gelaufen ist – noch eine Überraschung parat hält.

In „CSI: Miami“ geht es noch etwas mehr zur Sache mit dem Persönlichen: Nachdem Horatios Caines Frau in der letzten Folge der vorigen Staffel ermordet wurde, fliegen er und Eric Delko nach Brasilien, wo Caines Bruder stirbt. Natalia Boavista, die „Neue“, erleidet gleich mehrere Schicksalsschläge: Ihr Mann, von dem sie sich trennte, da er sie geschlagen hat, kommt nach Miami und verdingt sich als „Tatort-Reiniger“, was bedeutet, dass sie beruflich mit ihm häufiger zu tun hat; als sie einmal kurz ausflippt und ihn von sich wegstößt, erwirkt er eine Verfügung gegen sie, wonach sie sich ihm nicht mehr nähern darf (und sich damit von jedem Tatort, an den er auch kommt, entfernen muss), dann wird ihre Schwester entführt und letztlich wird sie fälschlicherweise des Mordes an ihrem Ex-Mann beschuldigt. Eric Delko ist auch nicht besser dran: Er fällt auf den Trick eines Betrügerpärchens rein, im Glauben, eine Frau vor ihrem prügelnden Mann zu beschützen, schlägt er jenen nieder und wird angezeigt. Da er keine Möglichkeit sieht, gegen die Sache vorzugehen, gibt er klein bei und zahlt eine gewaltige Strafe. Und als wäre das und der Verlust seiner Schwester (Caines Frau) nicht genug, wird er auch noch angeschossen, überlebt schwer verletzt, aber mit einer Amnesie: er weiß nicht mehr, dass seine Schwester tot ist.

War es da bei „CSI: NY“ ruhiger? Nein. Mac Taylors Beziehung mit Peyton Driscoll wird auf eine harte Probe gestellt, da Mac diese lieber geheimhalten möchte und der Sohn seiner toten Frau, den sie zur Adoption freigegeben hatte, taucht unerwartet auf. Sheldon Hawkes muss sich mit seiner Vergangenheit konfrontieren und wir erfahren, dass er ein begabter Chirurg war, der durch den Tod von zwei Patienten in die Pathologie wechselte; außerdem wird er fälschlich eines Mordes bezichtigt, weil der wahre Anstifter den Tatort entsprechend manipuliert hat. Don Flack muss – nach einer Episode in einer früheren Staffel – bereits zum zweiten Mal einen Kollegen aus dem Revier eines Verbrechens überführen. Zarte Gefühle zeichnen sich auch zwischen Danny Messer und Lindsay Monroe ab, doch letztere schreckt zurück. Der Grund wird klar, als sie einen Anruf erhält, dass sie zurück nach Montana kommen soll: Sie muss dort vor Gericht gegen einen Mann aussagen, der vor Jahren ein Massaker angerichtet hat, bei dem sie die einzige Überlebende war. Stella Bonsera schneidet sich an einem Tatort mit einer Scherbe, die mit dem Blut eines an Aids erkrankten Mordopfers bedeckt war. Die Furcht davor, sich angesteckt zu haben, beherrscht sie fortan.

Bilde ich mir das ein, oder waren die dramatischen Momente in früheren Staffel etwas dezenter gesetzt? Ich meine, nichts gegen gut geschriebene Charaktere, ihre Hintergrundgeschichte und ihre Entwicklung – aber das wird ja langsam schon ein wenig viel. Und das, was ich beschrieben habe, betrifft „nur“ die Charaktere selber und hat eigentlich mit den Krimi-Handlungen nur am Rande zu tun. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass von allen drei Serien die Staffeln noch nicht vollständig ausgestrahlt wurden, es fehlen also noch einige Episoden (etwas weniger als die Hälfte der Staffel). Was mir vor allen Dingen negativ auffällt, ist die nicht gerade neue und fast schon inflationär benutzte Idee, Hauptfiguren in eine Situation zu bringen, in denen sie fälschlicherweise eines Verbrechens beschuldigt werden. Bei „CSI“ musste das in ähnlicher Weise schon Nick Stokes über sich ergehen lassen, nun haben beide anderen Serien nachgezogen. Und stets war die Konstellation die, das sich ein übereifriger Ermittler fand, dem es eine persönliche Freude zu sein schien, den Beschuldigten in die Pfanne zu hauen, während nur die Kollegen an dessen Unschuld glauben und letztlich die Wahrheit herausfinden.

Aber ich möchte nicht nur negative Kritik loswerden – alle drei Serien haben trotzdem ihre Stärken behalten und spannende Episoden. Mein persönlicher Höhepunkt aller drei Serien der derzeitigen Staffel ist allerdings bisher immer noch die Folge „Wachet auf“, die ich hier beschrieben habe. Allerdings bin ich bei „CSI: Miami“ gespannt, wie es jetzt weitergehen soll, denn die Episode, in der Eric Delko angeschossen wurde, wirkte schon so ein wenig wie ein Staffel-Finale.

Übrigens sind natürlich auch die „CSI“-Serien von dem Autorenstreik, der zurzeit in den USA herrscht, betroffen. Es kann also sein, dass die jeweils nächsten Staffeln, die in Deutschland Ende 2008 / Anfang 2009 ausgestrahlt werden sollen um einige Episoden gekürzt sind.

Einfache Lösungen für sehr komplizierte Probleme

„Es gibt keine einfachen Lösungen für sehr komplizierte Probleme. Man muss den Faden geduldig entwirren, damit er nicht reißt.“

Hartzlich willkommen im Jahr 2008 – und immer schön Kopf hoch! Eigentlich sollte es in diesem Beitrag relativ neutral um das Zitat gehen, das ich oben angestellt habe. Es kam dann aber anders. Was hat es damit auf sich? Nachdem das Jahr 2007 für mich persönlich und für das Phantastische Projekt nicht so gut gelaufen ist, hatte ich beschlossen, alle Arbeit ab November bis zum Jahresende erst einmal einzustellen. Das mag nun töricht klingen, aber ich wollte mit dem Jahreswechsel so eine Art neuen Startpunkt setzen (meine Gedanken dazu habe ich in dem Beitrag „Gedanken auf dem Friedhof – Anfang und Ende…“ zusammengefasst). Passend dazu kam das Motto, das ich schon früher im Jahr gefunden hatte, das war eben der Spruch über die einfachen Lösungen, den ich als Kalenderspruch für 2008 verwendete.

Und nun ist das Jahr 2008 gerade mal sieben Tage alt, und schon beginnt der Spruch sich auf das Grausamste zu bewahrheiten. Ich werde das in diesem Beitrag darlegen und am Ende sogar einen Lösungsvorschlag bringen, der so genial ist, dass ich dafür mit Preisen überhäuft werden sollte – aber dazu später, ganz am Ende.

Während ich noch Ideen für diesen Beitrag sammelte, brachte RTL am 2. Januar die erste Episode einer neuen so genannten „Doku-Soap“ mit dem Titel „Der Arbeitsbeschaffer“. Darin sollte die Arbeit eines Menschen gezeigt werden, der Leuten, die lange Zeit ohne feste Anstellung waren, eine ebensolche wieder beschafft. Gezeigt wurde allerdings ein lebendes Klischee, nicht in Form des „Arbeitsbeschaffers“, sondern mehr in Form der Familie, die er mit seinem Wirken beehrte. 2000 Euro hätte diese monatlich zur Verfügung – einfach so, ohne Arbeit. Dann wurde gezeigt, wie der Arbeitsbeschaffer ans Werk ging und mal kräftig aufräumte. Komischerweise übersah er es, dem arbeitssuchenden Familienvater eine kleine Lektion in Sachen „Vorstellungsgespräch“ zu geben, so dass dieser unpassend gekleidet dort aufkreuzte. Aber der Beschaffer legte sich ins Zeug, zuerst verschaffte er der Tochter eine Ausbildungsstelle am Wohnort, dann der Mutter eine Stelle bei einer Spielothek – und zuletzt dem Vater eine Stelle,… die nur 100 Kilometer Luftlinie vom Wohnort der Familie entfernt war. Und kein Problem, man könne ja umziehen, zahlt alles die Arbeitsagentur. Auf dem Widerspruch, dass es sich weder der Vater noch die Mutter von den Gehältern leisten könnten, jeden Tag über 200 Kilometer zu pendeln, wird nicht eingegangen. Stattdessen wird die Weigerung des Vaters, diese Arbeitsstelle anzutreten, dazu benutzt, um das Klischee vom arbeitsscheuen Arbeitslosen zu bedienen.

Es ist schlimm genug, wenn Menschen derart in der Öffentlichkeit vorgeführt werden. Doch ausgerechnet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ verdingt sich in der Sache als Jubelperser für RTL: „‚Nu aber‘-Beratung im Plattenbau„, so der Titel einer Kritik zu der Sendung, respektive, es handelt sich um eine Lobpreisung der Sendung, die, so der Autor des Beitrags, endlich mal mit dem Tabu bricht, man dürfe über Arme nichts Schlechtes sagen. Wurde aber auch verdammt Zeit, ich wollte schon lange mal was Schlechtes über Arme sagen und durfte nie. – Geht’s noch? Der Beitrag lässt jede Distanz vermissen und nimmt alles, was dort auf dem Schirm zu sehen ist, für bare Münze. Dass das fürs Fernsehen aufbereitet sein könnte, darauf kommt der Autor nicht. Er schlägt in die gleiche Kerbe wie die Sendung selbst, die man sehr gut dazu gebrauchen kann, sich selbst zu erhöhen, indem man auf andere herabschaut. Sehr her, so bin ich ja nicht. Dazu kann man nur den Philosophen Thomas Hobbes zitieren, der schon früh erkannte: „Alle Herzensfreude und alle Heiterkeit beruhen darauf, dass man Menschen habe, im Vergleich zu denen man hoch von sich denken kann.“ Eine sehr schöne Betrachtung zu dem „Spiegel“-Artikel steht im BatzLog unter dem Titel „Hartz Hunter Reloaded„, denn hier schreibt jemand, der selbst einmal an der Erstellung ähnlicher Fernsehformate beteiligt war – und der kann so einiges über deren Wahrheitsgehalt wiedergeben.

Und schon sind wir mitten im Thema der „einfachen Lösungen“, denn wenn man die Diskussion verfolgt, die zu dem Artikel auf Spiegel Online läuft, bekommt man diese Reihenweise um die Ohren geschlagen: Jeder könne in Deutschland Arbeit kriegen, man müsse nur wollen. Soll man denen doch die „Stütze“ streichen, komplett. So einfach ist das. Ein Beitragsschreiber versteigt sich sogar, nach Irland zu verweisen, wo faktisch Vollbeschäftigung herrscht. Der Grund? In Irland bekommt niemand mehr als 750 Euro im Monat, wenn er arbeitslos ist. Das müsse man einfach nur in Deutschland einführen, dann gehe es auch bei uns wieder bergauf. Den Arbeitslosen geht es bei uns doch viel zu gut.

Es gibt wenige Dinge, die komplizierter sind als der Arbeitsmarkt. Ist es denn in Irland so einfach gewesen? Nein, natürlich nicht. In Irland spielten ganz andere Faktoren eine Rolle. Es wurden ausländische Unternehmen mit niedrigen Steuern angelockt, der EU-Binnenmarkt als Absatzchance genutzt, außerdem sieht die Demografie in Irland ganz anders aus, denn dort hatte bis Anfang der 1980er Jahre jede Irin im Schnitt 3 (!) Kinder. Damit konnten die Sozialsysteme viel besser finanziert werden. Der Rückgang der Geburten seither wird im Moment noch kompensiert und ist für den Arbeitsmarkt eher gut, zumindest im Moment. Gleichzeitig wurde ein Bündnis zwischen Gewerkschaften und Staat gebaut: der Staat senkte die Steuern, dafür verpflichteten sich die Gewerkschaften für Lohnzurückhaltung. Das Resultat: trotz nur moderater Steigerung der Löhne hatten die Arbeiter mehr in der Tasche (die durchschnittliche Steuerlast eines unverheirateten Arbeiters sank um etwa 20 Prozentpunkte). Und als der Aufschwung kam, stiegen die Nettolöhne innerhalb von 6 Jahren um 42 Prozent, obwohl der Tarifabschluss in der gleichen Zeit nur insgesamt 16 Prozent mehr hergab. [Wer sich genauer informieren will, hier gibt es einen interessanten Berich: „Irland – Das keltische Wirtschaftswunder„]

Diese Informationen hätte jeder finden können. Mal ganz davon abgesehen, dass man sich denken kann, dass eine so einfache Lösung wie „wir pressen Hartz IV auf maximal 750 Euro“ nicht der Komplexität des Arbeitsmarktes gerecht wird. Aber wie wir an den Spiegel-Artikel sehen, ist nicht nur der „gemeine Bundesbürger“ vom Virus der Einfachheit befallen, sondern auch so genannte „Qualitäts-Journalisten“, die es eigentlich besser wissen müssten – wissen könnten, denn immerhin habe sie doch mal gelernt, wie man richtig Recherche betreibt.
Bleiben wir doch gerade mal beim „Spiegel“. In einem schönen Rückblick auf das Jahr 2007 im Rahmen des „Scheibenwischer“, der Satire-Sendung der ARD, nimmt auch Hagen Rether das Nachrichtenmagazin aufs Korn. Seine Rede kann man bei „Boje online“ komplett anschauen: „Komplett Paranoid – Spalten statt versöhnen„. Ihm fällt auf, wie der „Spiegel“ immer dringlicher vor der Gefahr des „Islam“ warnt – des „Islam“ wohlgemerkt, nicht des „Islamismus“. Die ganze Religion wird aufgrund einiger Fundamentalisten in Sippenhaft genommen. Und er empfiehlt Günter Wallraff, der den Plan hatte, die „Satanischen Verse“ in einer Moschee vorzulesen, doch stattdessen lieber „Das Leben des Brian“ im Kölner Dom vorzuführen, wenn er unbedingt mit Fundamentalisten in Kontakt kommen möchte. Übrigens, ganz interessant in dem Zusammenhang ist ein Satz, der in dem „Spiegel“-Artikel über die Arbeitsbeschaffer-Doku-Soap steht: die Doku-Soaps, ganz besonders die „Super-Nanny“, so lesen wir mit erstaunten Blick, seien (Zitat) „auf Augenhöhe mit der gesellschaftlichen Desintegration – ganz anders etwa als das ach so kritische linke Kabarett eines Urban Priol oder Hagen Rether, das ressentimentgeladen vor sich hin klimpert.“ Der Hinweis hat in dem Artikel eigentlich nichts verloren, das eine sind Doku-Soaps, das andere Satire; Äpfel und Birnen – ob da wohl jemand eingeschnappt ist?

In seiner aktuellen Ausgabe haut ausgerechnet das Nachrichtenmagazin noch tiefer in die Kerbe des Populisms und verdingt sich als Steigbügelhalter des wahlkämpfenden Roland Koch: „Junge Männer: Die gefährlichste Spezies der Welt“, die durch eine „Migration der Gewalt“ zu uns kämen. Sehr schöne Kommentare dazu gibt es bei Chat Atkins (kurz, aber auf den Punkt!) und bei Feynsinn. Und wie man die Angst von den Ausländern so richtig schürt, hat ja die Bild-Zeitung vorgemacht, wie das BILDBlog berichtet.

Und das Resultat?

Einfache Lösungen für komplexe Probleme. Roland Koch hat es in seinem Wahlkampf als Paradebeispiel vorgemacht. Nicht nur, dass er ein Thema erhebt, von dem nicht ganz klar ist, ob es überhaupt ein Thema ist (die Statistiken sprechen nämlich keine eindeutige Sprache, was die Zu- oder Abnahme von Straftaten krimineller Ausländer betrifft – Update: das BILDBlog nimmt hierzu auch den „Report über kriminelle Ausländer“ auseinander: „Alle Kriminellen sind Ausländer, fast überall„, und auch der Blick, den die Tagesschau auf die Statistik wirft, bringt weniger Sensationelles denn Ernüchterndes zutage: tagesschau.de), er präsentiert auch noch die berühmte einfache Lösung: Das Jugendstrafrecht verschärfen (denn das Strafrecht für ausländische Jugendliche darf ja nun mal nicht explizit verschärft werden, wenn schon, dann trifft es alle). Problem gelöst. Hurra. Juhu. Wäre ja auch viel zu kompliziert, sich damit zu beschäftigen, warum Jugendliche zu Straftätern werden. Und noch komplizierter, auf dieser Basis eine Lösung zu erarbeiten. Und das Allerkomplizierteste wäre es, das den Wählern in maximal fünf Sätzen zu erklären. Also doch lieber Parolen, die mich sehr stark an die Schlussworte des satirischen Sketches „Der Tschusch“ von Lukas Resitarits erinnern: „Ausländer raus – aus [dem Inland*]! Ausländer raus – aus Europa! Ausländer raus… aus dem Ausland!“ Und da haben wir ein schwerwiegendes Problem: Solchen Parolen folgt meist sehr schnell der Ruf nach einem „starken Mann“ in der Politik.

In der „Süddeutschen Zeitung“ erschien zum Thema ein Kommentar zum Thema des verschärften Jugendstrafrechts, in dem darauf aufmerksam gemacht wird, dass das Jugendstrafrecht bereits vorbildlich sei, aber dass auch und gerade in Hessen die Mittel zur Durchführung dieses Strafrechts zusammengestrichen wurden. Mit anderen Worten: Koch macht die adäquate Anwendung geltenden Rechts schwierig bis fast nicht möglich – und fordert daher ein schärferes. Eine Logik, die nicht einleuchtet (mehr dazu hier).

So, nun haben wir schon ein großes Stück dieses Knäuels entwirrt. Tatsächlich, wie der Spruch sagt, den ich an den Anfang stellt, muss man den Faden geduldig entwirren. Sonst reißt er. Leider geben sich sehr viele Menschen damit zufrieden, die einfachen Lösungen zu hören. In der Diskussion zu dem Kommentar in der „Süddeutschen“ beispielsweise beruft sich ein Diskussionsteilnehmer mit einem Gegenargument ausgerechnet auf die Bild-Zeitung, deren Zahlen das BILDBlog (Link siehe weiter oben) schon widerlegt hat. Aber ist das denn immer so? Nein. Scheinbar handelt es sich um ein selektives Phänomen, denn ich habe auch Gegenbeispiele ausgemacht, die aber deswegen nicht unbedingt positiv sein müssen. Mehr oder weniger Zufällig stieß ich auf eine Blogdiskussion um das Nichtraucher-Schutzgesetz. Und wo sonst die Affinität zu einfachen Lösungen vorhanden war, war hier das exakte Gegenteil der Fall. Alles, was als Argument für einen Nichtraucher-Schutz gebraucht wurde, wurde zutiefst in Zweifel gezogen und teilweise negiert, zum Beispiel den Zusammenhang zwischen einem erhöhten Krebsrisiko und dem Rauchen. Teilweise erschienen mir die Argumente geradezu grotesk, als es zum Beispiel hieß, die Sozialkassen würden es ja gar nicht aushalten, wenn alle auf einmal mit dem Rauchen aufhörten, weil die ehemaligen Raucher dann eine höhere Lebenserwartung hätten und somit länger Rente beziehen würden (und in der längeren Zeit auch mehr den Krankenkassen auf der Tasche lägen). Anstatt zu vereinfachen wurde hier das Hinterfragen auf die Spitze getrieben und Argumente am Haar herbei gezogen, das niemals dünner war**. In Schopenhauer’sche Höhen glitt die Diskussion schließlich ab, als einem Nichtraucher mitgeteilt wurde, „Du verstehst es nicht und wirst es nie verstehen“ – nämlich, warum Rauchen ein Genuss sei.

Puh – so langsam nähern wir uns dem Kern des Knäuels, denn gerade ist ein wichtiger Name gefallen: Schopenhauer, genauer gesagt, Arthur Schopenhauer (1788 – 1860), Philosoph und Verfasser etlicher Werke über die Menschen und ihren Umgang miteinander. Dazu gehört eine Schrift, die den Titel „Eristische Dialektik oder Die Kunst, Recht zu behalten“ trägt. Gleich im ersten Satz stellt Schopenhauer klar, was „Eristische Dialektik“ ist, nämlich die Kunst, so zu diskutieren, dass man am Ende Recht behält, ganz egal, ob man wirklich Recht hat oder nicht. Einer meiner beiden Lieblingsautoren mit dem Namen „Adams“, nämlich Douglas Adams, umschreibt das in einem seiner Bücher sehr schön mit „einem (…) Esel alle vier Beine wegdiskutieren“. Schopenhauer zeigt in seiner Schrift 38 Kunstgriffe, mit denen man jede Diskussion gewinnen könne, und hier treffen alle Fäden, die ich versucht habe, mit diesem Beitrag zu entwirren, aufeinander. Denn daran kranken viele Diskussionen, die derzeit geführt werden: jeder will uneingeschränkt Recht behalten. Gerade Politiker – und im verstärkten Maße auch Journalisten – scheinen die Eristik mit der Muttermilch aufgesogen zu haben. Einen Politiker ernsthaft zuzuhören, ist sehr anstrengend, vor allem, wenn jener so tut, als würde er eine Frage beantworten. Auf Argumente der Gegenseite wird nicht oder nur verfälscht eingegangen, indem dem Gegner einfach Aussagen unterstellt werden, die man bequem widerlegen kann oder die Argumente vereinfacht – Kuckuck, da sind wir wieder. Und Recht geben kann man dem Gegner schon gleich gar nicht, denn das könnte einem ja als Schwäche unterstellt werden. Ein Meister der Eristik ist übrigens Wolfgang Schäuble. Frech behauptete der, die Vorratsdatenspeicherung habe zur Ermittlung zweier Gewalttäter geführt, die in der Münchner U-Bahn einen Mann zusammenschlagen hatten – dabei war das Gesetz zu dem Zeitpunkt noch gar nicht Kraft. Er ist also zum rechten Zeitpunkt auf den „Gewaltkriminalitätszug“ aufgesprungen, den sein Kollege Koch in Hessen eiligst aus dem Bahnhof gewunken hatte. Genauso frech drehte Schäuble eine Demonstration gegen seine Datensammelwut bei einer Parteiveranstaltung argumentativ um, indem er den Besuchern der Veranstaltung versprach, sie können trotz der Demonstration sicher nach Hause gehen, weil ja so viele Polizisten da seien und sie beschützten (siehe Artikel bei Heise Online).

Das Problem ist also ein grundlegendes, das besonders zu Wahlkampfzeiten noch verstärkt wird (siehe Beispiel Koch). Was kann man dagegen tun? Natürlich gibt es dafür auch keine einfache Lösung, auch wenn man sie in einem vermeintlich einfachen Satz zusammenfassen kann: die graue Masse benutzen, die sich im Innern der Schädelhöhle verbirgt und die man gemeinhin „Gehirn“ nennt. Und man kann sie sehr gut benutzen. Zum Beispiel, indem man versucht, durch die Strukturen zu blicken und sich nicht mit einfachen Lösungen, die irgendjemand vorschlägt, zufrieden gibt. Oder zum Beispiel, indem man bessere Diskussionen führt. Harte Diskussionen und Streitgespräche sind gut und notwendig, aber sie müssen sachlich bleiben und dürfen nicht persönlich werden. Vor allen Dingen: Vereinfachungen vermeiden. Das ist sehr schwer, das weiß ich aus eigener Erfahrung, aber nur so kann das letztliche Ergebnis einigermaßen vernünftig werden. Beispielsweise war in den letzten Tagen mal wieder die Diskussion „Journalisten contra Blogger“ losgebrochen (von mir hier kurz angeschnitten). Hier könnte man beispielsweise beginnen, indem man eines ein für allemal festlegt: Es gibt nicht „die Journalisten“ und es gibt nicht „die Blogger“. Damit wäre eine Vereinfachung schon mal ausgeräumt. Vielleicht kann man von da aus ja weitermachen.

Das Leben ist nun mal kompliziert. Woher aber kommt dann dieser Hang, ja, diese Sehnsucht nach einfachen Lösungen? Die ist leider eine Nebenwirkung unserer Intelligenz. Wenn wir vor einem Problem stehen, fängt es in unserem Gehirn an zu arbeiten. Es wird eine ganze Menge von Lösungsmöglichkeiten erarbeitet, gegeneinander abgewogen, schließlich wird aus bestimmten Gründen eine Lösung ausgewählt, die mit äußeren Eindrücken übereinzustimmen scheint. Diese eine Lösung wird dann im Gedächtnis verankert. Dieses Verankern löst eine Ausschüttung von Dopaminen aus, die ein inneres Glücksgefühl erzeugen. Heurka!, ruft unsere innere Stimme, Ich habe es erkannt!

Dummerweise ist der Mensch in der Lage, dieses eigentlich recht funktionale System auszuhebeln. Anstatt sich lange mit dem Abwägungsprozess aufzuhalten, nehmen Menschen gerne die Abkürzung, denn um die Dopamin-Ausschüttung auszulösen, reicht es bereits, zu glauben, man habe die richtige Lösung gefunden. Warum also sich lange mit Nachdenken aufhalten?

Jugendstrafrecht verschärfen, um Jugendkriminalität einzudämmen. Ist ja klar, Strafe schreckt ab. [Zisch! Die Dopamin-Ausschüttung beginnt!] Aaaahhhh… nicht mehr nachdenken, ich habe es ja bereits erkannt.

Ja, selbst die Tatsache, in einer Diskussion zu gewinnen (oder das Gefühl zu haben, man hätte gewonnen), egal, ob man nun in der Sache Recht hat oder nicht, führt zu der Dopamin-Ausschüttung. Das erklärt die Härte, mit der manche Diskussionen geführt werden, denn keiner will um das Gefühl des Glücksrauschs des Sieges beraubt werden.

Erschreckenderweise ist dem Gehirn, wenn es um seine Dopamin-Droge geht, kein Argument zu dumm. Und gerade wenn man einen Schuldigen hat, läuft der Mechanismus besonders gut. Daher funktionieren solche plumpen Vereinfachungen wie „Arbeitslose wollen nicht arbeiten“, „Ausländer sind kriminell“ oder „Wer nichts zu verbergen hat, braucht vor der Vorratsdatenspeicherung keine Angst haben“ so wunderbar gut, genauso wie „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“, damit verbunden ist natürlich das Gefühl, man selbst stehe auf der „richtigen“ Seite. Mit komplizierteren Gegenargumenten gibt man sich da nicht so gern ab. Ausgerechnet das System, das uns die Evolution geschenkt hat, damit wir besser lernen können, hält uns vom Lernen ab. Das müssen wir im Kopf behalten. Denn es gibt keine einfachen Lösungen…

Ach ja, man erwartet von mir ja noch eine Lösung, wie ich sie oben angekündigt habe. Nun, ich habe hier die Patentlösung schlechthin, wie man die Arbeitslosigkeit in Deutschland abschaffen kann. Die Lösung lautet:

Die Firmen in Deutschland müssen einfach mehr Leute einstellen!

Applaus! [Zisch! Die Dopamin-Ausschüttung beginnt!] Aaaahh… ich bin ja so genial. Und es ist so… herrlich einfach.

* = Anmerkung: Der Originaltext von Lukas Resitarits lautet „Ausländer raus – aus Österreich!“, was natürlich damit zusammenhängt, dass Resitarits Österreicher ist und in dem Sketch Ausländerfeindlichkeit in Wien verarbeitet. Ich habe mir erlaubt, den Text ein wenig zu ändern, damit er zur Situation passt.

** = Zitat aus dem Lied „Die Geschichte“ von der EAV.

2008 – ganz neu

Manche wünschten sich heute um Mitternacht ein „frohes neues Jahr 1984“, im Hinblick auf schäuble’sche Begehrlichkeiten und die Vorratsdatenspeicherung, die ab dem Zeitpunkt galt. 2008 verspricht, interessant zu werden.

Gern wird Silvester / Neujahr von einigen Menschen für eine totale Zäsur genommen. Ab sofort wird dies und das sein. Bei vielen manifestiert sich das in Form von „guten Vorsätzen“, die zu „guten Fortsätzen“ mutieren, sich entzünden und schließlich operativ entfernt werden [ein Medizinerwitz: Wurmfortsatz = das, was der Laie als „Blinddarm“ bezeichnet, was aber nicht ganz korrekt ist, würde an dieser Stelle aber zu weit führen, also lassen wir’s]. Das völlig Trennen von „Vergangenheit“ und „Gegenwart“ hilft allerdings nicht weiter. Es geht nicht darum, weiterzugehen und die Tür hinter sich zu verriegeln, damit die Vergangenheit wegbleibt. Man muss mit ihr abschließen – und „abschließen“ ist etwas anderes als „verschließen“. Damit die Vergangenheit nicht das Monster ist, das ständig an der verschlossenen Tür kratzt, sondern vielmehr, dass sie den Boden bildet, auf dem wir in der Gegenwart in die Zukunft gehen können.

A propros „Zukunft“ – an diesem Tag ist es üblich, sich Ausblicken für 2008 zu widmen. Einer von meinen beiden Lieblingsautoren mit dem Nachnamen „Adams“ – nämlich Scott Adams – hat schon 1998 ein umfassendes Buch mit Zukunftsprognosen veröffentlicht: „Dilbert Future – Der ganz normale Wahnsinn geht weiter“. Natürlich handelt es sich dabei um Satire (wer Dilbert nicht kennt, kann ihn kennenlernen, indem er auf den „Dilbert-Button“ in der Seitenspalte dieses Blogs klickt), aber zwischen so genialen Kapiteln wie „Warum die Zukunft nicht so sein wird wie in Star Trek“ hat ein Abschnitt meine besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen. 2007 gab es nämlich in den Blogs unter anderem ein großes Thema: die (vermeintliche) Konfrontation zwischen Journalisten und Bloggern. Hochgekocht wurde das Thema unter anderem durch so provokante Artikel wie „Die neuen Idiotae“ der „Süddeutschen Zeitung“, in dem auf das Internet eingedroschen und die Blogger als „Querulanten und Freizeitaktivisten“ bezeichnet wurden. Entsprechend fielen die Reaktionen aus, wie man hier, hier, hier, hier und bei noch vielen, vielen anderen Bloggern nachlesen kann (ich entschuldige mich, dass ich nicht alle erwähnen kann, aber das würde den Rahmen sprengen – wer sich erwähnt sehen will, möge sich bitte bei den Kommentaren eintragen).

Scott Adams schrieb nun in „Dilbert Future“ einen Absatz über das Thema „Nachrichten in der Zukunft“. Sein Aufhänger war ein Erlebnis mit seiner Freundin, die beschlossen hatte, sich von allen Nachrichten abzukapseln, weil diese ihrer Meinung nach deprimierend und zum großen Teil ohne jeden Bezug zu ihrem Leben seien. Genau diesen Trend erkannte Adams nach diesem Erlebnis auch, nämlich dass vielfach nicht Dinge von Belang, sondern Dinge, die für die meisten von uns ohne Belang sind, ihren Weg in die Nachrichten fanden. Sein Paradebeispiel war der in den USA medientechnisch bis zum Umfallen ausgeschlachtete Prozess um O. J. Simpson. Nüchtern betrachtet war dieser Prozess eigentlich nichts anderes wie viele Prozesse, die in den USA tagtäglich stattfinden. Adams steigert sich (satirisch) in die Vorhersage, dass irgendwann, nur um gute Themen zu kriegen, die Journalisten anfangen werden, selbst Leute umzubringen. Dann werden sie geschnappt, eingesperrt – und das ist das Ende des traditionellen Journalismus. Und dann wird es – im Zusammenhang mit dem oben genannten Artikel der „Süddeutschen“ – wirklich interessant. Adams schreibt:

„Glücklicherweise wird das Ende der traditionellen journalistischen Berichterstattung uns den Zugang zu Informationen nicht verwehren. Dank der flächendeckend installierten Videokameras und dem Internet wird jeder Bürger zum Reporter. Wenn in Ihrer Nachbarschaft etwas passiert, nehmen Sie es auf, stellen es mit ein paar Kommentaren garniert ins Internet und machen es dadurch der ganzen Welt verfügbar. Sportberichte und Tabellen werden von Fans gemacht, die das liebend gerne umsonst tun. Wetterberichte werden vom Computer erzeugt und sind per PC, Pager, Voicemail und Dutzenden anderer Technologien jederzeit abrufbar. Damit wird die Ära der dezentralen Berichterstattung anbrechen. Prophezeiung: In der Zukunft wird jeder ein Reporter sein.

Adams weiter: „Die Leute werden auf ihren Rechnern Programme haben, die das Internet pausenlos nach für sie relevanten ’nebensächlichen‘ Nachrichten durchsuchen. Die Software wird rasch lernen, Berichte von Induviduos [Anmerkung: Adams-Terminus für „Idioten“] auszusieben, die wiederholt falsche Informationen ins Netz stellen. Sie werden zwar trotzdem noch relativ häufig erlogene und erfundene Storys erhalten, aber das ist heute ja auch nicht anders.“

Mal ganz davon abgesehen, dass diese Vorhersage vor 10 Jahren gemacht wurde, so ist es doch eine erfrischend andere Ansicht als das ewige „Journalisten contra Blogger“. Man wird das Bloggen nicht verhindern können, also warum nicht stattdessen eine Möglichkeit schaffen, dass man den Wahrheitsgehalt von Nachrichten wenigstens einigermaßen ermitteln kann. Adams nennt das den „Glaubwürdigkeits-Check“, eine Software, die den Inhalt von Nachrichten mit anderen Nachrichten abgleicht, um Unterschiede herauszufinden. Etwas ähnliches gibt es ja bereits, es heißt „Rivva„. Zwar wird da der Inhalt der Nachrichten nicht direkt verglichen, aber zu einem Thema werden verschiedene Quellen angegeben. Das Vergleichen muss der Leser noch selbst machen, aber hey! Wozu haben wir die graue Masse in unseren Köpfen?

In diesem Sinne, auf ein blog- und erfolgreiches Jahr 2008. Lest mal wieder…

Update: Das hab ich jetzt davon… prompt ist – von mir beim Schreiben des Beitrags leider unbemerkt – schon der erste Beitrag 2008 zum Thema „Journalisten contra Blogger“ aufgetaucht. Oder sollte man der Genauigkeit wegen sagen, der letzte Beitrag 2007, denn er wurde schon am 30.12.2007 veröffentlicht? Egal wie, es gibt ihn und es gibt eine Diskussion in verschiedenen Blogs darüber, deswegen sei hier darauf hingewiesen: „Der Fluch der Oberflächlichkeit“ schreibt Johannes Boie für jetzt.de. Dazu kommentieren F!XMBR („Potential verfehlt„), die Schnipseljagd („Anonymes Grundrauschen„), Deutschland-Debatte („Die Blog-Nabelschau„), Sargnagelschmiede („Digitaler Mob?„), Ringfahndung („Johannes Boie: Wo er Recht hat…„), Viralmythen („Verbale Störgeräusche, anonymisierende Bunker und virtuelle Schlägertrupps„) sowie Robert Basic („IntiBlogFada continues„), wobei letzterer sich darauf beschränkt, die Beiträge „Journalisten contra Blogger“ zu zählen und feststellt, dass vorgenannter Beitrag von Johannes Boie die Nr. 1 trägt.

Update 2: Ja, ist ja gut! Also, auch „Indiskretion Ehrensache“ wagt unter dem Titel „Die Trends des Jahres 2008 – Versuch einer Vorhersage“ eine Zukunftsprognose über Blogs und warum der Konflikt „Journalisten contra Blogger“ eher heftiger als sachlicher werden könnte. Und auf Blogbar gibt es unter dem Titel „Ins Nichts“ die Prognose, dass 2008 das Jahr der Exits wird, in dem bekanntere Blogger nach Chancen suchen werden, auf anderes umzusteigen.

Update 3: Noch’n Update – der „Elektrische Reporter“ bringt in seiner Ausgabe Nr. 44 ein Interview mit Frank Westphal über sein System Rivva: Elektrischer Reporter Nr. 44.

Gedanken auf dem Friedhof – Ende und Anfang…

Wenn man auf dem Friedhof steht, zumal am Grab eines Menschen, der im eigenen Leben eine große Rolle, wenn nicht sogar die größte Rolle gespielt hat, kommt es vor, dass die Gedanken auf Wanderschaft gehen. Nicht nur geht es vielfach zurück im Leben zu Erlebnissen oder Ereignissen der Vergangenheit, sondern auch in die Gegenwart und die Zukunft. Man reflektiert was war, was ist und was sein wird. Nirgendwo wird einem die eigene Endlichkeit, zumindest die Endlichkeit dieses Lebens, so vor Augen geführt wie hier. Und in keiner anderen Situation wird einem der Wahrheitsgehalt von manchen Weisheiten bewusst, etwa, dass man Menschen besser kennenlernt, oder was es damit auf sich hat, dass man jemandem noch so viel sagen wollte.
Die Zeit, so habe ich einmal gelesen, kommt aus der Zukunft, die noch nicht existiert, und geht über die Gegenwart, die flüchtig ist, in die Vergangenheit, die bereits nicht mehr ist. Also ist jeder Moment ein kleiner Abschied – und ein neues Willkommen. Ende und Anfang, dicht beieinander.

Jeder Moment wird dabei gleich behandelt. Es gibt Momente, von denen man sich wünscht, sie würden nie vergehen, doch sie tun es. Und es gibt Momente, die man möglichst schnell vergehen lassen will, und auch sie tun es. Und sie kehren nie zurück, außer als Echo in unseren Gedanken und Gefühlen. Und auch hier herrscht die absolute Gleichbehandlung, die guten Momente kehren genauso wieder wie die schlechten. Es liegt an uns, damit umzugehen. Mit der Endlichkeit aller Dinge umzugehen. Denn daran gemahnt uns die Endlichkeit des Augenblicks. Wir können es abstreiten, negieren, verleugnen – es kann nicht sein, dass das Ende, dass der Tod Teil von allem ist. Aber er ist es. Der Moment wird geboren und stirbt. Das ist der ewige Kreislauf der Wandlung in unserem Universum. Nichts bleibt, wie es ist. Denn wenn wir an etwas festhalten, um jeden Preis, weil wir nicht wollen, dass es ein Ende hat, verkrampfen wir. Wir werden starr. Das Leben ist aber nicht starr. Nicht einmal Steine und Felsen bleiben, wie sie waren. Wind und Wetter setzen ihnen zu, Wasser reibt sie ab. Kann ein Mensch da noch fester sein als Stein? Nein, aber er kann es sich vormachen. Ein Mensch kann auch nicht in der Vergangenheit leben, doch er kann es sich vormachen. Er kann sich weigern, den Moment gehen zu lassen. Das Universum wird sich daran nicht stören. In seiner Existenz gibt es keine Überlegenheit – oder Unterlegenheit. Alles wird gleich behandelt, so wie jeder Moment. Aber Menschen wollen manchmal überlegen sein, die Kontrolle erlangen und bestimmen, was passiert. Das mag auch für einen Moment funktionieren, doch selbst dieser Moment ist flüchtig. Der Kampf, den der Mensch bestreiten muss, um dies zu erlangen, wird dann zum Kampf mit oder gegen sich selbst.

Der Moment des Übergangs, wenn etwas zu seinem Ende kommt, ist manchmal sehr deutlich, meistens aber nicht. Viele Momente kommen und gehen, ohne dass wir das besonders bemerken. Viele Dinge gehen zu Ende, ohne dass wir davon Notiz nehmen. Aber manchmal ist es anders. Da merken wir das Ende und die Veränderung, die selbiges mit sich bringt, sehr deutlich. Und es scheint ein natürlicher Reflex zu sein, dass man sich zunächst festklammern will. Letzten Endes geht das nicht, es ist, als würde man mit beiden Händen fest in den Sand einer Wüste krallen und versuchen, möglichst viele Körner zu behalten. Dadurch, dass man die Finger zusammenkrallt, rinnt der Sand nur umso schneller aus den Händen. Die Angst vor dem, was kommen mag, treibt uns dazu, weil wir nicht wissen, was sein wird, weil wir uns nicht auf alles vorbereiten können. Da fällt es schwer, loszulassen. Doch letztlich ist es das, was uns weiterbringt. Gefühle der Trauer müssen sein, aber man soll nicht daran festhalten. Oft habe ich in diesem Zusammenhang schon gehört, dass jemand sagte, er hätte einem Menschen, der gehen musste, noch so viel sagen wollen. Verstanden hatte ich das bisher nicht wirklich, denn ich habe das Gesagte zu wörtlich genommen. Es klingt danach, als hätte jemand tausend Dinge im Kopf, die er dem anderen irgendwann noch mitteilen wollte, es aber nicht mehr konnte. Darum geht es aber nicht, sondern es geht um die vielen Dinge, die noch kommen, die der andere aber nun nicht mehr sehen, hören, erleben wird. Wenn man etwas erlebt und es diesem Menschen gerne mitgeteilt hätte, dann handelt es sich um diese Situation. Der Satz drückt nicht das Bedauern darüber aus, dass man nicht mehr dazu kam, dem anderen etwas zu erzählen, was schon längst passiert ist, sondern dass man ihm nicht mehr erzählen kann, was gerade passiert oder passieren wird.
In solchen Momenten meldet sich der Schmerz. Der Abschied, das Ende hat einem einen Dorn in die Haut gerammt, der schmerzt. Doch nur wenn man loslässt, irgendwann, wandelt sich dieser Dorn in ein Geschenk, eine Erinnerung an vergangene Momente, die am Anfang schmerzt, doch letztlich zu einem Schatz wird. Wann das sein wird, kann niemand sagen. Wenn ein Wassertropfen an einem Blatt über einem Bach hängt, weiß der nicht, wie es sein wird, wenn er von dem Blatt herunter in den Bach fällt und sich mit dem Rest allen Wassers vereinigt. Aber er muss es irgendwann tun, sonst kommt die Sonne und der Tropfen verdunstet. Dieser Moment, das ist loslassen.

Allerdings geht das Loslassen nicht so einfach, wie es klingt. Es braucht neben vielen anderen verschiedenen Dingen Zeit. Deswegen gibt es Menschen, die nicht loslassen wollen. Statt den Dorn zu wandeln und die Wunde verheilen zu lassen, wollen sie lieber den Schmerz behalten. Das fällt umso einfacher, wenn man jemanden hat, dem man eine Schuld geben kann. Den man verurteilen kann für sein Verhalten. Dieser und jener, so hört man solche Menschen oft sagen, hat mir dies und das angetan! Seht die Wunde, die er mir beigebracht hat! Dabei wäre die Wunde möglicherweise schon längst verheilt, wenn man sie gelassen hätte. Doch statt Heilung zuzulassen, bohren solche Menschen gern in ihren eigenen Wunden, zeigen sie bereitwillig her und beschimpfen den Schuldigen, der das getan hat.
Wenn man aber nun mal in die Situation kommt, dass es einfach niemanden gibt, den man direkt verantwortlich machen kann, beginnt man, über solches Verhalten nachzudenken. Wenn man niemanden anklagen kann, dann versperrt einem auch niemand die Sicht auf das Wesentliche. Es ist meine Wunde, mein Schmerz – also muss ich auch tätig werden. Niemand kann mir das abnehmen. Auch nicht der, der möglicherweise Schuld an der Wunde ist. Und wenn es da direkt niemanden gibt, vielleicht finde ich doch noch jemanden, den ich verantwortlich machen kann, das Universum, das Schicksal… Das kann ich natürlich bezichtigen, aber nur, damit ich nicht loslassen muss.
Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle, denn keine Wunde heilt von einem Moment auf den nächsten. Doch auch anderes ist wichtig, andere Menschen beispielsweise. In solchen außerordentlichen Situationen lernen wir wahrlich, wer unsere Freunde sind – und wer eher nicht. Das zieht leider unter Umständen einen weiteren Schmerz nach sich. Man ist enttäuscht, wenn man feststellt, wie sich manche Menschen verhalten. Man kann dabei natürlich nichts erwarten, aber es gibt Menschen, die einem deutlich zu verstehen geben, dass man sich doch bitte erst wieder melden soll, wenn man diese spezielle Phase in seinem Leben abgeschlossen hat, damit man den anderen nicht runterzieht. Jemand hat das mal „Schönwetterfreundschaften“ genannt. Natürlich enttäuscht das, aber „Ent-täuschung“ ist „das Ende der Täuschung“. Man hat sich über jemand anderen geirrt, und nun muss man auch hier loslassen. Ansonsten wird man noch auf Jahre über den schimpfen, der einen so schwer enttäuscht hat, und das vergiftet auf die Dauer die Seele. Ähnlich wie eine Wunde, an der man immer mit dem Finger herumbohrt, diese wird sich entzünden, und diese Entzündung kann im Lauf der Zeit den ganzen Körper vergiften.
Es ist sehr schwierig, denn niemand weißt, wie lange es gehen wird und was letztlich das Resultat sein wird. Manche Wunden verheilen schnell und man sieht nichts mehr von ihnen. Doch große Wunden brauchen länger und manchmal behält man eine Narbe zurück. Niemand weiß das. Das ist vielleicht auch besser so.

Wir befinden uns zurzeit im letzten Monat des Jahres. Das heißt, demnächst kommt auf uns alle ein Ende zu, das wir aber mit einem besonderen Tag begehen: Silvester. Wir halten inne, schauen zurück auf vergangene Momente und fragen uns, was wohl das neue Jahr bringen wird. Manche machen schon Planungen dafür. Doch diese Zukunft existiert noch nicht. Und zu kaum einem anderen Moment ist der ständige Wandel so deutlich zu sehen, wie an diesem Tag. In einem Moment ist es 2007 – einen Moment später bereits 2008. 2007 ist dann beschlossen. Beendet. Wird nicht wiederkommen. Selbst wenn es irgendwann eine ganz neue Zeitrechnung geben sollte, die dann ihr eigenes Jahr 2007 haben wird, so wird doch dieses Jahr 2007 nicht wiederkommen. Alle diese Momente, dieses Jahr, diese 365 Tage, diese 8.760 Stunden, diese 525.600 Minuten, diese 31.536.000 Sekunden, sie kehren nicht wieder.
Zu Silvester stoßen Ende und Anfang sehr deutlich aneinander. Bei anderen Gelegenheiten merken wir das nicht so deutlich, obwohl es so ist. Ende und Anfang gehören zusammen, nicht nur, weil alles, was einmal angefangen hat, auch ein Ende haben muss, sonder weil auch umgekehrt ein Ende ein neuer Anfang ist. Und das in jedem Moment. Darum sollte man nicht festkrallen, zetern und in den Wunden bohren. Sondern den Schatz behalten und den Schmerz loslassen.

Auf eine besinnliche Weihnachtszeit und einen neuen Anfang 2008!

Alle Bilder in diesem Beitrag stammen von Halessa

 

„Gib mir den Ring!“ – Tendenzielle Berichte, Vorratsdatenspeicherung und Klimaschutz

„Gandalf, Elrond – all diese Leute haben Dir das beigebracht. Für sie selbst mag es richtig sein. Diese Elben und Halbelben und Zauberer würden vielleicht zu Schaden kommen. Indes bin ich mir of im Zweifel, ob sie eigentlich weise sind oder bloß zaghaft. Doch jeder nach seiner Art. Aufrechte Menschen lassen sich nicht verführen. Wir in Minas Tirith sind in langen Jahren der Prüfung standhaft geblieben. Wir trachten nicht nach der Macht von Zauberern, sonder nur nach Stärke, um uns zu verteidigen, Stärke für eine gerechte Sache. Und siehe da! In unserer Not bringt der Zufall den Ring der Macht ans Licht. Es ist ein Geschenk, sage ich; ein Geschenk für die Feinde von Mordor. Es ist Wahnsinn, ihn nicht zu gebrauchen, die Macht des Feindes nicht gegen den Feind zu gebrauchen. Die Furchtlosen, die Mitleidlosen allein werden den Sieg erringen. (…) Wie ich die Heere von Mordor zurücktreiben wollte und wie sich alle Männer unter mein Banner scharen würden!“
(Boromir von Gondor zu Frodo in „Der Herr der Ringe, Band 1: Die Gefährten“)

In einem anderen Bericht in diesem Blog habe ich schon einmal über Tolkiens „Herrn der Ringe“ geschrieben und darüber, was in diesem modernen Mythos steckt (siehe hier). Tolkien hat viel in das Konzept des „Einen Ringes“ gesteckt, so dass es zugleich komplex und doch auf den Punkt gebracht ist. Eine einfache Gleichsetzung, etwa dass der Ring ein Symbol für die Atomkraft und ihre Gefahren ist, wird dem nicht gerecht. In meinem vorigen Beitrag habe ich versucht, das Konzept mit „Möglichkeit, einen einfachen Weg zum Ziel zu gehen“ zu umschreiben, denn „Macht“ klingt immer gleich sehr hochtrabend. In diesem Beitrag habe ich drei aktuellere Beispiele zusammengetragen, in der es genau um dieses Thema, das der „Eine Ring“ in sich vereinigt, geht.

Wie ist das noch gleich mit den Magazinen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, die kritisch nachfragen und Recherche betreiben? Sie haben einen gewissen „Glaubwürdigkeitsbonus“. Man erwartet von ihnen, dass Beiträge, die in diesen Magazinen ausgestrahlt werden, belegbare Aussagen enthalten, objektiv und nicht manipulativ sind. Nun hat ein junger Mensch einen Beitrag bei YouTube eingestellt, in dem er die Berichte dreier solcher Magazine kritisch auseinandernimmt (siehe hier). Das Thema sind die immer wieder beliebten „Killerspiele“ und ein mögliches Verbot von ihnen. Alle drei Berichte sind überaus kritisch. Nun, das kann man bei diesem Thema sicher sein. Allerdings bedienen sich die Reporter dabei Mittel, die man zumindest als „grenzwertig“ einstufen kann. Sie dramatisieren, stellen Behauptungen auf und an einer Stelle wird gar das Lachen eines Spielers in einen Bericht eingefügt, so dass der Eindruck entsteht, dieser Spiele freue sich über das Töten einer Spielfigur. An anderer Stelle kommt ein Experte zu Wort, der nach dem Inhalt von „World Of Warcraft“ gefragt wird – und ein Militärspiel beschreibt, während „WoW“ ja eigentlich ein Fantasy-Spiel ist. Auch wird nicht ganz klar, worum es den Berichten eigentlich geht. Einerseits wird über so genannte „Ego-Shooter“ hergezogen, dann aber kommen Spiele wie „World Of Warcraft“ mit dazu. In einer Stellungnahme meint einer der verantwortlichen Redakteure, es wäre in dem Bericht um „Metzelspiele“ im Allgemeinen gegangen. [Schriftlicher Beitrag zu dem Video hier, Stellungnahme zu dem Video vom Redakteur von „Frontal 21“ hier, Kommentar und Diskussion im Blog von Stefan Niggemeier hier]
Wo liegt hierbei die Parallele zum Ring? Nun, den Beiträgen ist deutlich anzumerken, worum es den „Machern“ ging: um eine Diskussion über – wie sie es nennen – „Metzelspiele“. Und tatsächlich kann man sich bei manchen der Spiele wirklich die Frage stellen, ob die explizite Darstellung von Gewalt so sein muss. Aber die Macher gehen einen Schritt zu weit, denn man kann die Beiträge stärken, indem man trickst. Mit Verweisen auf Amokläufer, die angeblich das Zielen mit Hilfe solcher Spiele geübt haben, mit Bildern von Spielern, die sich angeblich über das Gemetzel freuen, soll der Zuschauer in eine bestimmte Richtung gebracht werden. Anstatt sich die Mühe zu machen, mit differenzierten Argumenten zu arbeiten, die es sicher gäbe, geht man den leichten Weg, Stimmung zu machen. Das Problem liegt hier im Kern der Sache: Die Diskussion über die Folgen – oder auch den (vermeintlich) großen Erfolg – von „Killer-“ oder „Metzelspielen“ kann sehr schnell ausarten und zu einer Diskussion über die Gesellschaft im Allgemeinen werden. Sowas passt aber schlecht in einen Magazinbericht, der maximal sechs bis zehn Minuten lang sein darf.
Dass man mit Tricks arbeitet, macht den Verantwortlichen aber kein schlechtes Gewissen, im Gegenteil: Beispielsweise werden die Einwände um das in den Beitrag eingeschobene vermeintliche Lächeln eines Spielers über die Metzeleien von der Redaktion abgelehnt mit den Hinweis, dergleichen sei „üblich“. Frei nach dem Motto, „wir dürfen das machen, denn wir sind ja die Guten“. Oder um es mit den Worten aus dem „Herrn der Ringe“ zu sagen: „Für eine gerechte Sache.“

Bleiben wir gleich bei dem Spruch von der „gerechten Sache“, denn das zweite Beispiel dreht sich um die vor kurzem von unseren „Volksvertretern“ beschlossene Vorratsdatenspeicherung. Angeblich ging es ja am Anfang mal um Terroristen, die man so besser aufspüren könne. Doch inzwischen haben die Bundesländer angemeldet, sie hätten auch gern Zugriff auf die Daten. Ach ja, und wo wir gerade dabei sind… Raubkopierer könnte man doch auch mit diesen Daten ausfindig machen…
Und wieder kein schlechtes Gewissen. In einer Diktatur, ja, da wäre so ein Mittel gefährlich, aber wir, wir sind doch die Guten, nicht wahr?
Mehr möchte ich dazu nicht verlieren, da gibt es einen ganz anderen Beitrag, der das ganze gut auf den Punkt bringt, beim Spiegelfechter (siehe hier).

Auch das dritte Beispiel handelt von der „gerechten Sache“, die etwas rechtfertigt: Seit einiger Zeit kooperieren der „World Wide Fund for Nature“ („WWF“), BUND und Greenpeace mit der „Bild“-Zeitung. Die Umwelt-Organisationen erhoffen sich dadurch, Menschen zu erreichen, die sie sonst nicht erreichen könnten. Ein „Highlight“ – im wahrsten Sinne des Wortes – dieser Zusammenarbeit ist die demnächst stattfindende Aktion „Licht aus! Für unser Klima“, bei der man für fünf Minuten alle Lichter ausmachen soll, um dem in Bali stattfindenden Klimagipfel ein Zeichen zu senden (Stefan Niggemeier nimmt das zum Anlass, hier seine Fördermitgliedschaft bei Greenpeace zu kündigen, und hier stellt er die – berechtigte – Frage, ob eine Zeitung, deren Chef die Bemühungen um das Klima eher als Hysterie einschätzt, der richtige Partner ist).
Das BILDBlog hat die teils merkwürdigen Ansichten der „Bild“ über Klimaschutz dokumentiert (unter anderem hier), und daher gibt es nicht ganz unberechtigt Stimmen von Aktivisten, die die Glaubwürdigkeit der Umwelt-Verbände in Gefahr sehen (Bericht siehe hier).

Der Eine Ring begegnet uns immer wieder. Die Sängerin Heather Alexander sagt auf der Bühne im Vorwort zu ihrem Lied „The Golden Ring„, dass es eine Seite in jedem von uns gibt, die auf die Versuchungen des Ringes anspricht. Wir reden nicht gerne darüber, aber es gibt sie. Denn es gibt in jedem das Drängen, den einfachen Weg zu beschreiten. Das gilt für die großen Dinge genauso wie für die kleinen Dinge. Die Diskussion um „Metzelspiele“ mag notwendig sein – muss sie aber deswegen dramatisiert werden? Ist die Vorratsdatenspeicherung wirklich notwendig, wie manche Politiker immer wieder behaupten? Brauchen die Umweltverbände diese Aktionen? Um welchen Preis erkauft man sich das Ziel, das man sich mit seiner Aktion erhofft – die so genannte „gerechte Sache“? Und wie ist es später, beim nächsten Mal? Möglicherweise fällt es einem leichter, wieder den einfachen Weg zu gehen. Daraus entwickelt sich dann eine scheinbar einfache Sache, eine harmlose Angewohnheit, die einem leicht fällt…

…so leicht, wie sich einen goldenen Ring an den Finger zu stecken…

Update: Bei Stefan Niggemeier kann man nachlesen, dass die Kooperation von Greenpeace unter anderem auch einen eigenen prominenten Mitstreiter gekostet hat – Klaus Staeck, Grafiker und Verleger kehrt der Organisation den Rücken. Mehr und genaueres steht hier.