Roy Scheider gestorben

Wie bekannt gegeben wurde, ist gestern der Schauspieler Roy Scheider im Alter von 75 Jahren an einer Staphylokokken-Infektion gestorben, die er sich im Verlauf einer Krebserkankung zugezogen hatte. Scheiders bekannteste Rolle dürfte der Polizist Martin Brody in Steven Spielbergs „Der weiße Hai“ sein. Science-Fiction-Fans ist Scheider auch bekannt durch seine Rolle in „2o10 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“ und die Verkörperung von Captain Nathan Bridger in der Serie „seaQuest DSV“.

Mehr zu seinem Tod hier, eine komplette Biografie des Schauspielers findet sich hier.

Ein wenig Selbstrefenzielles

Neben der Absetzung einer guten Science-Fiction-Serie („Doctor Who“) hat der gestrige Tag – zumindest für unser Projekt – auch Gutes gesehen. Nachdem der glorreiche Initiator (Sorry, Thorsten, aber das musste einfach sein!) aus Tübingen zurückgekehrt war, wo er für eine Studentenarbeit Rede und Antwort stand (aber das soll er selbst erzählen), haben wir uns getroffen und den Stand der Dinge bei uns besprochen. Dem geneigten Beobachter (in Form von mir) konnte nicht entgehen, dass er wieder eine Menge neue (Neudeutsch) „Inputs“ gekriegt hat. Sowieso sieht es nach den letzten – nicht so guten – Wochen wieder etwas besser aus. Das Konzept von Projekt X-1 ist beachtlich angewachsen, Projekt X-2 hat auch zugenommen und es gab eine neue Rückmeldung für Projekt X-3 aus der südlichen Hemisphäre.

Ich wollte das nur mal gesagt haben. Danke für die Aufmerksamkeit.

Doctor Who und das plötzliche Ende

Ja, das war’s. ProSieben hat entschieden, dass die beiden Folgen der Serie „Doctor Who“, die am nächsten Samstag laufen, die vorerst letzten beiden sein sollen. Damit fällt auch die britische Kultserie dem derzeit im deutschen Fernsehen herrschenden Absetzwahn zum Opfer (RTL und SAT1 haben es bereits vorgemacht und ihrerseits einige Serien eingestellt). Ersatzprogramm für den Zeitreisenden sind Wiederholungen von „Desperate Housewifes“ und zwei Folgen „Die Simpsons“,  von denen damit 15 Folgen pro Woche laufen.
Quelle: DWDL, Fernsehlexikon

Die Hessen und die Probleme mit den Wahlcomputern

Noch bevor die gestrige Landtagswahl in Hessen gelaufen war, kamen erste Berichte über Unregelmäßigkeiten auf. Äh… Moment mal bitte – Unregelmäßigkeiten? Das klingt ja fast so, als würde man über einen afrikanischen Staat berichten, der gerade die erste demokratische Wahl durchführt, und nicht über ein deutsches Bundesland. Aber ja, es ist passiert – in Deutschland im Jahr 2008. Im 21. Jahrhundert. Als handele es sich um ein ehemals kommunistisches Land, in dem eine Regierung verzweifelt an der Macht bleiben will, die sich ihrer Abwahl sicher ist, wurden, wie man bei netzpolitik.org und nightline nachlesen kann, Wahlbeobachter aus dem Wahllokal ausgesperrt und unter Androhung einer Strafanzeige wegen „Behinderung der Wahl“ (gibt es diesen Straftatsbestand überhaupt?). Nerdcore verweist auf ein Fotoalbum mit entsprechenden Bildern.

Aber was war passiert?

In Hessen sollten in einigen Bezirken Wahlcomputer statt Wahlzettel verwendet werden. Allerdings gab es zuvor schon Probleme mit diesen Geräten, zum einen ist nicht nachvollziehbar, wie die Wahl erfasst wird – womit Manipulationen Tür und Tor geöffnet sind -, zum anderen wurden die Geräte teilweise, wie der Chaos Computer Club in einer Pressemitteilung erklärt, vor der Wahl in Wohnungen von Privatpersonen abgestellt, was zumindest eine sehr fragwürdige Praxis ist, da Manipulationen auch hier nicht ausgeschlossen werden können. In der gleichen Mitteilung kommen auch Wahlleiter zu Wort, die die Computer früher bereits benutzten und davon wieder abgekommen sind. Der Aufwand sei größer, es gab keine Zeitersparnis bei der Auswertung und man habe generell „ein schlechtes Gefühl“ gehabt.

Der Versuch des Chaos Computer Club, die Wahlcomputer in Hessen generell verbieten zu lassen, war kurz vor der Wahl gescheitert (siehe Berichte hier). Jetzt, nach der Wahl, ist die Diskussion neu entbrannt und die Gegner der Computer haben noch mehr Argumente auf ihrer Seite. Aber auch das Verhalten einiger Wahlleiter spricht Bände: anstatt Beobachter einfach zuzulassen, um damit möglicherweise Zweifel zu zerstreuen, wurden diese als „Störer“ abklassifiziert und in einem Fall gar von einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes verfolgt, bis sie die Landkreisgrenze überschritten hatten.

Bei uns gibt es eine Tendenz, gern ein wenig hochnäsig in andere Länder zu blicken, wenn diese ihre ersten demokratischen Wahlen abhalten und Wahlbeobachter behindert werden. Nach diesen Berichten über die Hessen-Wahl muss man sagen: Wir haben dazu keinerlei Recht – wir haben erst mal vor unserer eigenen Tür zu kehren, damit die Abkürzung „BRD“ nicht eines Tages für „Bananen-Republik Deutschland“ steht.

Doctor Who – Doktor Who – Doktor… wer?

Michael Reufsteck hat es nicht verstanden, wie er im „Fernsehlexikon“ selbst schreibt: Was ist dran an dem Hype um die britische Fernsehserie „Doctor Who“? Nun, könnte es einfach daran liegen, dass Geschmäcker nun mal verschieden sind und diese Serie nicht unbedingt Herrn Reufstecks Geschmack trifft? Und ein gewisses lückenhaftes Wissen um die Serie darf man ihm auch noch bescheinigen, denn Christopher Ecclestone, der in den neuen Folgen, die heute auf ProSieben anlaufen, die Hauptrolle spielt, ist nicht „ausgetauscht“ worden, er hat den Platz zur Überraschung vieler Beteiligter freiwillig nach nur einer Staffel geräumt (hier die allgemeine Beschreibung der Serie im Fernsehlexikon).

Es ist schwer zu erklären, vor allem, wenn jemand mit der Serie nichts anfangen kann: Was ist dran am „Doktor“? Es handelt sich um eine Science-Fiction-Serie, die ursprünglich mal einen Bildungsauftrag hatte, nämlich Kindern die Geschichte der Menschheit nahezubringen. Man dachte sich, das geht am Besten mit einem zeitreisenden Außerirdischen, der die jeweiligen Epochen direkt aufsuchen kann. Dass er sich in einer Notruf-Telefonzelle, wie sie in den 1960er Jahren in England an jeder Ecke standen, fortbewegt, war dem knappen Budget der Serie geschuldet, wurde aber im Lauf der Zeit Kult. Außerdem erkannten die Autoren, welche Möglichkeiten ihnen eine Serie mit einem Gerät verschafft, das sich sowohl in der Zeit als auch im Raum fortbewegen kann. Auf diesem Weg kamen die reinen Science-Fiction-Geschichten mit in die Serie.

Und hier liegt das Potential: der so genannte „Canon“ ist relativ frei. Ob es für eine Geschichte nun notwendig ist, dass die Erde explodiert oder gleich unser ganzes Sonnensystem – kein Problem, der Doktor reist eben ein paar Millionen Jahre in die Zukunft. In anderen Folgen werden Ereignisse aus der Geschichte aufgegriffen. So weilte der Doktor im Lager von Richard Löwenherz, als dieser Jerusalem belagerte und traf auch auf H. G. Wells, den Autor, der „Die Zeitmaschine“ schrieb (in der Serie wird natürlich angedeutet, dass Wells durch das Zusammentreffen mit dem Doktor zu dieser Geschichte inspiriert wurde).

Die Art der Geschichten ist dabei sehr facettenreich. Die Serie nimmt sich selbst nicht ganz Ernst, was vor allem in den neuen Folgen zu sehen ist (wie die Vorschau auf ProSieben in einem Ausschnitt so schön zeigt – Doktor: „Der Premierminister ist ein verkleideter Außerirdischer! – Das kauft mir niemand ab, oder?“ Wache: „Nein.“). Es gehören lustige Folgen dazu, ernstere, dramatische, und auch Folgen, die in ihrer Aussage beispielsweise guten Star-Trek-Episoden in nichts nachstehen. Wer sich dafür interessiert, die Geschichte der Serie habe ich schon in einem älteren Beitrag wiedergegeben: hier!

Stattdessen möchte ich an dieser Stelle meine Lieblingsepisode der klassischen Serie besprechen. Vielleicht kann der eine oder andere dann nachvollziehen, was zumindest ich an dieser Serie finde. Meine Lieblingsepisode ist „The Happiness Patrol“ (Deutsch: „Die Fröhlichkeits-Patrouille“). Erlebt haben sie Doktor Nummer 7 (Sylvester McCoy) und seine Begleiterin Ace (Sophie Aldred) im Jahr 1988. Der Doktor landet seine TARDIS auf der irdischen Kolonie Terra Alpha. Angeblich sind dort Leute spurlos verschwunden. Dort angekommen müssen die beiden feststellen, dass Terra Alpha von einer Diktatorin namens Helen A regiert wird. Diese hat in der Kolonie das Diktat der Fröhlichkeit ausgerufen. Es ist bei Strafe verboten traurig zu sein, weil Helen A das nicht mag. Jeder hat immer fröhlich zu sein, wer das nicht ist, wird von der „Happiness Patrol“ festgesetzt und dem „Kandy Man“ (einem aus Süßigkeiten bestehenden Lebewesen – ein wunderbarer Moment der Selbstironie der Serie) vorgeführt. Der Kandy Man behandelt die Gefangenen mit einer „Fondant Surprise“ – einem tödlichen Zuckergussüberzug.
In der Kolonie hat sich jedoch eine Untergrundbewegung gebildet. Die Menschen wollen nicht ständig fröhlich sein, es gibt Momente, da ist man eben traurig und man will es auch nicht unterdrücken. Der Doktor und Ace schließen sich der Untergrundbewegung an und machen die Rebellion mit. Die „Happiness Patrol“ wird außer Gefecht gesetzt und die Rebellen dringen über die Abwasserkanäle in Helen As Festung ein. Nachdem auch der Kandy Man ausgeschaltet wurde, lässt Helen A Fifi, ihr absolut tödliches Schoßtier, in die Kanäle, um die Rebellen zu zerfleischen. Doch diesen gelingt es, Fifi in eine Falle zu locken. Schließlich stellen sie die Diktatorin, die sich uneinsichtig zeigt: Es ist doch furchtbar, wenn Menschen traurig sind, es wäre viel besser, wenn alle immer fröhlich wären. Trauer braucht man nicht. Der Doktor beharrt darauf, dass die Fröhlichkeit, die auf Terra Alpha herrsche, nur Fassade sei. Wahre Fröhlichkeit, erklärt er, braucht Trauer als Ausgleich. Doch Helen A weigert sich, ihn anzuhören. In diesem Moment kriecht Fifi aus dem Abwasserkanal. Er ist tödlich verletzt und stirbt. Und überwältigt vom Tod ihres Schoßtiers fängt Helen A an zu weinen…

Diese Episode zeigt auch sehr schön, dass man ein wenig Fantasie mitbringen muss und sich beispielsweise nicht an dem Kandy Man oder – wie in der ersten Folge der neuen Serie – an lebendigen Schaufensterpuppen stören darf. Die Serie erhebt keinerlei Anspruch auf Realismus – und kommen Sie dem Doktor nicht mit „Zeitparadoxon“. „Das alles wird passieren“, sagte der Doktor in der Folge „Battlefield“ zu Ace, „in meiner persönlichen Zukunft – die wiederum Ihre persönliche Vergangenheit sein könnte!“ Würde man, analog zu dem Werk „Die Physik von Star Trek“, ein Buch mit dem Titel „Die Physik von Doctor Who“ schreiben, kämen viele interessante Dinge drin vor – nur leider nichts, das mit unserer tatsächlichen Physik in Einklang zu bringen wäre. Darauf muss man sich einlassen, wenn man diese Serie anschaut.

Wenn man sich aber darauf einlässt, dann kann man sehr viel Spaß haben. Und ein Wunschtraum von mir ist es, dass die alten Folgen, die noch nicht synchronisiert wurden, dies noch werden und auf dem deutschen Markt verkauft werden. Vielleicht als Sammelwerk… Oder dass zumindest die bereits synchronisierten Folgen mit Colin Baker (Doktor Nr. 6), Sylvester McCoy (Nr. 7) und der Fernsehfilm mit Paul McGann, sowie das Special „The Five Doctors“ mal wieder gezeigt werden. Oder vielleicht auf DVD… na ja, man ist ja bescheiden.

Doctor Who: Ab heute als Doppelfolge Samstags auf ProSieben.

Die Verwunderung von Nokia-Chef Kallasvuo

„Finland, Finland, Finland, the country where I quite want to be. Ponytrekking or camping – or just watching TV. Finland, Finland, Finland – is the country for me.“
(aus Monty Python’s Spamalot – „Finland“)

Der Vorstandschef von Nokia, Olli-Pekka Kallasvuo, ist nach eigenen Worten verwundert: „Die Heftigkeit der Reaktion einiger deutscher Politiker hat mich allerdings schon etwas überrascht.“ Und die Reaktionen der Belegschaft und der Bevölkerung. Immerhin, so räumt er ein, habe die Art der Abwicklung der Werkschließung „etwas kalt“ gewirkt.

Dem Beobachter von Außen stellt sich die Frage: Was erwartet der Mann eigentlich?

Nokia wurden in Bochum tausend goldene Brücken gebaut – im wahrsten Sinne des Wortes. Straßen wurden für das Werk errichtet, sogar ein Bahnhof – mal ganz zu schweigen von den Subventionsmillionen, die geflossen sind. Die Stadtverwaltung Bochum hatte einen Mann abgestellt, der sich nur um das Wohlergehen von Nokia kümmerte. Wenn Nokia auch nur hustete, stand der auf der Matte, um ihm auf den Rücken zu klopfen. Der Betriebsrat erkundigte sich immer wieder, aber die Firmenleitung kommunizierte nichts von einer geplanten Werksverlagerung, auch nicht, als in Rumänien bereits gebaut wurde.

Und dann, Knall auf Fall, wird die Werkschließung verkündet. Und der Gipfel der bitteren Ironie ist, dass die Nokia-Mitarbeiter kurz vor dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses vermutlich noch einen Bonus erhalten werden – weil das Geschäftsjahr für die Firma so gut gelaufen ist. Denn vermutlich wird Nokia heute auf der Bilanz-Pressekonferenz einen neuen Rekordgewinn vermelden dürfen.

Und da wundert sich der Mann?

„Wenn Ihr uns stecht, bluten wir nicht? Wenn Ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? Wenn Ihr uns vergiftet, sterben wir nicht? Und wenn Ihr uns beleidigt, sollen wir uns nicht rächen? Sind wir Euch in allen Dingen ähnlich, so wollen wir’s auch darin gleichtun. (…) Die Bosheit, die Ihr mich lehrt, wil ich ausüben.“
(William Shakespeare: Der Kaufmann von Venedig, 3. Akt, 1. Szene)

Richard Dawkins, Oolon Cluphid und der arme Babelfisch

Im Moment wird ja – mal wieder – über (im wahrsten Sinne des Wortes) Gott und die Welt gestritten, beziehungsweise, ob Ersterer existiert oder nicht. Aus der Diskussion hervorgetan hat sich Richard Dawkins mit seinem Buch „Der Gottes-Wahn“, der einen Ansatz besitzt, darzulegen, warum es sehr unwahrscheinlich sei, dass Gott existiere. Fragt man Dawkins, so beschreibt er, wie unwahrscheinlich es ist, dass sich das Leben auf dem Planeten Erde entwickelte und – trotz einiger globaler Katastrophen der Vergangenheit – nicht ausgelöscht wurde, wie unwahrscheinlich es ist, dass sich intelligentes Leben entwickelte und durchsetzte, wie unwahrscheinlich es ist, dass so ein komplexes System wie die Biosphäre unseres Planeten so gut funktioniert, und wie unwahrscheinlich es ist, dass wir Menschen dort ankamen, wo wir heute sind. Angesichts all‘ dieser Unwahrscheinlichkeiten stellt man sich gerade die Frage, ob Dawkins nicht doch darauf hinaus will, dass es irgendwie eine übergeordnete Macht geben muss, die das Leben gegen alle Unwägbarkeiten verteidigt und das System so raffiniert ausgetüftelt hat, dass es funktioniert, da macht der Religionskritiker in seiner Argumentation eine 180-Grad-Wende: Wenn es so unwahrscheinlich ist, argumentiert er, dass das Leben und das System auf der Erde sich so komplex entwickelt hat und doch alles irgendwie einander passt, müsste ein göttliches Wesen, das über allem steht, ja noch komplexer sein. Und das wäre nicht nur unwahrscheinlich, sondern extrem unwahrscheinlich.

Hm.

Also, ich muss bei dieser Argumentation immer wieder an folgenden Abschnitt aus einem empfehlenswerten Buch denken:

„Der Babelfisch ist klein, gelb und blutegelartig und wahrscheinlich das Eigentümlichste, was es im ganzen Universum gibt. (…) Der praktische Nutzeffekt der Sache ist, dass man mit einem Babelfisch im Ohr augenblicklich alles versteht, was einem in irgendeiner Sprache gesagt wird. (…)
Nun ist es aber verdammt unwahrscheinlich, dass sich etwas so wahnsinnig Nützliches rein zufällig entwickelt haben sollte, und so sind ein paar Denker zu dem Schluss gelangt, der Babelfisch sei ein letzter und entscheidender Beweis dafür, dass Gott nicht existiert.
Die Argumentation verläuft ungefähr so: „Ich weigere mich zu beweisen, dass ich existiere“, sagt Gott, „denn ein Beweis ist gegen den Glauben, und ohne Glauben bin ich nichts.“
„Aber“, sagt der Mensch, „der Babelfisch ist doch eine unbewusste Offenbarung, nicht wahr? Er hätte sich nicht zufällig entwickeln können. Er beweist, dass Du existierst, und deswegen existierst Du nicht. Quod erat demonstrandum.“
„Ach du lieber Gott“, sagt Gott, „daran habe ich gar nicht gedacht“, und löst sich prompt in ein Logikwölkchen auf.
„Na, das war ja einfach“, sagt der Mensch und beweist, weil’s gerade so schön war, dass schwarz gleich weiß ist und wird wenig später auf einem Zebrastreifen überfahren.
Die meisten Theologen behaupteten, dieser ganze Streit sei absoluter Humbug, aber das hinderte Oolon Coluphid nicht, ein kleines Vermögen damit zu verdienen, dass er ihn zum zentralen Thema seines neusten Bestsellers Na, lieber Gott, das war’s dann wohl machte.“

(aus Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams)

Das iTeam – Aus die Maus!

So schnell kann es gehen. Da wollte ich noch die dritte Folge abwarten, um quasi zur „Halbzeit“ eine differenziertere Rezension der deutschen Variante der englischen Serie „THE IT CROWD“ mit dem Titel „Das iTeam – Die Jungs an der Maus“ zu geben, doch zu spät: Aus die Maus, könnte man sagen, die Serie wurde mangels Quote abgesetzt. Abgesetzt zu werden, das ist schon bitter, aber noch bitterer ist es, wenn man durch Wiederholungen von „Hausmeister Krause“ ersetzt wird (Meldung dazu hier).

Gut, dann also meine Rezension anhand der ersten zwei Folgen „Brötchen vom Vortag“ und „Stressige Zeiten“ (Originaltitel: „Yesterday’s Jam“ und „Calamity Jen“). Bevor ich mich allerdings den deutschen Folgen widme, noch eine Bemerkung: Ich gehöre zu den Menschen, die „THE IT CROWD“ schon vorher im Original kannten – und ich habe selten so gelacht. Es ist britisch, zweifellos, aber genial geschrieben und mit Sachverstand umgesetzt. Auch weil einige Gags in meinen Augen sehr schwer umzusetzen waren, war ich neugierig auf die „German Version“.

Leider war schon mein erster Eindruck nicht der Beste. Zwar hat man die Episoden eingedeutscht, doch offenbar hat keiner der Darsteller die Originalfassung gesehen. Und der einzige, der in meinen Augen das ganze trotzdem hingekriegt hat, war Sky Du Mont. Er spielt Oswald Bornholm (im Original Denholm Reynholm), einen leicht durchgedrehten Firmenchef, der dazu imstande ist, eben mal eine ganze Abteilung zu entlassen, weil sie nicht als Team arbeitet. Die Figur ist im Original anders angelegt als Du Mont sie letztlich spielt, aber immerhin hat man bei ihm nicht permanent den Eindruck, man beobachte einen Schauspieler, der so tut, als sei er eine Figur. Das Problem hatte ich nämlich bei den beiden  Leuten von der IT-Abteilung Gabriel (Original: Maurice Moss) und Tom (Original: Roy). In der englischen Fassung nimmt man den Darstellern Richard Ayoade und Chris O’Dowd ihr Spiel ab, man könnte glauben, da sitzen wirklich zwei „Nerds“ in ihrem Büro. Bei ihren deutschen Kollegen Stefan Puntigamer und Sebastian Münster war die Darstellung so übertrieben gekünstelt, dass es störte. Wie ich sagte, ich war nicht überzeugt und hatte die ganze Zeit den Eindruck, ich sah zwei Schauspielern zu, die so tun, als wären sie „Nerds“. Britta Horn als Sandy (Original: Jen Barber) war irgendwo zwischen den beiden und Sky Du Mont von ihrer Leistung her.  In der zweiten Folge war eine ganz leichte aber nicht ausreichende Besserung zu erkennen und Du Mont endgültig in seiner Interpretation der Rolle angekommen. Das rettete die Serie aber trotzdem nicht.

Was dann noch hinzu kam, war die teilweise katastrophale Übertragung der Original-Drehbücher. Entsprechende Schelte erhielt die Serie dann auch im SAT1-Forum. Schon der Titel der Folge 1, „Brötchen vom Vortag“, ein Versuch, die vermeintliche Übersetzung des englischen „Yesterday’s Jam“ mit „Marmelade von Gestern“ in eine Form zu bringen, die für Deutsche nicht fremdartig klingt, brachte den Autoren große Häme ein: mit „jam“ sei mitnichten „Marmelade“ gemeint, sondern der „Papierstau“ (was auch insofern logischer klingt, als Roy den Begriff „yesterday’s jam“ im Zusammenhang mit der Reparatur eines Druckers verwendet). Schon der erste Gag geht dann gepflegt in die Hose, der darauf aufbaut, dass man zuerst ein an der Wand hängendes Bild des Chefs sieht, der vor sich hinstarrt, die Kamera zurückfährt, bis man den Chef selbst sieht, der genauso dasitzt wie auf dem Bild und vor sich hinstarrt (bzw. auf sein Gegenüber). Beim „iTeam“ wurde hier schlicht der falsche Kamerawinkel verwendet.

Dass man in der Firma laut ihrem Chef im Original „nicht viel arbeitet hauptsächlich Affairen“ hat, wurde aus der deutschen Version genauso gestrichen wie die Lieferung der zwei Harry-Potter-Bücher. Moss erhält diese, es handelt sich um die „normale“ Version des neuesten „Harry Potter“ und die „Kinderversion“ und er will beide miteinander vergleichen und die Stellen anstreichen, die geändert wurden. Sein deutsches Pendant Gabriel vergleicht stattdessen das aktuelle Telefonbuch mit dem Telefonbuch vom Vorjahr. Ein Computerfreak liest… ein Telefonbuch? Im Internet-Zeitalter? Da kann man nur einen Ausruf von Roy am Telefon wiedergeben: „I’m sorry – ARE YOU FROM THE PAST?“ Und bevor jemand in den Kommentaren motzt: „Mach’s doch besser!“, hier mein Vorschlag: Gabriel bekommt die neueste Version von „Herr der Ringe“ mit der neuen deutschen Übersetzung, die er mit der alten, klassischen vergleicht. Auch weitere, etliche gute Witze, die man gut hätte ins Deutsche übernehmen können, wurden einfach und scheinbar grundlos ausgelassen.

Das war auch der Grund, warum ich umso mehr auf Folge 2 gespannt war, denn dort gab es zwei für das Funktionieren der Episode wichtige Gags: „Made in Britain“ und „neue Notrufnummer“. Zuerst zur neuen Notrufnummer. Die Episode beginnt mit einem Fernsehspot, in dem eine alte Dame die Treppe herunterfällt, sich verletzt und den Notruf wählt. Eine Stimme verkündet, dass die alte Notrufnummer (in England 999) nicht mehr aktuell sei, man habe alles verbessert, bessere Rettungsfahrzeuge, schönere Fahrer und eine neue, ganz einfache Nummer: 0118 999 881 999 119 725…3. Der Hintergrund dieses Witzes ist ein Problem, das es in England gibt: Viele Leute verwechseln die englische Notrufnummer 999 mit der amerikanischen (911), da auch im englischen Fernsehen viele amerikanische Serien laufen. Es gab sogar die Überlegung, „911“ als zusätzliche Nummer einzuführen. Gleichzeitig verlangt aber die Europäische Union die Einrichtung der so genannten „Europäischen Notrufnummer 112“. Dass also in England womöglich bald drei Nummern – 999, 911 und 112 – zum Notruf führen, wird damit parodiert. In Deutschland existiert das Problem natürlich nicht, denn zum einen klingen trotz vieler amerikanischer Serien 112 und 911 nicht so ähnlich wie 999 und 911 und 112 gibt es bei uns bereits als Notrufnummer. Gelöst wurde das Problem… gar nicht. „Vergessen Sie 112“, heißt es in der deutschen Version sogar, der Gag mit den „schöneren Fahrern“ wurde gleich ganz weggelassen, und ansonsten auch die „neue Nummer“ präsentiert.

„Made in Britain“ kommt an zwei wesentlichen Stellen vor als Erklärung, warum etwas nicht richtig funktioniert. Als der Lötkolben im IT-Büro in Flammen aufgeht und Moss ihn löschen will, fängt der Löscher selbst zu brennen an. Als Moss nachsieht, findet er das Etikett „Made in Britain“ auf dem Löscher. Und als am Ende die Stress-Maschine, mit der Reynholm Jen testet, nicht funktioniert, ist ein solches Etikett auch da die Erklärung. Gelöst wurde das Problem… gar nicht. Es wurde einfach weggelassen, sowohl beim Feuerlöscher als auch bei der Maschine. Gut, mit „Made in Germany“ hätte das nicht funktioniert, weil es nicht witzig gewesen wäre (anders als „Made in Britain“, das offenbar wirklich kein Gütesiegel ist), aber man hätte bestimmt ein Land aus Fernost nehmen können, wo es gepasst hätte.

Auch in der zweiten Episode wurde übrigens ein „Chef-Gag“ völlig versemmelt: War es in der ersten Folge noch die falsche Perspektive, so war es hier „zuviel des Guten“. Im Original ruft Reynholm eine Versammlung ein, weil er dem Stress den Krieg erklärt hat. Man sieht zunächst nur sein Gesicht, und als er plötzlich in der Totalen zu sehen ist, erkennt man, dass er einen engen Radlerdress trägt (er lässt sich dann darüber aus, dass er den Stress bekämpft, indem er jeden Tag mit dem Rad ins Büro fährt). Im Deutschen trägt Sky Du Mont auch noch einen Radhelm, damit ist die Pointe bei der Nahaufnahme bereits im Eimer. Und auch sonst sind ohne Not wieder einige sehr gute Gags einfach fallengelassen worden. Zwei Beispiele: Als es im Büro brennt, erinnert sich Moss aus lauter Panik nicht mehr an die Notrufnummer (0118 999 881 999 119 725…3) und schreibt eine eMail. In der deutschen Version wird der Witz mit der eMail gekürzt (Moss schreibt zuerst sehr formell: „Sehr geehrte Damen und Herren, ich schreibe Ihnen hiermit, um sie zu informieren, dass ein Feuer ausgebrochen ist…“, dann löscht er es wieder und schreibt: „Sehr geehrte Damen und Herren, Feuer – Ausrufezeichen! Feuer – Ausrufezeichen!“ Und als Roy/Tom am Ende der Episode eine große Wunde im Oberschenkel hat, die ihm der Absatz von Jens/Sandys Schuh beigebracht hat und es im Büro immer noch brennt, sagt Roy, bevor er umkippt: „Ich weiß nicht, ob es an dem Blutverlust liegt oder an den Giftstoffen durch das geschmolzene Plastik, aber ich fühle mich irgendwie komisch.“ Tom kippt wortlos um.

Über die Übersetzung des Titels „Stressige Zeiten“ lässt sich eigentlich nichts sagen, da sich das Original „Calamity Jen“ auf die Westernlegende „Calamity Jane“ bezieht, die zwar hierzulande auch in einem Lucky-Luke-Abenteuer auftaucht, aber ansonsten, fürchte ich, nicht sonderlich bekannt ist.

Resümierend kann man sagen, eigentlich ist es kein Wunder, dass die Serie keine gute Quote brachte. Auch wenn man das Original nicht kennt, kann die Kopie doch nicht überzeugen. Und wenn man das Original kennt, kann die Kopie gleich zweimal nicht überzeugen.

Ach, da fällt mir noch eine alternative Variante für eine deutsche Übertragung des „Harry-Potter-Buchvergleich“-Witz: Gabriel bekommt zwei DVDs geliefert, eine mit der Gesamtedition der ersten Staffel von „THE IT CROWD“, die andere mit der ersten Staffel von „Das iTeam – Die Jungs an der Maus“. Und dann Gabriels Kommentar: „Ich werde mir beide DVDs anschauen und dann in einem Blog darüber schreiben, welche Gags sie im Deutschen verändert oder ausgelassen haben!“

Postscriptum: Graham Lineham, der das Konzept des Originals erarbeitet hat, gibt hier ein kurzes Statement zum iTeam und reflektiert hier im Zusammenhang mit der Meldung, dass es vermutlich keine US-Variante geben wird darüber, was man in der englischen Serie hätte besser machen können.

Nachtrag: Es hat sich tatsächlich jemand die Mühe gemacht, ein Vergleichsvideo zwischen „IT CROWD“ und „iTeam“ zu produzieren und bei YouTube einzustellen: siehe hier! Dabei musste ich feststellen, dass ich leider einen Fehler in den Artikel eingebaut habe, weil ich prompt englische und deutsche Variante durcheinander geworfen habe. Bei dem Gag mit den Harry-Potter-Büchern will Moss im Original nicht die Unterschiede anstreichen, sondern er will kontrollieren, ob es keinen Unterschied im Text zwischen den beiden Versionen gibt.

Unwort des Jahres: „Herdprämie“

Zum Unwort des Jahres 2007 ist der Begiff „Herdprämie“gewählt worden. Das Wort diffamiert Eltern, insbesondere Frauen, die ihre Kinder zu Hause erziehen, anstatt einen Krippenplatz in Anspruch zu nehmen. Inzwischen gibt es ein ganzes Wortfeld, das die Diffamierungabsicht ebenfalls deutlich werden lässt. Dazu gehören unter anderem die Varianten „Aufzuchtprämie“, „Gluckengehalt“ und „Schnapsgeld“.

Auf Platz 2 setzte die Jury das Wort „klimaneutral“. Kritisiert wird der Versuch, mit diesem Begriff für eine Ausweitung des Flugverkehrs oder eine Steigerung anderer CO2-haltiger Techniken zu werben, ohne dass dabei deutlich wird, wie diese Klimabelastungen „neutralisiert“ werden sollen.

Platz 3 nimmt nach der Entscheidung der Jury die Formulierung von Kardinal Meisner (Köln) ein, wonach Kunst und Kultur „entartet“, wenn sie ihre religiöse Bindung verliert. „Entartete Kunst“ war ein NS-Schlüsselbegriff, mit dem missliebige Künstler und ihre Werke diffamiert und „beseitigt“ wurden.

Die Wahl eines „Unworts des Jahres“ erfolgte zum 17. Mal. Gegründet wurde diese sprachkritische Aktion 1991. Diesmal hatten sich 1.760 Einsenderinnen und Einsender aus dem In- und Ausland mit 969 verschiedenen Vorschlägen beteiligt. Dankenswerterweise konnten auch Ergebnisse separater Unwort-Sammlungen, u.a. seitens der „Main Post“ (Würzburg) und der „Ernst-Göbel-Schule“ in Höchst (Odenwald), einbezogen werden.

So vermeldet heute die Sprachaktion „Unwort des Jahres„. Und was soll ich sagen – ich war einer jener 1.760 Einsender eines Vorschlags. Nachdem ich mich in diesem Blog schon hier den Begriff „kreative Kündigungsgrund-Gestaltung“ zu meinem persönlichen Unwort erklärt hatte, kam ich auf den Gedanken, es angesichts immer mehr Seminaren, in denen Personalchefs diese „kreative Gestaltung“ von Kündigungsgründen lernen können, doch mal der offiziellen Jury vorzuschlagen. Ich erhielt sogar Antwort von Professor Dr. Schlosser, der sich nach der Quelle erkundigte und gerne mit seinen Mit-Juroren darüber beraten hätte. Leider ließ sich in aktuellen Prospekten das Wort in der Form nicht mehr ausmachen, sondern nur noch ausformuliert als „kreative Gestaltung von Kündigungsgründen“. Da das so nicht als Begriff zählt, konnte es trotz seiner Qualitäten als „Unwort-Formulierung“ leider nicht berücksichtigt werden.

Aber es war nett zu sehen, dass man mit einem ernsthaften Vorschlag und einer schlüssigen Begründung durchaus die Aufmerksamkeit der Jury erregen konnte. Ganz im Gegenteil übrigens zu der Aktion, das Wort „Kopftuchverbot“ dadurch zum „Unwort des Jahres“ erklären zu lassen, indem man eine Aufforderung verbreitete, möglichst viele Menschen sollen es der Jury vorschlagen. Denn das Unwort wird ja nicht nach der Menge der Einsendungen ausgewählt, sondern nach sprachlichen Besonderheiten bewertet. „Kopftuchverbot“ sei zwar, so schreibt Prof. Dr. Schlosser, ein Unding, aber kein Unwort. Bei der Aktion geht es schließlich um Begriffe, die sprachliche Herabwürdigungen beinhalten oder einen drastischen Vorgang in harmlose Worte kleiden, um ihn zu beschönigen. „Kopftuchverbot“ ist genau das, was der Begriff aussagt: das Verbot, Kopftücher zu tragen. „Kreative Kündigungsgrund-Gestaltung“ beispielsweise redet die Tatsache schön, dass es hier darum geht, unliebsame Arbeitnehmer loszuwerden, indem man einen Grund für deren Kündigung schafft. „Sozialverträgliches Frühableben“, das Unwort von 1998, versucht blumig zu vermitteln, dass es für die Sozialkassen besser ist, wenn ein Mensch früher stirbt, weil er zwar in die Kassen eingezahlt hat, aber kaum etwas oder gar nicht herauskriegt. „Humankapital“ von 2004 reduziert Menschen nur noch auf ihre Arbeitskraft, alles andere zählt nicht.

Darum geht es beim „Unwort des Jahres“. Also, wem schon mal so ein Unwort über den Weg gelaufen ist, der kann es auf der Webseite der Aktion vorschlagen. Am besten ist es, das weiß ich jetzt auch, wenn man gleich die Quelle festhält. Vor allem, wenn es so ein Vorschlag ist, wie meiner. Aber es zeigt deutlich, dass es egal ist, ob nun Hunderte ein Wort vorschlagen oder nur ein Einzelner – wenn es die Qualität zum Unwort hat, wird es auch berücksichtigt.

Schöne Worte umschreiben eben nicht immer eine schöne Sache.

Die Aktion: www.unwortdesjahres.org

Nachtrag: Im Bericht der Tagesschau über das Unwort (siehe hier) wird erwähnt, dass die Mehrzahl der Besucher der Webseite tagesschau.de für „Vorratsdatenspeicherung“ gestimmt hatte, aber auch hier wird ein wichtiges Kriterium zum „Unwort“ nicht erreicht: der Begriff verschleiert nichts. „Vorratsdatenspeicherung“ ist genau das, was das Wort aussagt: die Speicherung von Daten auf Vorrat. Oder um Professor Schlossers Worte auszuleihen: „Vorratsdatenspeicherung“ mag ein Unding sein, ein Unwort ist es jedoch nicht.

[Dieser Beitrag enthält Teile der offiziellen Medienmitteilung der Aktion „Unwort des Jahres 2007“, verfasst von Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser, Sprecher der Jury]